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IS-Braut lächelt vor Gericht – und geht frei

Derya Ö. wurde vor Gericht in Düsseldorf zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt – dennoch wurde die 27-Jährige freigelassen.

Heute Redaktion
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Im Prozess um IS-Braut Derya Ö. (27) wurde am Dienstag das Urteil verkündet – das Strafausmaß: zwei Jahre und neun Monate Haft.

Für die 27-Jährige bedeutet das: Sie muss nicht mehr in Haft sitzen, sondern konnte sofort gehen. Grund: Derya hat bereits ein Drittel ihrer Strafe in Deutschland und in der Türkei abgesessen. Der Haftbefehl wurde außer Kraft gesetzt, bis über die Art der Reststrafe (eventuell auf Bewährung) entschieden wird. Die bereits im Gefängnis verbrachte Zeit wird ihr angerechnet. Als Derya vom Strafausmaß hörte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.

Wie kam Derya Ö. überhaupt nach Syrien?

"Sie sehnte sich nach Liebe", erklärte ihr Verteidiger Dr. Detlev Binder im Laufe des Prozesses, und schilderte ihr Aufwachsen in gewalttätigen Verhältnissen: "Seit dem 12. Lebensjahr wurde sie von ihrem alkoholkranken Vater verprügelt." Die Abwärtsspirale drehte sich schnell weiter: Das Mädchen schaffte keinen Schulabschluss, wurde von einem Zuhälter entführt und zur Prostitution gezwungen.

Durch einen Sprung durchs Fenster entkam sie ihrem Peiniger und landet nur kurz später – diesmal jedoch freiwillig – in einem Bordell im Wuppertal. Dort verliebt sich Derya in einen elf Jahre älteren Hell-Angels-Rocker, zieht nach Duisburg und geht rund um die Uhr anschaffen. Derya lässt sich – um andere Zuhälter abzuhalten – das Erkennungszeichen der Rockergruppe , die "81" tätowieren.

Über Facebook lernte sie Mario S. kennen

Die junge Frau wird drogensüchtig, trennt sich nach vier Jahren von ihrem Rocker. Über Facebook lernt sie Maria S. aus Leverkusen kennen. Die Richterin sagt: "Sie war von der Erscheinung des IS-Kämpfers in Uniform beeindruckt". Die islamistische Ideologie habe sie nicht interessiert. Im Februar 2014 reist Derya nach Syrien, heiratet "in vollem IS-Ornat". Die Hochzeitsnacht verbringt sie in einem Haus, das einmal Folter- oder Schlachtstätte war. Ihr Gesicht verschleiert sie fortan, lernt schießen, wird schwanger und bringt in Mossul einen Buben zur Welt. Als ihr Gatte gewalttätig wird, lässt sich Derya scheiden.

Heim kehrt sie nicht. Derya wird Zweitfrau eines Emirs, lässt sich aber auch von ihm nach drei Wochen scheiden. Als der Emir von einer Drohne getötet wird, heiratet sie Mario erneut und zieht auf einen Bauernhof. Mario, von der IS-Geheimpolizei als Spion verhaftet, wird vermutlich gefoltert und hingerichtet. Mit Unterstützung der Freien Syrischen Armee gelingt der Frau die Flucht in die Türkei, dort kann sie bei ihrer Oma unterschlüpfen.

Nach nur wenigen Monaten kehrt Derya aber erneut nach Syrien zurück. Als sie von dort aus in die Türkei reist, wird sie verhaftet und in Abschiebehaft genommen. Zurück in Deutschland lebt Derya erst auf freiem Fuß, arbeitet als Prostituierte und gibt der "Bild"-Zeitung ein Interview. Kurz später wird sie verhaftet. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht sprach die 27-Jährige wegen Kriegsverbrechen schuldig, weil sie Häuser bewohnte, die den rechtmäßigen Besitzern abgenommen worden sind.

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