Niederösterreich

Jede 10. Gemeinde in NÖ will Tempo 30 im Ort

53 nö. Gemeinden und Städte fordern die Bundesregierung auf, die StVO so zu ändern, dass ohne Hürden Tempo 30 umgesetzt werden kann.

Erich Wessely
Über 50 Gemeinden in NÖ fordern Tempo 30 im Ort. (Symbolfoto)
Über 50 Gemeinden in NÖ fordern Tempo 30 im Ort. (Symbolfoto)
Getty Images/iStockphoto

Im Vorjahr passierten in Niederösterreich im Ortsgebiet im Schnitt jeden Tag neun schwere Verkehrsunfälle mit Personenschaden, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigt. Die aktuelle Straßenverkehrsordnung (StVO) behindere Gemeinden und Städte, "wenn sie im Sinne der Verkehrssicherheit und örtlichen Lebensqualität Tempo 30 umsetzen möchten. Die Mobilitätsorganisation VCÖ sowie 53 niederösterreichische Gemeinden und Städte fordern die Bundesregierung auf, die StVO so zu ändern, dass Gemeinden und Städte innerorts dort, wo sie es für wichtig halten, ohne Hürden Tempo 30 umsetzen können", heißt es seitens des Verkehrsclubs Österreichs (VCÖ).

Mehr als die Hälfte aller Unfälle im Ortsgebiet

3.842 Verletzte und 19 Todesopfer, das ist die traurige Bilanz der Verkehrsunfälle im Ortsgebiet in Niederösterreich im Vorjahr. Insgesamt passierten in Niederösterreich im Vorjahr 52 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden im Ortsgebiet, macht der VCÖ aufmerksam.

"Antrag oft abgewiesen"

Tempo 30 statt 50 im Ortsgebiet sei eine der wirksamsten Maßnahmen, um die Zahl der Unfälle und der Unfallopfer zu reduzieren und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Aber die StVO erschwere es den Gemeinden und Städten, niedrigeres Tempo zu verordnen, etwa auf Durchzugsstraßen. "Von vielen Gemeinden haben wir in den vergangenen Wochen gehört: Tempo 30 auf einzelnen Straßen und Abschnitten umzusetzen, ist oft ein aufwändiger und kostspieliger Prozess mit vielen Hürden. Selbst wenn eine Straße an einer Volksschule, einem Kindergarten oder einem Seniorenheim liegt, wird der Antrag von der Behörde unter Berufung auf die Straßenverkehrsordnung oft abgewiesen", erklärt VCÖ-Expertin Lina Mosshammer.

NÖ mit 53 Gemeinden dabei

Deshalb fordert der VCÖ gemeinsam mit mittlerweile österreichweit bereits 237 Gemeinden und Städten "die Bundesregierung und den Nationalrat auf, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen in der StVO dahingehend anzupassen, dass Städte und Gemeinden ohne Einschränkungen und Hindernisse Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort umsetzen können, wo sie es mit Hinblick auf die notwendige Verkehrswende für sinnvoll erachten." Mit 53 Gemeinden und Städten, die die Initiative des VCÖ für mehr Tempo 30 unterstützen, ist Niederösterreich Spitzenreiter.

Der VCÖ hat gemeinsam mit dem Österreichischen Städtebund sowie Bürgermeistern die Resolution an Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) überreicht. "Es ist wichtig, dass die Regierung die Verbesserung in der StVO im Interesse der Bevölkerung in den Gemeinden und Städten rasch umsetzt", stellte VCÖ-Expertin Lina Mosshammer bei der Übergabe fest.

"Geringeres Tempo bedeutet mehr Sicherheit und mehr Lebensqualität für die Menschen vor Ort. Es führt zu weniger Verkehrstoten, verursacht weniger klimaschädliche Emissionen und spart durch den geringeren Treibstoffverbrauch auch Geld. Ich freue mich sehr, dass dieses Potenzial in so vielen Gemeinden und Städten quer durch Österreich und parteiübergreifend erkannt und auch aktiv vorangetrieben wird. Aus diesem Grund arbeiten wir gerade einen entsprechenden Gesetzesvorschlag aus, um das Anliegen der Resolution voranzutreiben und möglichst schnell in Umsetzung zu bringen", sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Das sagen Bürgermeister in NÖ

Bürgermeisterin Natascha Matousek schilderte bei der Übergabe die Situation in der Marktgemeinde Oberwaltersdorf: "Wir haben in Oberwaltersdorf einen wunderschönen Europaplatz mit Kirche, Europabrunnen, Kindergarten und Schulcampus. Direkt vorbei verläuft die B210. Lärm und Tempo schmälern leider den Wunsch zu verweilen. Ich sehe hier mit Tempo 30 eine eindeutige Verbesserung und hoffe auf eine rechtliche Möglichkeit."

Der Bürgermeister von Bad Fischau-Brunn, Reinhard Knobloch, ergänzte: "Durch unsere Gemeinde führen zwei Landesstraßen, alle Bemühungen für eine 30er Zone werden vom Verkehrssachverständigen mit folgender Begründung abgelehnt: Ich muss mich an der StVO orientieren. Eine Anpassung an die geänderten Bedingungen und Erwartungen der Bevölkerung wäre dringend erforderlich."

"Städten derzeit leider die Hände gebunden"

Harald Ludwig, der Vorsitzende des Städtebund-Verkehrsausschusses, erklärte: "Wir brauchen ein herabgesetztes Geschwindigkeitslevel in den Ortszentren, um bessere Bedingungen für Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger zu garantieren und somit die Klimaziele erreichbar zu machen. Aber jedes Tempolimit ist nur so gut, wie es auch tatsächlich eingehalten wird. Unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister fordern in diesem Sinne mehr Handlungsspielraum der Städte nicht nur beim Verhängen von Tempolimits, sondern auch bei den Tempokontrollen. Derzeit sind den Städten ja hier leider die Hände gebunden."

Und die Bürgermeisterin von St. Valentin, Kerstin Suchan-Mayr, zu Tempo 30 im Ort: "Viele Menschen im Ort betonen mir gegenüber, wie wichtig die Temporeduzierung ist. Neben der Sicherheit steigert ein niedrigeres Tempo auch die Lebensqualität und reduziert die Lärm- und CO2-Belastung."

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