Klimaschutz

IPCC eindringliche Warnung vor "Folgen der Untätigkeit"

Der am Montag präsentierte Bericht des Weltklimarats (IPCC) ist ein deutlicher Weckruf: Das Zeitfenster für Klimarettung schließt sich.

Lydia Matzka-Saboi
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Hitze und ihre Folgen, Wasserknappheit sowie Überschwemmungen gehören laut IPCC zu den größten Risiken für Europa. Die Erde könnte für uns Menschen unbewohnbar werden.
Hitze und ihre Folgen, Wasserknappheit sowie Überschwemmungen gehören laut IPCC zu den größten Risiken für Europa. Die Erde könnte für uns Menschen unbewohnbar werden.
Getty Images/iStockphoto

Schon jetzt sei knapp die Hälfte der Menschheit durch den Klimawandel "hochgradig gefährdet". 3,3 bis 3,6 Milliarden der knapp acht Milliarden Menschen weltweit seien bereits "sehr anfällig" für die Folgen der Erderhitzung. Die Klimakrise und damit in Verbindung stehende Extremereignisse drohen Millionen Menschen in die Armut zu stürzen.

Steigende Lebensmittelpreise, ein gestörter globaler Handel und Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten könnten die Folgen sein. Der Bericht spiegelt den jüngsten globalen Konsens in der Klimawissenschaft wider. Der Wandel drohe die Welt schneller zu verändern als bisher angenommen.

Die gesammelten wissenschaftlichen Belege sind eindeutig: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das Wohlergehen des Menschen und die Gesundheit des Planeten, heißt es in einer Zusammenfassung des 2. Teils des 6. IPCC-Sachstandsberichts zum Thema "Klimawandel 2022: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit". Der erste Teil über die wissenschaftlichen Grundlagen kam im August 2021 heraus. Der dritte Teil wird im April erwartet.

Zeitfenster für Klimarettung schließt sich

"Es ist dramatisch", bringt es der Innsbrucker Klimaforscher Georg Kaser und IPCC Review Editor auf den Punkt. "Jede weitere Verzögerung eines global konzentrierten Handelns wird ein kurzes und sich schnell schließendes Zeitfenster verpassen."

Der 3.675 Seiten starke IPCC-Bericht warnt vor den katastrophalen Auswirkungen der Erderhitzung - wenn nicht rasch gegengesteuert wird. Die wichtigsten Erkenntnisse: Europa erhitzt sich schneller als bisher angenommen und mehr als der globale Schnitt. In Österreich sind es bereits 2,2 °C, das globale Mittel liegt bei 1,1 °C.

Für Europa wurden vier Schlüsselrisiken ermittelt: Hitze, daraus resultierende erhöhte Sterblichkeit, Wasserknappheit und die Zunahme von Überschwemmungen. Der Bericht sei "eine eindringliche Warnung vor den Folgen der Untätigkeit", sagte IPPC-Vorsitzender Hoesung Lee.

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Aber noch ist Zeit zu handeln, sind sich die Forscher einig. Der Pariser Klimavertrag gibt vor, was zu tun ist, nämlich den weltweiten CO2-Ausstoß so weit zurückzufahren, dass die Erderhitzung bis 2050 unter 1,5 °C bleibt.

Die Welt muss dringend handeln

Extremereignisse, Hitzestress für Mensch und Natur nehmen mit steigenden Temperaturen zu, ebenso Wasserknappheit und Überschwemmungen. Niederschläge werden seltener, fallen dafür aber regional heftiger aus. Die Zahl der Todesfälle sowie die Zahl der durch Hitzestress gefährdeten Menschen wird bei drei Grad im Vergleich zu 1,5 °C um das Zwei- bis Dreifache ansteigen.

Seit 2013 gab es in Österreich durchschnittlich 500 Hitzetote im Jahr. Vor allem alte und chronisch kranke Menschen haben ein hohes Risiko, an den Folgen der Hitze zu sterben. Bei über drei Grad Erderhitzung endet laut IPCC-Bericht mit hoher Wahrscheinlichkeit jegliches Anpassungspotenzial der Menschen.

Tausende Pflanzen- und Tierarten könnten aussterben

Für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten geht es angesichts der voranschreitenden Klimakrise bereits ums Überleben. Schon bei einer Erderwärmung um 1,5 Grad besteht laut dem Bericht für bis zu 14 Prozent der Arten an Land ein "sehr hohes" Risiko auszusterben. Bei einer sich derzeit abzeichnenden langfristigen Erderhitzung um drei Grad betreffe dieses Risiko sogar 29 Prozent der Arten an Land.

Hitze und Extremwetter trieben Pflanzen und Tiere an Land und in den Ozeanen Richtung Pole, in tiefere Gewässer oder höhere Lagen. Meerespflanzen und Meerestiere bewegten sich wegen der steigenden Wassertemperaturen im Durchschnitt um 59 Kilometer pro Jahrzehnt Richtung Nord- und Südpol.

Noch nähmen Ökosysteme mehr Treibhausgase auf, als sie selbst verursachten, heißt es in dem IPCC-Bericht. Das ändere sich aber, wenn Urwald abgeholzt und Torfmoorgebiete trockengelegt werden und der arktische Permafrost schmilzt. Diese Trends könnten laut Wissenschaftler noch umgekehrt werden, wenn Ökosysteme instand gesetzt, wieder aufgebaut und gestärkt sowie nachhaltig bewirtschaftet werden. "Gesunde Ökosysteme und eine reiche Artenvielfalt sind die Grundlage für das Überleben der Menschheit", heißt es in dem Bericht.