Bochums Held
Kann Rangnick bei EM wirklich auf Stöger verzichten?
Heroischer Kevin Stöger! Der 30-jährige Österreicher bewahrte Bochum in der Relegation im Alleingang vor dem Abstieg. Im ÖFB-EM-Kader fehlt er (noch).
Bochum schaffte am Montag ein kleines Fußball-Wunder. 0:3 im Relegations-Hinspiel – dann geigte ÖFB-Legionär Kevin Stöger im Rückspiel in Düsseldorf groß auf, rettete den VfL in die Verlängerung. Im Elfer-Krimi hatte der Bundesligist den längeren Atem, hielt gegen die Fortuna die Klasse.
Stöger leitete bei der Aufholjagd erst zwei Tore ein, erzielte das erlösende 3:0 selbst. Auch im Elfmeterschießen blieb der Steyrer cool. Bochum gewann den Elfer-Krimi mit 6:5. Dann brachen alle Dämme. VfL-Held Stöger wurde buchstäblich auf Händen getragen.
Das ist der ÖFB-Kader für die EURO 2024 in Deutschland
Es war das Highlight seiner Saison, aber bei Weitem nicht das einzige Glanzlicht. Stöger stach als einer der kreativsten Spielmacher der deutschen Bundesliga über die gesamte Spielzeit hinweg heraus. Im ÖFB-Großkader von Teamchef Ralf Rangnick fehlt er aber. Noch. Spätestens nach der Gala in Düsseldorf werden die Rufe nach einer Einberufung immer lauter.
Stögers Spiel in Zahlen
Ein Blick in die Statistik bescheinigt dem ÖFB-Legionär herausragende Spielmacher-Fähigkeiten, die auch Österreich im Juni gegen Frankreich (17. Juni), Polen (21.) und Niederlande (25.) gut brauchen könnte.
Herausgespielte Chancen
1. Kevin Stöger (Bochum) 127
2. Franck Honorat (Gladbach) 89
3. Julian Brandt (Dortmund) 80
4. Jonas Hofmann (Leverkusen) 79
5. Xavi Simons (Leipzig) 79
Zum Vergleich: Leverkusens "Zehner" Florian Wirtz, der mittlerweile von Europas Fußball-Giganten gejagt wird, kam auf 74 herausgespielte Chancen. Im Schnitt schaffte Stöger 4,3 pro Spiel, DFB-Star Wirtz 2,8.
Großchancen kreiert
1. Franck Honorat (Gladbach) 19
2. Alejandro Grimaldo (Leverkusen) 18
- Julian Brandt (Dortmund) 18
4. Kevin Stöger (Bochum) 17
- Thomas Müller (Bayern) 17
Die Verletztenliste des ÖFB-Teams vor der EURO
Expected Assists (xA)
1. Alejandro Grimaldo (Leverkusen) 11,1
2. David Raum (Leipzig) 10,7
3. Kevin Stöger (Bochum) 9,8
Diese Statistik beschreibt die zu erwarteten Assists. Also die Qualität der herausgespielten Chancen, wie wahrscheinlich diese zu einem Torerfolg führen.
Stöger sammelte stolze sieben Tore und neun Assists. In der Relegation legte er mit einem Assist und einem Treffer nach. Zum Vergleich: Grimaldo brachte es beim dominanten Meister Leverkusen auf 10 Tore und 14 Assists. Heißt auch: Im stärkeren Kollektiv wären für Stöger mit seinen herausgearbeiteten Chancen wie bei Grimaldo noch mehr möglich gewesen. Wirtz sammelte mit elf Assists mehr als der Österreicher, profitierte dabei von der Abschlussstärke seiner Stürmer Victor Boniface und Patrik Schick.
Die Zukunft auf Klubebene ist ungeklärt. Stögers Vertrag läuft mit Saisonende aus. Mit seiner Leistung im finalen Spiel machte er ein weiteres Mal Werbung in eigener Sache. Mit dem Klassenerhalt erscheint eine Verlängerung in Bochum – als Retter wohl zu deutlich höheren Bezügen – wahrscheinlich. Andere Interessenten wie Gladbach sollen längst im Rennen um seine Dienste sein.
Stellt sich die Frage: Wann springt Rangnick auf den Stöger-Zug auf?
Mit Rapids Matthias Seidl, Wolfsbergs Thierno Ballo, Kölns Florian Kainz und Werders Romano Schmid hat sich der 65-Jährige im Großkader für vergleichbare Spielertypen entschieden. Nur Leipzigs Christoph Baumgartner ist für die EURO gesetzt. Die anderen müssen womöglich nicht nur vor dem Cut auf den 26-Mann-Kader, sondern auch vor einer Stöger-Nachnominierung zittern.
Seidl ist Rapids großer Aufsteiger der Saison, zeigte vor allem im Herbst nach dem Wechsel von Blau-Weiß nach Hütteldorf im offensiven Mittelfeld auf. Im Frühjahr hatte er, wie große Teile seines Teams, mit Leistungsschwankungen zu kämpfen. Ballo spielte sich zuletzt als Stürmer beim WAC durch eine starke Spätform in die Auslage. Der Ex-Chelsea-Legionär besticht durch sein Tempo und seine Vielseitigkeit im Angriff. Wie Seidl mangelt es aber auch dem zweiten Kreativgeist aus der heimischen Liga an internationaler Erfahrung. Plus: Defensiv haben beide Mängel.
Stöger glänzte am Montagabend nicht nur Offensiv als Relegations-Held. Von Krämpfen geplagt half der Oberösterreicher auch defensiv bis tief in die Verlängerung aus, rettete im eigenen Sechzehner. Als Elferschütze blieb er sowohl in der regulären Spielzeit als auch im Elfmeterschießen eiskalt. Qualitäten, auf die man bei einem Turnier kaum verzichten kann.