Klimaschutz

Jeder Dritte wird bald in unmenschlicher Hitze leben

Der derzeitige Klimapfad wird die Welt bis 2100 um 2,7 Grad aufheizen. Ein Drittel der Menschheit wird in immer unwirtlicherer Hitze leben müssen.

Roman Palman
Hitzesommer nehmen durch die Erderwärmung zu. (Symbolbild)
Hitzesommer nehmen durch die Erderwärmung zu. (Symbolbild)
Getty Images

Seit den 1970ern weiß die Welt, dass es globale Gegenmaßnahmen braucht, um den sich schon damals abzeichnenden Klimawandel aufzuhalten. Dem Kyoto-Protokoll folgten die Pariser Klimaziele, doch die Begrenzung der Erderwärmung auf die angepeilten 1,5 Grad Celsius plus, geschweige denn das beschlossene Maximum von 2,0 Grad gegenüber vorindustriellen Werten, ist immer noch in weiter Ferne.

Der bedrückende Status quo: Beide Ziele werden klar verfehlt, die derzeitige Politik führt zu einem Plus von 2,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts.

Die erwarteten Folgen für uns Menschen werden massiv sein, wie nun auch ein internationales Forscherteam mit Austro-Beteiligung im Fachjournal "Nature Sustainability" unter dem Titel "Quantifizierung der menschlichen Kosten der globalen Erwärmung" berichtet. Aus Österreich wirkte Caroline Zimm vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien an der Studie unter der Leitung Tim Lentons von der University of Exeter mit.

Die Wissenschafter konzentrieren sich in ihrer Arbeit auf die sogenannte "menschliche Klima-Nische". Damit bezeichnet sie einen übers Jahr gemittelten Temperaturbereich von 11 bis 15 Grad, der aus historischer Sicht menschliches Leben, die Landwirtschaft und Nutztierhaltung begünstigte und deshalb in den letzten 6.000 Jahren mehrheitlich besiedelt wurde. Außerhalb dieser Zonen lebende Menschen sind vermehrt von Krankheiten und einer erhöhten Sterblichkeit betroffen.

Bald jeder dritte Mensch betroffen

Mit steigenden globalen Temperaturen schrumpfen auch diese Regionen angenehmen Lebensraums auf der gesamten Welt massiv zusammen. Schon mit dem 1,5-Grad-Ziel wären 14 Prozent der Erdbevölkerung von einer solchen Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen betroffen, bei den derzeit voraussichtlichen 2,7 Grad trifft es rund ein Drittel der 2100 erwarteten neun Milliarden Menschen.

Bereits 2020 warnte die University of Exeter vor der steigenden Hitze, die beträchtliche Teile des Planeten "nahezu unbewohnbar" machen wird.

Auswirkungen auf die "menschliche Klima-Nische" bei 1,5 Grad (unten) und 2,7 Grad globaler Erwärmung.
Auswirkungen auf die "menschliche Klima-Nische" bei 1,5 Grad (unten) und 2,7 Grad globaler Erwärmung.
Screenshot "Nature Sustainability"; Lenton, T.M. et. al.

Besonders schwer trifft es etwa das gesamte Amazonas-Becken, Nordafrika, Indien, aber auch Südostasien und den Norden Australiens. Aber auch in Europa, hier besonders am Mittelmeer, in Südspanien, Sizilien oder Griechenland wird es der Studie zufolge merkliche Auswirkungen geben. Ganze Länder werden also aus der Klima-Nische rutschen, wenn sich diese immer weiter nach Norden verschiebt.

VIDEO: So verschiebt sich die "Klima-Nische" bei +2,7 Grad bis 2070

Österreich heizt sich weiter auf

Auch in Österreich wird die Hitze zunehmen, das Klima hierzulande wird immer mediterraner. Die Alpenrepublik hat sich in seit der vorindustriellen Zeit bereits deutlich – im Mittel der letzten 30 Jahre schon plus 2 Grad – aufgeheizt.

Die Zahl der bisher 30 bis 35 Hitzetagen mit Temperaturen jenseits der 30 Grad in bislang extremen Sommern werden sich verdoppeln. Ende des Jahrhunderts sind dann schon 60 bis 80 Hitzetage möglich, warnte GSA-Klimaforscher Marc Olefs erst kürzlich. Schon jetzt sei die Hitze in manchen Jahren die tödlichste Naturgefahr in Europa, verursache dabei mehr Todesfälle als Verkehrsunfälle.

Bis zu einer Milliarde Klima-Flüchtlinge

Vor diesem Hintergrund sollte sich auch Industrieländer wie Österreich im Bereich CO2-Reduktion maßgeblich engagieren, denn selbst, wenn wir hier halbwegs gemütlich in unserer "Klima-Nische" weiterleben können, unzählige Menschen im globalen Süden können dies vielleicht bald nicht mehr. Die absehbare Folge: massive Migrationsbewegungen.

Bis zu eine Milliarde Klima-Flüchtlinge hält Olefs durchaus für "realistisch". "Und das ist ein mega Problem und mega Thema für all die reichen Nationen, die sich mit Geld und Anpassungsmaßnahmen schützen können."

Man kann aber (noch) etwas dagegen tun, betonen die Forscher: Bereits kleine Reduktionen der globalen Erwärmung würden nach ihrer Berechnung vielen Menschen – rund 350 Millionen pro 0,3 Grad an vermiedenem Temperaturanstieg – das Schicksal von zu unwirtlich werdenden Lebensbedingungen ersparen.

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