So hoch wie vor 12 Jahren

Immer mehr Österreicher müssen Schulden machen

Die Dachorganisation der Schuldenberatungen hat Forderungen an die Politik, um die Bevölkerung vor Schulden und Armut zu schützen.

Newsdesk Heute
Immer mehr Österreicher müssen Schulden machen
Schulden, Rechnung
Getty Images

Krisen und starke Inflation setzen der finanziellen Lage der Österreicherinnen und Österreicher zu. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen der heimischen Schuldenberatungen. 2023 haben sich so viele Menschen zum ersten Mal an eine Schuldenberatung gewandt, wie zuletzt vor zwölf Jahren, als die Bevölkerung noch mit den Nachwirkungen der Wirtschaftskrise zu kämpfen hatte.

Konkret waren es 21.645 Personen im vergangenen Jahr – laut dem Dachverband ASB Schuldnerberatungen ein Anstieg von knapp 17 Prozent im Vergleich zu 2023.

Existenzgefährdet

Auffällig sei, dass deutlich mehr Betroffene den Überschuldungsgrund "Lebenshaltungskosten und Wohnkosten" angeben. Darunter fallen unter anderem Miet-, Strom-, Heiz-, Gesundheitskosten sowie Lebensmittel.

"In der Vergangenheit spielte dies als Ursache für eine Überschuldung kaum eine Rolle", heißt es. 2022 gaben diesen Grund 5,4 Prozent an. Dies habe sich mehr als verdoppelt. Besonders bei Frauen war das Nötigste schwer aufzubringen – 14,2 Prozent gaben diesen Überschuldungsgrund an.

Forderung nach mehr Arbeitslosengeld

Die meisten Menschen überschulden sich, wie schon "seit Jahren", aufgrund von Arbeitslosigkeit und Einkommensverlust. "Nicht weiter verwunderlich" laut Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen. "Wird man arbeitslos, hat man nur noch 55 Prozent des vorigen Einkommens zur Verfügung. Das ist für die allermeisten Menschen ein Problem."

Das Arbeitslosengeld weiter senken zu wollen, sei "ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen". Erst kürzlich forderte die ÖVP, das AMS-Geld auf unter 50 Prozent zu kürzen. Schon jetzt seien die Zahlungen in den Schuldnerberatungen so hoch wie kaum zuvor. "Die Auswirkungen einer Kürzung könnten verheerend sein. Die Schuldnerberatungen fordern daher dringend statt einer Senkung eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes – also der Nettoersatzrate – auf 70 Prozent", so Mitterlehner.

Privatkonkurs "muss man sich leisten können"

Auch die Anzahl an eröffneten Privatkonkursen sei um 8,3 Prozent gestiegen. Über 8.800 Personen haben ein solches Konkursverfahren eröffnet. Ein Großteil (71 Prozent) wird von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung begleitet. "Wir wissen, dass noch viel mehr Menschen einen Privatkonkurs benötigen würden", so Mitterlehner. "Aber so absurd es klingt: einen Privatkonkurs muss man sich erst einmal leisten können." Die Grundbedingung ist nämlich, mit dem Einkommen auszukommen und keine weiteren Schulden zu machen. Das sei derzeit vielen Menschen nicht möglich.

Daher sehe man es als "dringend nötig", das Existenzminimum zu erhöhen – jener Betrag, der Menschen bei einer Pfändung zum Leben bleiben muss. "Das würde ver- und überschuldete Menschen und ihre Familien vor dem Abrutschen in die Armut bewahren. Mehr Menschen könnten somit einen notwendigen Privatkonkurs in die Wege leiten."

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