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"Hi-Fi Rush" im Test – aus dem Nichts zum Meisterwerk

Eigentlich sind die Entwickler von Tango Gameworks für harte Horror-Spiele bekannt. Ihr neues Werk "Hi-Fi Rush" ist deshalb eine Überraschung.

Rene Findenig
Das knallbunte "Hi-Fi Rush" wurde nur Stunden vor seinem Launch angekündigt – und ist ein Mega-Hit.
Das knallbunte "Hi-Fi Rush" wurde nur Stunden vor seinem Launch angekündigt – und ist ein Mega-Hit.
Tango Gameworks

Mit Games wie den beiden "The Evil Within"-Teilen oder "Ghostwire: Tokyo" haben sich die Entwickler bei Tango Gameworks zu wahren Meistern des Horror-Genres gemacht. Gemeinsam mit Publisher Bethesda ist dem Studio nun ein weiterer Clou gelungen, der sich aber komplett von den genannten Spielen unterscheidet. Im Rahmen der Entwickler-Show von Xbox und Bethesda wurde das Rhythmus-Spiel "Hi-Fi Rush" angekündigt. Doch nicht nur, dass sich das quietschbunte Musik-Game komplett von den Horror-Titeln unterscheidet, auch erschien "Hi-Fi Rush" nur wenige Stunden nach der Ankündigung.

In Zeiten, in denen Spiele Monate oder gar Jahre vor dem Launch angekündigt und oft auch mehrmals verschoben werden, könnte man da darauf tippen, dass sich die Entwickler nicht viel von ihrem eigenen Werk erwarten dürften. Und läge damit komplett falsch! "Hi-Fi Rush" ist bunt, anders, außergewöhnlich – und ein Meisterwerk, das auch dem Nichts zum Spiel des Jahres werden könnte. Dabei lässt sich das Game gar nicht so leicht in ein Genre pressen, denn es bietet viel Musik, ein rhythmisches Gameplay, Hack'n'Slay-Züge und jede Menge Action. Als ein "Devil May Dance" wird es auf Steam kommentiert.

Seichte Story, aber fantastisches Gameplay

In Sachen Handlung serviert das Game für PC und Xbox schon oft gesehene Kost, die auch hier nicht das Gelbe vom Ei darstellt. Der Jugendliche Chai leidet unter einem verletzten Arm, während er vom Leben als Rockstar träumt. Da kommt im vermeintlich der Megakonzern Vandelay ganz recht, der Robotik-Experimente an Freiwilligen durchführt. Doch der Traum wird schnell zum Albtraum, denn Chai wacht nach dem Eingriff nicht nur mit einem Cyborg-Arm, sondern auch einem mit seinem Herzen verschmolzenen MP3-Player auf, gilt für den Konzern fortan als "Defekt" und muss sich nun um sein Leben prügeln.

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    Mit Games wie den beiden "The Evil Within"-Teilen oder "Ghostwire: Tokyo" haben sich die Entwickler bei Tango Gameworks zu wahren Meistern des Horror-Genres gemacht. 
    Mit Games wie den beiden "The Evil Within"-Teilen oder "Ghostwire: Tokyo" haben sich die Entwickler bei Tango Gameworks zu wahren Meistern des Horror-Genres gemacht.
    Tango Gameworks

    Das Gameplay kann dagegen fantastisch überzeugen. Chai verfügt dank seines neuen Cyborg-Arms über die Macht, Metall anzuziehen und damit auf die bösen Bots des Megakonzerns einzudreschen. Das alles passiert genauso wie die Plattformer-Passagen und Puzzles des Spiels im Rhythmus von Rockmusik. Chai bekommt auch schnell Verstärkung, etwa durch die Zufallsbekanntschaft Peppermint und ihre Katze 808. Was die Story dabei an Tiefgang vermissen lässt, macht sie dafür an anderer Stelle wieder wett: Kaum ein Game stellt so sehr alle Figuren statt nur den Protagonisten in den Mittelpunkt.

    Rhythmische Attacken treiben Kombo-Zähler nach oben

    Die immer größer werdende Gruppe rund um den angehenden Rockstar Chai hat aber nicht nur storytechnische, sondern auch spielerische Gründe. Jede neue Figur bringt ihre eigenen Emotionen und Fähigkeiten in die Gruppe ein und stellt so auf ganz natürliche Weise neue Gameplay-Elemente vor. So schalten sie einerseits erspielbare Kampffähigkeiten für Chai frei oder sorgen andererseits dafür, dass wir über einen immer größer werdenden Vorrat an implantierbaren Chips verfügen. Während die freischaltbaren Fähigkeiten aktiv im Kampfgeschehen genutzt werden, sorgen die Chips für passive Effekte.

    Außerdem können zum Teil auch die Nebenfiguren der Gruppe selbst im Kampf als taktisches Element eingesetzt werden. Das hilft vor allem dabei, die Verteidigung der Gegner zu durchbrechen, um sie angreifbar zu machen – allerdings helfen die Teammitglieder jeweils nur für kurze Zeit aus und können erst nach einer Abklingzeit wieder aufs Schlachtfeld gerufen werden. Chai selbst bekommt im Verlauf des Abenteuers immer mehr Kampf-Kombos verpasst – das Ziel ist es, diese im Rhythmus zu möglichst unterbrechungsfreien Attacken zu verketten und so den Kombo-Zähler weit nach oben zu treiben.

    Geht der Beat ins Blut, geht es so richtig los

    Weitere leichte und schwere Angriffe kauft man sich nach und nach durch in den Kämpfen gesammelte Schrottteile, die Währung des Spiels, dazu. Das Besondere am Rhythmus-Zähler: Das Game belohnt nicht nur das Einprügeln auf Gegner, ohne dabei Schaden zu nehmen, sondern auch, wenn das ganz genau im Takt der fantastischen Musik passiert. Je genauer man dabei den Takt trifft, umso höher fallen zudem der ausgeteilte Schaden und die eingeheimsten Punkte aus. Das gestaltet sich anfangs gewöhnungsbedürftig, geht der Beat aber ins Blut über, ergibt das ein grandioses Gameplay-Erlebnis.

    Überraschend gut ist auch die deutsche Sprachausgabe ausgefallen – im Vergleich zur englischen stehen die Sprecherinnen und Sprecher der Qualität um nichts nach und sogar die Witze zünden in beiden Sprachen gleich gut. Abseits von den Kampf-Passagen wird man mit einigen zwar linearen, aber abwechslungsreich gestalteten Levels mit einigen Geheimnissen, dem einen oder anderen recht simplen Puzzle und einigen kniffligen Geschicklichkeits-Passagen versorgt. Wer sich ganz genau umsieht, kann in den knallbunten Arealen auch Upgrade-Materialen für die Gesundheitsleiste und Angriffsleiste finden.

    Schreit schon jetzt ganz laut "Spiel des Jahres"

    Hat man einige Kampf-Fähigkeiten freigeschaltet, erinnert das Kampfsystem abseits vom Rhythmus-Aspekt etwas an Games wie "Elden Ring", auch wenn der Schwierigkeitsgrad nicht ganz so hoch ist. Per starker Angriffe kann die Haltung der Feinde durchbrochen werden, was ein Fenster für durchschlagende Attacken öffnet. Außerdem können feindliche Angriffe nicht nur geblockt, sondern mit dem richtigen Timing auch pariert werden, was einen ähnlichen Effekt hat. Komplexer wird das Kampfsystem dann aber nicht – und im Vergleich zum Hardcore-Rollenspiel läuft der Kampf generell etwas gemächlicher ab.

    Technisch wurde "Hi-Fi Rush" hervorragend umgesetzt. Das Gameplay läuft flüssig ab, zahlreiche Videosequenzen runden den Titel ab und lassen herrliches Comic-Feeling aufkommen, die knallbunte Zeichentrick-Grafik passt brillant zum Rest und die Rockmusik ist eine Klasse für sich. Diese pumpt so richtig und lässt uns im Beat mitwippen, lenkt aber gleichzeitig nie vom Spielgeschehen ab. Steht man schließlich dem ersten von einigen Bossen des Spiels gegenüber, ist es um die Zocker vollends geschehen. "Hi-Fi Rush" ist ein Meisterwerk, das aus dem Nichts kam und jetzt ganz laut "Spiel des Jahres" schreit.

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