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Wiener Röster spricht: Wie (un)fair ist unser Kaffee?
Kritiker sehen in Fairtrade ein Modell, das Kaffeebauern am Existenzminimum hält. Ein Wiener Kaffeeröster berichtet, warum er auf den Direkthandel setzt.
Viele im Handel erhältliche Kaffeesorten hinterlassen bei genauerer Betrachtung der Herstellungsbedingungen einen bitteren Beigeschmack. Bis die gerösteten Bohnen beim Kunden ankommen, geht der Kaffee durch die Hände zahlreicher Profiteure – für Bauern und Kollektive in den Produktionsländern fällt letztlich kaum etwas ab, weiß Tobias Radinger, der in Wien eine Rösterei und das Lokal "Kaffeefabrik" betreibt.
Der Welthandel orientiert sich am Kaffeepreis an der New Yorker Börse. Der liegt derzeit unter einem Dollar pro Pfund – ein Betrag, der nicht einmal die Herstellungskosten decke, erklärt Radinger. Um nicht schutzlos den Schwankungen des Welthandels ausgeliefert zu sein, garantiert Fairtrade den Kaffeebauern einen Mindestpreis – der Kritikern zufolge aber immer noch zu niedrig für eine nachhaltige Besserung der bäuerlichen Lebensbedingungen ist – und setzt soziale Projekte in den Herstellerländern um.
Qualität im Direkthandel
Das Fairtrade-Zertifikat per se sagt aber nichts über die Qualität der Bohnen aus, weshalb Hersteller inzwischen besonders hochwertige Ernten oft direkt an Röster und Händler verkaufen und damit einen wesentlich höheren Preis erzielen, während die normale und geringere Qualität an Fairtrade geht. Der Trend zum Spezialitätenkaffee hat jedenfalls dazu geführt, dass auch viele Verarbeiter den direkten Kontakt zu den Kaffeekollektiven suchen. Dieser sogenannte "Direct Trade" ist im Gegensatz zu Fairtrade nicht streng reglementiert, den Begriff kann sich also jeder Anbieter auf die Fahnen schreiben und die "Fairness" gegenüber den Bauern kann je nach Organisation stark schwanken.
Radinger gehört dem Verein "Roasters United" an und erklärt im Video (s.o.), auf welche Weise er und seine Kollegen Kaffee verarbeiten, der mit gutem Gewissen genossen werden kann. (pic)