Fussball

Kalajdzic: "Freundin musste mein Fleisch schneiden"

ÖFB-Stürmer Sasa Kalajdzic ist auf dem Weg zurück. Im "Heute"-Interview spricht er über die WM in Katar, seine Schulter, Gänsehaut und die Formel 1.

Erich Elsigan
Teilen
Sasa Kalajdzic feilt am Comeback.
Sasa Kalajdzic feilt am Comeback.
Imago

"Heute": Herr Kalajdzic, was machen Sie heute in einem Jahr?

Sasa Kalajdzic: "Ich hoffe Fußballspielen, wenn ich gesund bin."

Das würde wohl bedeuten, Österreich qualifiziert sich für die WM. Im Playoff warten Wales und Schottland oder die Ukraine. Das klingt machbar.

"Ja, aber alle drei waren bei der EM dabei, es sind also richtig starke Gegner. Wenn man sich die andere Gruppe mit Italien und Portugal ansieht, würde ich natürlich schon unsere nehmen."

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Katar denken?

"Dass es die erste Winter-WM ist. Das ist für jeden auf der Welt neu. Ich bin schon gespannt, werde jedenfalls alles dafür tun, damit wir es dorthin schaffen."

1/14
Gehe zur Galerie
    Eine unglaublich starke Leistung gegen Italien reichte knapp nicht für den Aufstieg ins Viertelfinale. Wir haben die ÖFB-Stars in der Einzelkritik
    Eine unglaublich starke Leistung gegen Italien reichte knapp nicht für den Aufstieg ins Viertelfinale. Wir haben die ÖFB-Stars in der Einzelkritik
    picutredesk

    Heute wird die Nations League ausgelost. Kaliber wie Deutschland, England, Spanien, Italien oder Portugal winken, eine Hammer-Gruppe ist garantiert. Wunschgegner?

    "Ich freue mich auf jeden, denn das sind die Besten der Besten. Da kannst du sehen, wo du als Nation stehst. Es ist eine super Chance, die sich die Jungs erarbeitet haben. Wir haben viele Spieler, die auf diesem Niveau spielen, aber mit dem Nationalteam ist es nochmal was anderes. Ich darf jetzt auch Teil davon sein. Wir haben bewiesen, dass wir gegen jeden eine Chance haben. Schön wären Länder, wo Kollegen spielen. Kroatien oder Deutschland wären cool."

    Eines Ihrer Saison-Highlights war vermutlich die EM und ganz besonders das Tor gegen Italien. Wenn Sie zurückdenken, welche Emotionen kommen da hoch?

    "Ich blicke schon positiv aufs Turnier zurück. Es war meine erste Europameisterschaft. Es war ein extremes Highlight, da dabei zu sein, ich habe ja noch nicht so viele Länderspiele am Buckel. Natürlich hätte ich gerne mehr Einsatzzeit gehabt, aber ich habe es mir im ersten Spiel nicht einfach gemacht. Es war nicht das, was ich erwartet hatte. Deshalb hat es mich gefreut, dass ich gegen Italien die Österreicher kurz hoffen lassen konnte. Auch wenn wir es am Schluss nicht geschafft haben, uns zumindest das Elferschießen verdient gehabt hätten. Ich bekomme immer Gänsehaut, wenn ich daran denke, in anderen Ländern in riesigen Stadien gespielt zu haben."

    Wie oft haben Sie ihr Kopfball-Tor zum 1:2 seitdem angesehen?

    "Oft. Und ich denke immer noch: Wie ist es möglich, dass der reingeht? Wenn du es 5.000 Mal probierst, geht er wahrscheinlich kein einziges Mal rein."

    1/10
    Gehe zur Galerie
      Österreich gegen Italien: Die besten Bilder zum Durchklicken
      Österreich gegen Italien: Die besten Bilder zum Durchklicken
      picturedesk

      Seit August sind Sie verletzt, wurden an der Schulter operiert. Wann steigt das Comeback?

      "Heuer geht sich das Comeback nicht mehr aus, das ist schon abgesprochen mit den Ärzten. Es wäre zu früh. Mit Ach und Krach würde es sicher funktionieren, aber es wäre nicht sinnvoll. Es wäre ein Spiel, in dem ich ein gewisses Risiko eingehen würde, weil ich eben noch nicht bei 100 Prozent bin. Ich habe auch noch kein volles Mannschaftstraining mitgemacht. Ich werde noch ein bisschen geschont, vor allem bei Zweikämpfen. Bald sind es vier Monate seit der Operation. Das ist die Grenze, die ich erreichen möchte, dann sollte alles passen. Die Vorbereitung auf die Rückrunde ist eigentlich der perfekte Termin."

      Ist es für einen Fußballer "angenehmer", dass die Schulter und nicht das Knie kaputt ist? Sie kennen ja beides.

      "Das kann ich vielleicht in einem Jahr sagen. Beim Knie hat es auch gedauert, bis ich wieder gesund war und ich mir das Vertrauen erarbeitet habe. Bei der Schulter ist es auch so. Sicher, man läuft nicht mit der Schulter, führt aber Zweikämpfe gegen bullige Verteidiger. Da braucht man die Kraft in der Schulter. Wenn das nicht funktioniert, spielt man nicht mit 100 Prozent."

      Hat die kaputte Schulter im Alltag Probleme bereitet?

      "Die ersten vier Wochen waren sehr hart, weil ich eine Schiene tragen musste. Ich konnte mein Fleisch sechs Wochen lang nicht schneiden, weil ich keinen Druck ausüben durfte und konnte. Das Schneiden hat deshalb meine Freundin übernommen, manchmal die Familie, wenn sie zu Besuch war. Das war nicht so schön, von anderen abhängig zu sein. Andererseits bin ich natürlich froh, dass ich Leute um mich herum hatte, die mir geholfen haben. Man ist halt komplett eingeschränkt. Schlafen war auch schwierig am Anfang."

      Veli Kavlak hat sich zum Beispiel nie wieder richtig von einer Schulterverletzung erholt. Geistern so Worst-Case-Szenarien durch den Kopf, oder gilt das Motto "Comeback Stronger"?

      "Ich schau mir schon alle Szenarien an, bin ein Mensch, der gerne von allen Perspektiven etwas blickt. Ich gehe nicht vom Schlimmsten aus. Ich habe ja schon bei anderen Verletzungen gezeigt, dass ich es schaffen kann."

      1/44
      Gehe zur Galerie
        Die legendärsten ÖFB-Legionäre 
        Die legendärsten ÖFB-Legionäre
        gepa-pictures.com, Imago Images

        Stuttgart droht im Frühjahr der Abstiegskampf? Den kennen Sie von der Admira.

        "Wenn wir abgeschlagen Letzter wären, ist es was anderes. Aber wenn wir zwei, drei Spiele hintereinander gewinnen, einen Lauf haben, dann schnuppert man schon wieder an der oberen Tabellenhälfte. Ich mache mir keine Sorgen, es ist alles sehr eng beisammen. Wir haben uns das Leben oft selbst schwer gemacht. Das liegt sicher auch daran, dass wir viele Verletzte und Junge haben. Es wird jetzt immer besser, das Bayern-Spiel ausgeklammert. Das ist eine der besten Mannschaften der Welt, das ist nicht unsere Messlatte. Aber da sieht man, wo man steht. Eine Woche davor haben wir Wolfsburg 2:0 geschlagen. Es gehört zur Entwicklung dazu, mal die Grenzen aufgezeigt zu bekommen. Daraus muss man lernen."

        Sie sind ein gefragter Mann. Im Sommer sollen Klubs wie Leipzig, der AC Milan oder Tottenham angeklopft haben. Wie fühlt es sich an, mit solchen Kalibern in Verbindung gebracht zu werden?

        "Es ist schön, wenn man das liest, aber es ist völlig irrelevant. Gerüchte sind Gerüchte, Geschichten werden gestreut. Manche sind wahr, manche nicht, oft weiß ich es selbst nicht."

        Weihnachten steht vor der Tür. Was wünschen Sie sich vom Christkind? Außer Gesundheit natürlich.

        "Liebe und das Gefühl, glücklich zu sein. Sicher bin ich Sportler, bin ehrgeizig, will viel erreichen. Aber das Wichtigste ist mir, dass meine Liebsten gesund sind."

        Und vielleicht wünschen Sie sich ja auch, endlich in einem ausverkauften Stuttgart-Stadion zu spielen?

        "Genau. Das habe ich in Stuttgart noch nie erleben dürfen. Das wäre sicher ein Ziel. Das war auch ein Ansporn in der Reha."

        Sie spielen und leben in Stuttgart, dem Zuhause von Mercedes. Schauen Sie Formel 1?

        "Nein, gar nicht. Ich habe nur mitbekommen, wer gewonnen hat und dass es eng war. Für jeden Liebhaber sicher ein Traum."