Fussball
Jancker: "Sabitzer ist ein bisschen eine Drecksau"
Carsten Jancker auf der Überholspur! Als Leoben-Trainer marschierte er von der vierten in die zweite Liga. "Heute" fragte nach.
Carsten Jancker ist ein Fußball-Topstar. Der 48-jährige Deutsche wurde mit den Bayern vier Mal Meister, gewann 2001 die Champions League und wurde mit Deutschland Vize-Weltmeister. Begonnen hat der Erfolgslauf in Wien. 1996 schoss der Stürmer Rapid zum Titel und ins Europacup-Finale.
Nach der Karriere, die Jancker in Mattersburg ausklingen ließ, widmete sich der Goalgetter dem Trainerwesen, lernte bei den Hütteldorfern unter Zoran Barisic und Mike Büskens. Nach den Stationen Horn und Marchfeld heuerte der Deutsche 2021 in der Landesliga beim DSV Leoben als Chefcoach an. Zwei Jahre und zwei Aufstiege später findet sich Jancker in der 2. Liga wieder.
Welche Pläne der Ex-Kicker mit den Steirern hat, welcher ÖFB-Stürmer der beste ist und was er von Marcel Sabitzer hält, verrät Jancker im "Heute"-Interview.
Herr Jancker, Sie haben mit Leoben den Durchmarsch von der vierten in die zweite Liga geschafft. Wie geht es heuer weiter?
"Wir werden sicher keine Plätze ansagen. Jetzt heißt es erst mal, sich zu finden und die ersten Spiele erfolgreich zu absolvieren, das ist schwer genug. Wir haben es letztes Jahr gesehen, in dieser Liga kann jeder jeden schlagen. Wir wollen uns messen. Wir verfolgen weiter die Mission 2028 – da wird der Verein 100 Jahre alt, da wollen wir in der Bundesliga sein."
Was für eine Art Trainer sind Sie?
"Das müssen andere beurteilen, am besten die Spieler. Ich glaube, ich bin authentisch, stehe offen zu Fehlern, habe Stärken und Schwächen wie jeder Mensch. Aber eine Selbsteinschätzung passt hier nicht."
Sie hatten in Ihrer aktiven Karriere viele Lehrmeister. Wer hat Sie geprägt?
"Giovanni Trapattoni zum Beispiel. Er war vielleicht sehr defensiv, hatte aber eine unglaubliche Menschenführung, war eine unglaubliche Respektperson. Es wurde mal gesagt, dass er um die 1.500 Spieler in seiner Karriere hatte und von jedem den Vornamen weiß. Der 'Mister' war einfach ein Traum. Auch Ottmar Hitzfeld mit seinen Ansprachen, oder Luciano Spalletti, der mit seiner Taktik viel rausgeholt hat. Ich durfte viele Dinge miterleben und ziehe mir das Beste raus."
Denken Sie offensiv?
"Schon ein bisschen. Ich habe zwar gerne die Null hinten stehen, aber ich schieße halt auch gerne Tore. Wir sind schon eher offensiv, haben viel den Ball, haben den Endzweck im Sinn. Aber da ist man natürlich auch vom Spielermaterial abhängig."
Wer hat in Ihren Augen die besten Aufstiegschancen?
"Ried wird als Absteiger natürlich versuchen, gleich wieder rauf zu kommen. Die Admira wird einiges versuchen, auch St. Pölten. Man wird sehen. Es gab schon letztes Jahr viele 50:50-Spiele, das wird heuer noch extremer. Wir wollen uns ebenfalls messen. Aber man darf nicht vergessen, wo wir vor zwei Jahren angefangen haben – nämlich in der Landesliga."
Sie pendeln meist von Wien nach Leoben. Wie nutzen Sie die Fahrt?
"Ich telefoniere, höre Podcasts, denke viel nach. Vor allem nach dem Training überlege ich, was gut und was weniger gut war. Nach einem Spiel versuche ich, runterzukommen."
Sie sind ehemaliger Bayern-Star. Dort ist Christoph Freund neuer Sportdirektor. Passt das?
"Hört sich gut an, finde ich. Er hat seine Sache in Salzburg mehr als gut gemacht. Es ist natürlich ein Riesenschritt. Der FC Bayern ist ein Weltklub. Ich denke, er kann sich auch dort durchsetzen, ihm stehen alle Türen offen."
Wer ist aus Ihrer Sicht derzeit der beste österreichische Stürmer?
"Also bis vor der Sommerpause Marko Arnautovic, keine Frage. Michi Gregoritsch hat ein bisschen dran gerissen, hatte eine gute Rückrunde, aber ich sage trotzdem Arnautovic. Seine körperliche Präsenz, seine Schusstechnik, das Eins-gegen-Eins, wie er zum Abschluss kommt, das ist schon stark."
Sie treffen in der 2. Liga auf einige alte Bekannte. Bregenz-Trainer Andreas Heraf zum Beispiel.
"Genau. Wir haben 95/96 miteinander bei Rapid gespielt, haben was Großes erreicht mit dem Verein. Wir hatten ein tolles Klima in der Mannschaft. Natürlich freut man sich dann, jemanden aus diesem Team wiederzusehen."
Leoben wird nicht Ihre letzte Station sein. Ist es ein Fernziel, Rapid-Trainer zu werden? Dort werden bekanntlich gerne Leute mit grün-weißer Vergangenheit geholt.
"Wir haben bei Leoben eine Mission, der habe ich mich verschrieben. Darum mache ich mir über das keine Gedanken momentan."
Sie waren China-Legionär, als man dort gutes Geld verdient hat. Jetzt gehen die Spieler und Trainer nach Saudi-Arabien. Wie beurteilen Sie das?
"Jeder ist selbst für seine Karriere verantwortlich. Wenn ein jemand bereit ist, das für gutes Geld zu machen, muss man das respektieren. Ich habe es auch nicht gemacht, um China kennenzulernen, die Kohle war einfach in Ordnung."
Deutschlands Nationalteam steckt ein Jahr vor der Heim-EM in der Krise. Wie kann es wieder in die Spur finden?
"Ich kann nur aus der Ferne beobachten, was der Hansi Flick vorhat. Er wollte alles austesten und wird jetzt den Hebel anziehen. Wenn es funktioniert, hat er alles richtig gemacht. Wenn nicht, wird es schwierig, dass er bleibt."
Dafür ist Österreich gut unterwegs, seit Ralf Rangnick übernommen hat.
"Er macht einen guten Job. Er hat einiges verändert, kommt sehr gut rüber. Aber auch er wird an den Fahrkarten für die Großereignisse gemessen werden."
Angenommen, Österreich trifft heute auf Deutschland, wer ist Favorit?
"Deutschland. Ich fand aber, dass Österreich in den letzten drei, vier Jahren gute Spieler hatte, gute Jahrgänge, Stammkräfte in ersten Liga. Man hatte sich mehr erhofft. Rangnick hat nun neue Ansätze, ist momentan erfolgreich. Ob das so bleibt, wird man sehen."
Marcel Sabitzer war Bayern-Spieler, Konrad Laimer ist es jetzt. Wer gefällt Ihnen besser?
"Sabi hatte ich selbst bei Rapid, ich habe seine Entwicklung gesehen bei Leipzig. Dort ist er zu einem erwachsenen Spieler geworden. Alles hatte Hand und Fuß – darum hat ihn Nagelsmann zu den Bayern geholt. Dort hat es nicht so funktioniert. Bei Manchester hat er, finde ich, seine Spuren hinterlassen. Laimer hat sich stetig entwickelt, wurde zur absoluten Konstante bei RB. Ich habe mit Sabi zusammengearbeitet, darum finde ich ihn geiler, er ist ein bisschen eine 'Drecksau' - im positiven Sinn. Wenn man zu ihm sagt, spiel rechts hinten, spielt er das auch auf einem Niveau, das der Mannschaft hilft."
Ist die Vielseitigkeit manchmal Sabitzers Nachteil?
"Er war Achter, Sechser, bei uns bei Rapid hat er als Außenstürmer begonnen. Die Bayern haben ihn für die Mitte geholt, aber mit Kimmich und Goretzka hatte er nicht gerade wenig Qualität vor sich."