Spiele-Test
Hypernervös, aber spannend – "Bleak Faith: Forsaken"
Faszinierende Spielwelt, Anleihen von "Dark Souls" und eine nervöse Steuerung – perfekt ist "Bleak Faith: Forsaken" nicht, aber einen Blick wert.
Übersehenes Genre-Juwel oder billiger Abklatsch? Das fragt man sich bei jedem neuen "Soulslike", das auf den Markt drängt. Wobei "neu" bei "Bleak Faith: Forsaken" nur bedingt stimmt, denn das Action-Rollenspiel lässt sich bereits seit geraumer Zeit auf PC sowie auf der PlayStation 4 und der Xbox One zocken – neu gibt es das knallharte Abenteuer nun auch auf PlayStation 5 und PC. Ob das Spiel nach der fantastischen Erweiterung "Elden Ring: Shadow of the Erdtree" Fans des Genres bei der Stange halten kann, hat sich "Heute" genauer angesehen.
"Bleak Faith: Forsaken" nimmt Spieler mit in eine – für das Genre typische – Spielwelt, in der Mittelalter-Bauten, Höhlen und Schluchten auf mechanische und metallene Konstruktionen treffen, die langsam zerfallen. Besonders beeindruckend: die tolle Optik. Das Art-Design ist teils aus anderen Souls-Games bekannt, Elemente wie riesige, in den Himmel ragende Kabelstränge, kolossale Maschinen und wunderbare Wassereffekte setzen aber eigene Duftmarken. Die düsteren Umgebungen sind zerfallen, das wenige, übriggebliebene Leben uns feindlich gesinnt.
Gestorben wird auch hier schnell und viel
In dieser Welt, in der nur die Stärksten überleben, sollen wir die Überbleibsel einer untergegangenen Zivilisation erkunden, in typisch kryptischen Dialogen mit einigen wenigen NPCs Details erfragen und dem Geheimnis der mechanischen Omnistruktur, die die Welt in Besitz genommen hat, auf den Grund gehen. Wie bei "Souls"-Games typisch, erfahren wir wenig über die bisherigen Geschehnisse in der Spielwelt und schon gar nichts über unseren Protagonisten. Den Game-Begriffen nach dürften wir ein künstlich geschaffenes Wesen sein.
Das dürfte auch erklären, wieso wir in "Bleak Faith: Forsaken" zwar das Zeitliche segnen, aber direkt danach in einem neuen Körper auferstehen dürfen, während eine leere "Hülle" als Zeichen unseres Versagens zurückbleibt. Und ja, wie ebenfalls für das Genre typisch, wird in "Bleak Faith: Forsaken" schnell und viel gestorben. Während die Story von Anfang bis Ende in kleinen Fetzen erzählt wird und man sich die eigentlichen Geschehnisse selbst zusammenreimen muss, will uns so gut wie alles mit Schwertern und Klingen an den Kragen, was in der Welt lebt.
Erwartete Verzögerung bleibt aus – das überrascht immens
In Sachen Härtegrad und Gegner-Herausforderung ist das Game eindeutig am richtigen Weg, doch es macht es sich dabei selbst doppelt schwer. Das liegt einerseits an einer hypernervösen Steuerung. Gewohnt ist man als Genre-Fan sowohl langsames Kampf- und Fortbewegungs-Gameplay aus den "Dark Souls"- und "Demon's Souls"-Games, als auch blitzschnelles Gameplay, wie in "Bloodborne" oder den "Nioh"-Titeln. "Bleak Faith: Forsaken" verbindet aber das eine mit dem anderen – was dazu führt, dass sich unsere Figur blitzschnell und sprunghaft bewegt.
Das klingt nun gar nicht so schlecht, sorgt aber für mehr als ein paar Bildschirmtode aufgrund der unerwarteten Schnelligkeit der ausgelösten Manöver – entweder, weil man sich in der Spielwelt ungewollt in einen Abgrund stürzt oder die Spielfigur sich direkt und ohne die erwartete Verzögerung in den feindlichen Angriff katapultiert, dem man eigentlich ausweichen wollte. Selbst das ultraschnelle "Nioh" wirkt da, als wäre es eingeschlafen. Das alleine ließe sich aber verschmerzen und durch stundenlanges Spielen wohl auch entsprechend anlernen.
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Was das Erlebnis allerdings frustrierend macht, ist eine (im Vergleich zur Original-Version bereits entschärfte) komplizierte Button-Belegung (getestet wurde die PlayStation-5-Version). Bis man diese im Blut hat, vergehen Dutzende Spielstunden und weil einige Aktionen durch gleichzeitiges oder aufeinanderfolgendes Drücken mehrere Tasten ausgelöst wird, gehen anfangs diese Aktionen auch regelmäßig schief. Hier hätte das Game die "Souls"-Titel kopieren dürfen, ausgerechnet bei der Steuerung hat man sich aber auf eine eigene Lösung gestürzt.
Hat man die ungewohnte Steuerung samt entweder gemeistert oder blendet man sie eine Zeitlang aus, zeigt das Spiel dann seine wunderbare Seite. Wie gewohnt bekommen wir keinerlei Aufgaben und Wegmarker und dürfen uns ganz frei in die Erkundung der fremden, fantastisch aussehenden Welt stürzen. Und die Welt ist gigantisch groß ausgefallen – samt knackiger Bosse und abwechslungsreicher Standard-Feinde. An die Ausmaße eines "Elden Ring" reicht das nicht heran, genug Stoff für einige Dutzend Spielstunden gibt es aber dennoch.
Macher wussten Reiz des Genres durchaus zu nutzen
Wie bei den großen Vorbildern muss man auch in "Bleak Faith: Forsaken" selbst herausfinden, wofür die in der Spielwelt gefundenen und in Kämpfen erbeuteten Items und Materialien eingesetzt werden können. Manche dienen als Hilfsobjekte im Kampf, manche schalten uns neue Fähigkeiten frei und manche verleihen unseren Waffen und Rüstungen spezielle Effekte oder zusätzliche Statuswerte. Das System ist meilenweit entfernt, intuitiv zu funktionieren, genau darin liegt aber auch der Reiz des Genres, und den wussten die Macher auch zu nutzen.
Durch die erwerbbaren Fähigkeiten und Verstärkungen entwickelt sich die Spielfigur im Verlauf des Titels immer mehr zu einer von verschiedenen bestimmten Klassen. Interessant dabei: Man hat zwar direkten Einfluss auf die Fähigkeiten, aber nur bedingten auf die Grundwerte wie Gesundheit und Ausdauer. Letztere verändern sich nämlich nur durch die verwendeten Waffen und Rüstungen, die sich wiederum mit einsetzbaren Edelsteinen verändern lassen. Oder aber, man opfert Verstärkungen der Statuswerte für lohnende Effekte wie Feuer, Eis und Heilung.
Hypernervös, aber spannend – "Bleak Faith: Forsaken"
Was deutlich an "Elden Ring" erinnert: "Verleveln" kann man sich im je nach Erkundungsgrad 30 bis 50 Stunden dauernden Spiel nicht, denn es müssen nur bestimmte Grundwerte erfüllt sein, den Rest der gewünschten Klasse wird durch die Ausrüstung bestimmt. Diese lässt sich auch jederzeit wechseln, damit ist man nicht mehr durch ein starres Punkte-Auflevel-System gefangen. Apropos "Elden Ring": Nach Erscheinen des Originals musste sich das Mini-Studio gegen den Vorwurf wehren, dass Kampf-Animationen aus dem Vorbild gestohlen wurden.
Das gelang rechtlich wohl sauber, Fans rümpften dennoch die Nase. Ob man "Bleak Faith: Forsaken" letztlich eine Chance gibt, liegt wohl an der eigenen Neugierde. Steuerung und Inventarmanagement können bis auf das Blut frustrieren und sind teils so kompliziert, dass sie auch nach Dutzenden Spielstunden noch nicht sitzen. Dafür hat es aber eine optisch ziemlich eindrucksvolle Spielwelt zu bieten, für die wir das Genre lieben. In seinen besten Momenten schafft es "Bleak Faith: Forsaken", mit den "Souls"-Games mitzuhalten. Meist aber nicht.
Auf den Punkt gebracht
- "Bleak Faith: Forsaken" ist ein Action-Rollenspiel, das Elemente aus "Dark Souls" übernimmt und eine faszinierende Spielwelt bietet
- Trotz nervöser Steuerung und kompliziertem Button-Layout ist das Spiel einen Blick wert, da es eine große, abwechslungsreiche Welt und herausfordernde Gegner bietet
- Es erinnert an "Elden Ring" und bietet eine beeindruckende Spielerfahrung, auch wenn es nicht immer mit den großen Vorbildern mithalten kann