Welt
Israel-Krieg: Reisner warnt vor Eskalation in Europa
Die Hamas-Terroristen tun offenbar alles, damit sich der Krieg Israels zu einem Flächenbrand ausweitet. Oberst Markus Reisner sieht Folgen für Europa.
Israel hat die angekündigte Bodenoffensive im Gazastreifen aufgeschoben. Vordergründig wegen miesem Wetter, doch laut Oberst Markus Reisner könnte auch etwas ganz anderes dahinter stecken. Der Bundesheer-Offizier ließ am Montag im "Ö1 Morgenjournal" mit einer aktuellen Lageeinschätzung zum Krieg gegen die Terrororganisation Hamas aufhorchen.
Die Israelis müssten, wenn sie wirklich im Gazastreifen einmarschieren wollten, penibel humanitäres Völkerrecht einhalten, erklärt der Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt: "Israel weiß, dass die ganze Welt zusehen wird". Deshalb würde aktuell versucht, so viele Zivilisten wie möglich aus dem Norden, wo auch Gaza-Stadt liegt, in den Süden evakuieren zu lassen. Man gebe Zeit, die man eigentlich nicht hat.
"Israel bleibt nur ein sehr kurzes Zeitfenster, um im Gazastreifen entsprechende Aktionen zu setzen. Die Augen der muslimischen Welt sind auf Israel gerichtet", mahnt Reisner. Je blutiger der Häuserkampf wird, desto mehr erschütternde Bilder von der um den Globus gehen, umso mehr werde der Druck auf die umliegenden Nationen steigen, selbst zu reagieren.
Sollten Iran oder andere arabische Länder dann selbst aktiv eingreifen, sei das eine "Möglichkeit der Eskalation", die sich zu einem Flächenbrand in der Region ausweiten könnte.
Und das treffe indirekt auch Europa wo es in vielen Ländern eine große arabische Diaspora gebe: "Hier wird der Druck auch entsprechend steigen durch Demonstrationen oder andere Maßnahmen." Auch hierzulande wären also Eskalationen durch die abscheulichen Taten der Hamas möglich.
Genau das scheint das Ziel der radikalislamischen Hamas und einer der Gründe für die zahlreichen Geiselnahmen bei dem Überfall am 7. Oktober. Sie zwingen Israel damit quasi zum Einmarsch, denn das Land verfolgt die Politik, dass kein Staatsbürger in Feindeshand zurückgelassen wird.
So kam es auch, dass 2011 1.000 palästinensischen Gefangenen – darunter auch Israels Staatsfeind Nummer 1 Yahya Sinwar – gegen nur einen einzigen israelischen Soldaten, Gilad Shalit, ausgetauscht wurden.
Reisner schätzt, dass die Geiseln von den Terroristen deshalb als lebende Schutzschilde missbraucht werden: "Die Wahrscheinlichkeit ist sehr sehr hoch." Und die Hamas hindere gleichzeitig auch palästinensische Zivilisten daran, in den Süden des Gazastreifens zu fliehen. Alles nur, um Israel die Einhaltung des humanitären Völkerrechts während der Kampfhandlungen soweit es geht zu verunmöglichen und eine Eskalation zu provozieren.
Auch innerhalb Israels würde dadurch der Druck auf den Präsidenten und die Militärführung steigen und natürlich auch die israelischen Soldaten bei ihrem Vormarsch gebremst.
Kann die Hamas vernichtet werden?
"Wir sind es, die die Hamas zerstören werden", lautete die Kampfansage von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der nun erstmals die neue, mit Teilen der Opposition gebildete Notstandsregierung, einberufen hatte. Doch geht das überhaupt?
Rein militärisch sei das nicht möglich, sagt Reisner. "Alleine die Bodenoffensive wird nicht ausreichen", die Hamas müsse "bis zu ihren Wurzeln" bekämpft werden. Und das könne nur gelingen, wenn auch der politische Arm zerstört wird. Auch die größtenteils im Ausland aufhältigen Anführer müssten "entsprechend bewirkt" werden.
Das sei aber nicht alles. Zusätzlich müsse es gelingen, einen klaren Keil zwischen die radikalen Islamisten und die muslimische Bevölkerung zu treiben: "Denn wenn der Hamas der Nährboden fehlt, das ist die Bevölkerung, dann hat sie als Terrorgruppe keine Chance mehr zu existieren."