Klimaschutz
Darum kann Atomkraft das Klima nicht retten
Ab Sonntag diskutieren einige der mächtigsten Menschen der Welt über die Lösung der globalen Klimakrise. Kann Atomkraft Teil davon sein?
Noch vor jeder Weltklimakonferenz wird darüber diskutiert, ob Atomkraft einen Anteil an der Lösung der globalen Klimakrise haben soll. Die Atomlobby betont, Nuklearenergie sei "leistbar, stabil und unabhängig". Sie erzeuge kaum CO2, weshalb das ambitionierte Ziel der EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken, ohne sie nicht erreichbar sei. Anders als etwa Erdgas werde Atomstrom innerhalb der EU produziert und schütze vor Preisschwankungen.
Lesen Sie auch Hohe Erwartungen an Weltklimakonferenz in Glasgow >>>
Selbst im aktuellen IPCC-Bericht (Intergovernmental Panel on Climate Change = Weltklimarat) wird Kernenergie als Möglichkeit erwähnt, zumindest einen kleinen Teil des Energiebedarfs emissionsfrei zu decken. Auch Bill Gates wirbt für den Ausbau der Kernkraft, Gas sei schließlich noch schlimmer.
In Europa planen Großbritannien und Frankreich neue Atomreaktoren. Klimaneutraler Strom, gesicherte Energieversorgung, Tausende neue Arbeitsplätze: Mit Versprechen wie diesen hat die britische Regierung erst kürzlich den Ausbau der Atomkraft in Großbritannien, dem Gastgeberland der Weltklimakonferenz (COP26)in Glasgow, angekündigt. Laut Medienberichten will Premier Boris Johnson bis 2024 die Finanzierung mindestens eines neuen Kernkraftwerks im Zuge seiner "grünen industriellen Revolution" sicherstellen.
Strahlende Energiewende?
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält an Atomkraft fest. Zwar will Frankreich seinen Anteil des Atomstroms im Energiemix bis 2035 von derzeit 70 auf 50 Prozent senken, gleichzeitig will Macron aber sogenannte Mini-Atomreaktoren bauen lassen – die sich allerdings erst im Entwicklungsstadium befinden.
Neben Frankreich und Großbritannien gehören auch Tschechien, Ungarn, die Slowakei, Finnland, Slowenien, Kroatien, Polen, Bulgarien und Rumänien zu den Befürwortern von Atomkraft.
Gegenüber der EU-Kommission pochen die Verfechter der Atomkraft darauf, dass diese als nachhaltige Energieform definiert und entsprechend gefördert werden kann. Es handle sich um eine unverzichtbare "Übergangstechnologie" und müsse in die grünen Investitionsregeln der EU-Taxonomie aufgenommen werden, heißt es. Polen argumentiert, dass es ohne den Bau von AKW den Ausstieg aus der Kohlekraft nicht schaffen könne. Und dafür brauche es Mittel aus EU-Töpfen.
Lesen Sie auch UN-Klimakonferenz – Die Weltretter-Uhr tickt laut >>>
Irrweg Atomkraft: Sicher ist nur das Risiko
Länder wie Spanien, Luxemburg, Dänemark, Österreich und Deutschland lehnen Atomkraft generell ab oder haben nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima (2011) die stufenweise Abschaltung aller AKW beschlossen.
Eine "Hochrisikotechnologie" wie die Atomenergie dürfe nicht mit Wind- und Solarstrom gleichgestellt werden. "Atomkraft ist weder klimafreundlich noch wirtschaftlich", sagt Jasmin Duregger, Energieexpertin von Greenpeace. "Eine Kilowattstunde Atomstrom verursacht mehr CO2-Emissionen als Strom aus erneuerbaren Energieträgern!"
„"Atomenergie ist ein Irrweg und sicher keine Lösung für die Klimakrise", sagt Greenpeace-Expertin Jasmin Duregger.“
Atomenergie "garantiert unsicher"
Die Baukosten von AKW sind immens und können nur aufgrund "wettbewerbsverzerrender Finanzierung" bestritten werden. Beim Bau benötige man Unmengen an Zement, auch der Abbau und Transport von spaltbarem Material sei alles andere als CO2-frei. "Die Klimafreundlichkeit der Atomkraft ist ein Mythos", betont die Greenpeace-Expertin.
Atomenergie sei "garantiert unsicher". Ungelöst das Problem mit dem Atommüll. Greenpeace-Expertin Duregger: "Die Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima haben bewiesen, dass Atomkraft technisch nicht beherrschbar ist. Noch viele Generationen werden unter dem strahlenden Erbe zu leiden haben!" Daher Atomkraftwerke abschalten, statt neue zu bauen.