Ukraine
Girkin sieht Putins Armee auf "Niederlage" zusteuern
Igor Girkin, ein früherer Verbündeter von Wladimir Putin, warnt nun öffentlich vor einer drohenden "militärischen Niederlage" der russischen Armee.
In der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut könnte eine Entscheidung unmittelbar bevorstehen: Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat am Montag erklärt, die ostukrainische Stadt Bachmut "im rechtlichen Sinne" erobert zu haben. Via Telegram behauptete er, die russische Flagge auf dem Rathaus gehisst zu haben.
Kiew dementiert: die Kämpfe würden ungebrochen weitergehen. "Ich bin dankbar für unsere Kämpfer, die in der Nähe von Awdijiwka, Marjinka und Bachmut kämpfen. Vor allem Bachmut! Dort ist es heute besonders schwierig", sagte Ukraines Präsident Wolodimir Selenski Sonntagabend.
Obwohl die Wagner-Söldner in Bachmut immer weiter vorrücken können und auch die südlicher gelegene Gemeinde Awdijiwka kurz vor einer Einkesselung durch russische Truppen steht, scheint die groß angekündigte Offensive des Kremls fast verpufft zu sein.
Die Schlacht um Bachmut ist die am längsten andauernde der einjährigen russischen Offensive in der Ukraine. Die vor Beginn des Krieges 70.000 Einwohner zählende Stadt ist nach den monatelangen Kämpfen weitgehend zerstört und verlassen. Die strategisch nur mäßig bedeutende Gemeinde in der Industrieregion Donbass hat aber angesichts der seit Monaten andauernden Gefechte mit großen Verlusten für beide Seiten eine hohe symbolische Bedeutung erlangt.
"Offensive gescheitert", "Niederlage droht"
"Russlands Winteroffensive gescheitert", schriebt das britische Verteidigungsministerium am Samstag in seinem täglichen Lagebericht. An mehreren Achsen der Donbass-Front haben die russischen Streitkräfte auf Kosten Zehntausender von Opfern nur geringfügige Gewinne erzielt und ihren vorübergehenden personellen Vorteil aus der "Teilmobilisierung" im Herbst weitgehend verspielt.
Ein Ex-Verbündeter von Wladimir Putin geht jetzt sogar noch einen Schritt weiter. Der ehemalige Separatistenführer der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Igor Girkin, warnte laut "Newsweek" am Sonntag in seinem Telegram-Kanal davor, dass die russischen Truppen in der Ukraine auf eine "militärische Niederlage" zusteuern würden.
Als Nationalist unterstützt Girkin zwar die Invasion der Ukraine, doch seine Kritik an der Durchführung und dem Kreml wird immer lauter. Die staatlich gelenkten Medien würden in ihrer Propaganda, die tatsächlich horrende Situation in der Ukraine "beschönigen", beklagt er weiter.
Dieser "Mangel an wahrheitsgemäßen Informationen" habe Russland blind für den Ernst der Lage gemacht: "Es hat eine extrem negative Auswirkung auf die Situation im gesamten Land, in unserem gesamten Staat. Ich habe keine Angst zu sagen, dass wir auf eine militärische Niederlage zusteuern", wird er vollständig zitiert.
International gesucht
Igor Girkin ist ein ehemaliger Offizier der russischen Geheimdienste FSB bzw. GRU und war ab 2014 einer der militärischen Führer der separatistischen Volksrepublik Donezk. Er gilt als einer der Haupttäter hinter dem Abschuss von Malaysa-Airlines-Flug MH17 und wurde von der Untersuchungskommission für schuldig befunden. Beim Absturz der Maschine starben damals 298 Personen.
Seither ist Girkin international zur Fahndung ausgeschrieben. Die Geheimdienstabteilung des ukrainischen Verteidigungsministeriums hatte zuletzt wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen ein Kopfgeld in Höhe von 100.000 US-Dollar auf den Russen ausgesetzt. Öffentlich tritt er auch unter dem Pseudonym Igor Strelkow in Erscheinung.
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