Welt
Jetzt trifft auch Schweizer der TV-Gebühren-Schlag
Schock für viele Schweizer: Serafe, die "Erhebungsstelle für die Radio- und Fernsehabgabe", verschickt jetzt jahrealte Forderungen.
Die Firma Serafe zieht im Auftrag des Bundes die Abgaben fürs SRF bei Privat- und Kollektivhaushalten in der Schweiz ein. Bei D.* meldeten sich die Gebühreneintreiber nun mit jahrealten Forderungen. Die Leserin erhielt eine Pfändungsandrohung für offene Rechnungen von 2019 und 2020. Sie soll rund 700 Euro nachzahlen. Vor drei Jahren bekam die Leserin zwei Mahnungen, die aber untergingen, wie sie sagt. Seither sei nichts mehr von Serafe gekommen. Sie ärgert sich: "Erst hört man lange nichts und denkt, alles ist in Ordnung, und dann bekommt man so einen Hammer aus dem Nichts. Selbst meine Tochter, die mittlerweile ausgezogen ist, bekam nun eine Androhung zur Betreibung. Ich finde das eine Frechheit."
Chaos bei Serafe?
Die Leserin wollte von Serafe wissen, warum sich die Firma erst so spät meldet. "Eine Mitarbeiterin sagte mir, dass es einen Mahnstopp wegen Corona gab, dann sei man nicht mehr hinterher gekommen und es gab ein Chaos", so die Leserin. Jetzt werde das nachgeholt und viele Leute sollen nun Mahnungen und Betreibungsandrohungen für offene Rechnungen von früher erhalten. Während der außerordentlichen Lage in der Coronazeit habe es auf Empfehlung des Bundes zum Schutz der Schuldner eine Unterbrechung des Mahnprozesses von März bis Mai 2020 gegeben, sagt Serafe-Sprecher Erich Heynen. Ein Durcheinander deswegen könne er nicht bestätigen. Zum konkreten Fall könne er sich ohne weitere Details nicht äußern.
Er bitte um Entschuldigung, wenn die Serafe nicht innerhalb nützlicher Frist geantwortet habe. Offene Rechnungen seien aber zu begleichen. "Zu Recht gestellte Rechnungen und daraus resultierende Mahnungen sind geschuldet", sagt Heynen. Alle Personen im Haushalt hafteten solidarisch für den in Rechnung gestellten Betrag. Aus diesem Grund würden diese auch einzeln über die Ausstände informiert, bevor eine Betreibung eingeleitet werden müsse.
„"Als frischgebackene Mutter ist es nicht einfach, sowas zu zahlen"“
Zahlreiche News-Scouts haben sich bei "20 Minuten" gemeldet. Sie haben jahrealte Rechnungen von Serafe erhalten, darunter auch viele Pfändungsandrohungen. "Die haben ein Riesenchaos und wir müssen dran glauben", beklagt sich Riccardo, der eine Rechnung von 800 Franken (830 Euro) erhalten hat. Leserin Karolina hat von Serafe eine Androhung bekommen aufgrund einer nicht bezahlten Rechnung. Die Rechnung hat sie aber bereits beglichen. Das zeigen Dokumente, welche "20 Minuten" vorliegen. Bei der Referenznummer passierte Karolina ein Tippfehler, auf welchen sie Serafe per Mail aufmerksam gemacht hat.
Eine Antwort hat sie nie erhalten, obwohl sie sogar ihre Kontoauszüge mitgeschickt hat. Bezahlt sie die ausstehende Rechnung nicht, wird sie gepfändet. Auch Taddeo berichtet, dass er mehrere Rechnungen doppelt erhalten habe, nachdem er die ursprünglichen Rechnungen bereits beglichen hat. Auch Leser F. (Name geändert) musste lange warten. Vor über drei Jahren reichte er aufgrund seiner schwierigen finanziellen Situation ein Gesuch für Ratenzahlung ein. Auf seinen eingeschriebenen Brief mit Zahlungsvorschlag hat er erst vor zwei Monaten Antwort bekommen, obwohl er die offenen Rechnungen in der Zwischenzeit beglichen hat.
Leser Tarcisio hat ebenfalls um eine Ratenzahlung gebeten. Seine Anfrage wurde aber nicht beantwortet. Er hatte im September eine Rechnung von 1.600 Franken (1.660 Euro) im Briefkasten, nachdem er vier Jahre nie eine Rechnung erhalten hat. Das berichten auch unzählige weitere News-Scouts. Jahrelang hätten sie keine einzige Rechnung erhalten, jetzt kommt die dicke Post: Kumulierte Rechnungen zwischen 380 und 1600 Franken. Für viele ist es nicht möglich, diese auf einen Schlag zu bezahlen, so auch für Marica: "Als frischgebackene Mutter ist es nicht einfach, sowas zu bezahlen." Sie habe immerhin eine Ratenzahlung vereinbaren können.
Kontaktaufnahme zu Serafe schwierig
Ob Anfragen für eine Ratenzahlung, eine Bestätigung für eine bereits bezahlte Rechnung oder eine Betreibungsandrohung ohne vorher verschickte Mahnung: Viele Personen aus der Community berichten, dass die Kontaktaufnahme mit Serafe sehr mühsam sei. Markus wohnt seit mehreren Jahren nicht mehr in der Schweiz. Seinen Wegzug hat er bei Serafe gemeldet, Rechnungen hat er weiterhin bekommen. Alle Anfragen blieben bis jetzt unbeantwortet.
Patrick kann die vielen erzürnten Kommentare der News-Scouts nicht nachvollziehen: "Wenn man alles schön fristgerecht bezahlt, hat man dieses Problem nicht und muss auch keinen Aufstand machen." So denkt auch Fredy: "Unbezahlte Rechnungen sind auch nach drei Jahren noch zu zahlen." Gottfried geht noch einen Schritt weiter: "Mahnungen kann man nicht einfach vergessen, die Corona-Pandemie als Sündenbock zu bringen, ist eine schlechte Ausrede."