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WHO-Mediziner: Impfstoff könnte nie kommen

Experten kritisieren das Gewicht an Bedeutung, das einem Impfstoff zukommt. Wahrscheinlicher sei, dass wir mit dem Virus leben lernen müssen.

Heute Redaktion
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Der Corona-Impfstoff wird gerade von der Politik als "heiliger Gral" beworben. Nicht alle sehen das so optimistisch. Selbst wenn es einen Impfstoff gäbe, würde das nicht bedeuten, dass dieser sicher wirken würde, wie Experten betonen. Auch ein WHO-Mediziner warnt vor zu großer Euphorie bei der Suche.

Mindestens 77 Projekte laufen derzeit weltweit für die Impfstoffentwicklung. Nach Einschätzung von Forschern dauert die Entwicklung eines Impfstoffes 12 bis 18 Monate.

Professor David Nabarro, einer der weltweit führenden COVID-19-Experten, ist ein Sonderbeauftragter der Weltgesundheitsorganisation WHO und betonte nun in einem Interview, dass es keinesfalls eine Garantie auf die erfolgreiche Entwicklung eines Impfstoffes gäbe.

Eine neue Normalität

Das habe mit der Struktur von Viren zu tun. Nicht bei jedem Virus macht eine Impfung Sinn oder könne überhaupt stattfinden. "Man kann nicht gegen jedes Virus eine sichere und effektive Impfung entwickeln. Manche Viren sind sehr sehr schwierig, wenn es um Impfungen geht", so Nabarro. "In absehbarer Zukunft müssen wir also Wege finden, unser Leben mit dem Virus als ständige Bedrohung zu gestalten", so der Mediziner weiter.

Daher glaube er eher daran, dass wir lernen müssen mit dem Virus zu leben, Menschen mit Symptomen weiterhin schnell zu isolieren, ältere Menschen zu schützen und sicherzustellen, dass die Gesundheitssysteme in Zukunft nicht an die Grenzen der Auslastung stoßen. "Das wird für uns alle die neue Normalität sein", so Nabarro.

Diese Einstellung, eine eventuelle Corona-Impfung nicht als Wundermittel darzustellen, vertritt auch der renommierte, australische Immunologe Ian Frazer. Er ist der Ansicht, dass ein wirksamer Impfstoff nicht das Ende der Corona-Pandemie bedeuten würde. "Wir müssen auch erkennen, dass es nicht immer möglich ist, einen Impfstoff zu bekommen, nur weil wir einen wollen."

Impfstoff kann Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung, nicht komplette Ausbreitung verhindern



Die Überwindung der Corona-Pandemie sei nicht gleichbedeutend mit der erfolgten Suche nach einem Impfstoff. "Ein entsprechender Impfstoff kann zwar die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung verringern, aber die Ausbreitung von COVID-19 kann damit nicht verhindert werden", wird Frazer von dem australischen TV-Sender 7NEWS zitiert.

Die Hoffnungen vieler Länder hängen jedoch direkt mit einem Impfstoff zusammen. Ähnlich wie in Australien sieht es auch bei uns in Österreich aus. So betont Bundeskanzler Kurz Anfang April: "Die uneingeschränkte Reisefreiheit, wie wir sie gekannt haben, wird es nicht geben, solange es keinen Wirkstoff gibt." Das bedeutet demnach, dass einige Nachwehen der Pandemie uns ohne Impfstoff (und auch mit) noch lange begleiten könnten.

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