Eine Ärztin wurde Zielscheibe von einer wüsten Hasstirade. Die Frau, die anonym bleiben möchte, arbeitet in einem Krankenhaus im Bundesland. Sie kontrollierte den Blutdruck eines Patienten. Dieser war stark erhöht, deshalb hängte sie ihm, wie verordnet, eine Infusion an.
Der Mann war damit einverstanden. Als die Medizinerin den Infusionsständer auf die linke Seite des Bettes stellte, wurde er allerdings verbal massiv ausfällig. Er beschimpfte die Mitarbeiterin: "Wo bin ich denn hier gelandet? Ihr seids doch olle deppad und könnts eich schleichen!"
Und: "So eine blede Funsn wie dich hab ich selten erlebt, aber hier drinnen gibt's anscheinend mehrere solche. Bin i froh, wenn i do wieder draußen bin, ihr seids ja nur unfähige und deppade Leid. Sowos g******enes!"
Eine normale Unterhaltung war nicht mehr möglich. Erst nach 15 Minuten beruhigte sich der aufgebrachte Mann wieder. Trotzdem ließ er sich nicht mehr auf ein Gespräch ein, sondern bestand darauf, eine Zigarette rauchen zu gehen.
Dieser Fall ist bei weitem nicht der einzige. Die neuen Zahlen sind erschreckend: 356 Fälle von Gewalt gegen Personal wurden alleine heuer bereits an den drei Standorten des Salzkammergut Klinikums (Gmunden, Bad Ischl, Vöcklabruck) verzeichnet. Darunter sind sowohl Vorfälle körperlicher wie verbaler Gewalt gemeint. Um die drastische Lage zu verdeutlichen: Jeden Tag geht beim Klinikum eine entsprechende Meldung ein.
Jeder Zwischenfall wird elektronisch erfasst. Sind Mitarbeiter Opfer von Gewalt geworden, können sie sich an geschulte Kollegen wenden, die ihnen Hilfe bzw. Gespräche anbieten. Außerdem wird Betroffenen ein sogenanntes Deeskalationstraining angeboten, um das Personal zu schützen.
"Betroffene werden zusätzlich auch in kommunikativer Konfliktlösung geschult", sagt Eva Hayböck vom Salzkammergut Klinikum im "Heute"-Gespräch. Sie arbeitet für die Stabstelle Betriebliches Gesundheitsmanagement und Organisationsentwicklung.