Österreich

"Historisch belastet" – Kritik an vier Landeshymnen

Die IG Autorinnen Autoren fordert in einem offenen Brief an die jeweiligen Landeshauptleute Änderungen von vier Landeshymnen. 

Heute Redaktion
In Kritik stehen die Landeshymnen der Bundesländer Ober- und Niederösterreich, Kärnten und Salzburg.
In Kritik stehen die Landeshymnen der Bundesländer Ober- und Niederösterreich, Kärnten und Salzburg.
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Die Landeshymnen der Bundesländer Ober- und Niederösterreich, Kärnten und Salzburg sollen geändert werden, da diese "historisch belastet" seien. Während in Salzburg eine komplette Neufassung von Text und Musik notwendig sei, brauche man in Oberösterreich und Niederösterreich nur einen anderen Text. In Kärnten würde die Streichung einer Strophe reichen, heißt es in dem Schreiben.

"Gründliche Neuüberlegung bzw. Neuformulierung"

Am historisch ebenfalls belasteten 20. April hatte sich in Niederösterreich bereits ein Personenkomitee mit zahlreichen namhaften Autoren, darunter u.a. Robert Menasse, Doron Rabinovici, Thomas Sautner und Gerhard Ruiss, mit dem Wunsch nach einer Neuausschreibung der niederösterreichischen Landeshymne an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gewandt.

Seitens des Landes wurde daraufhin eine wissenschaftliche Aufarbeitung angekündigt. Nun zieht die IG Autorinnen Autoren nach: Sie sieht auch die Landeshymnen von Oberösterreich, Kärnten und Salzburg belastet. Alle vier würden "einer gründlichen Neuüberlegung bzw. der Neuformulierung bedürfen", heißt es in einem Brief an die Landeshauptleute Mikl-Leitner, Thomas Stelzer, Wilfried Haslauer (alle ÖVP) und Peter Kaiser (SPÖ).

Salzburg braucht "komplette Neufassung"

Das Problem mit der Hymne in Salzburg wird am drängendsten gesehen: Hier gebe es "keine andere Lösung als ihre komplette Neufassung". Komponist Ernst Sompeks habe sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich gebrüstet, illegales österreichisches NS-Parteimitglied gewesen zu sein. "Textautor Anton Pichler wiederum war ein kriegsverherrlichender Priester", sein Text teils grammatikalisch verunglückter "kitschig-pathetischer Schollenschwulst".

Oberösterreichs Verfasser "radikaler Antisemit"

In Oberösterreich steht der Verfasser des Textes, Franz Stelzhamer, als "radikaler Antisemit", der den Genozid an den Juden befürwortet habe, im Fokus. Zudem sei etwa die Zeile, dass man das "Hoamatland" liebe "wiar a Hünderl sein Herrn" von einer "Untertanen-Mentalität des Absolutismus geprägt".

Die IG schlägt vor, einen neuen Text auf Grundlage der bestehenden Musik des – historisch unbelasteten – Komponisten Hans Schnopfhage auszuschreiben. "Die von offizieller Seite zur Verteidigung des Hymnentextes eingenommene Haltung, die oberösterreichische Landeshymne sei durch die antisemitischen Ausfälle ihres Autors ein steter Anstoß, auch die Erinnerung an die Schatten unserer Geschichte lebendig zu halten, teilen wir keinesfalls", heißt es in dem Brief der IG.

Niederösterreichs Verfasser "Befürworter der Bücherverbrennungen"

In Niederösterreich geht es ebenso um die Person des Verfassers, Franz Karl Ginzkey: "Er war Befürworter der Bücherverbrennungen, einer der Autoren des Bekenntnisbuchs österreichischer Dichter für den Anschluss an Nazideutschland und trat mitten im Krieg der NSDAP bei", so die IG.

Der Text an sich sei, wenn auch "historisch-schwülstig-pathetisch", unproblematisch. "Ginzkey ist jedoch als Verfasser der Hymne eines Landes mit demokratischer Verfassung völlig ungeeignet". Die IG empfindet deshalb einen neuen Text zur "untadeligen" Musik aus der Feder Ludwig van Beethovens für notwendig.

Kärnten soll vierte Strophe streichen

In Kärnten könnte das Problem einfacher gelöst werden: Nach Ansicht der IG müsste hier nur die nachträglich verfasste vierte Strophe von Agnes Millonig, "einer frühen (seit 1933) illegalen Nationalsozialistin", gestrichen werden. In der Schlusszeile ("das ist mein herrlich Heimatland") hatte es nämlich ursprünglich "das ist mein deutsch Heimatland" geheißen, was "slowenischen Kärntnerinnen und Kärntnern mittelbar abspricht, Kärnten als ihre Heimat betrachten zu dürfen", so die Kritik.

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