Österreich
Heime: 33 Mal war Polizei da – Wirbel um SP-Chef
Brisante Details rund um den mutmaßlichen Heimskandal in NÖ: Denn der Geschäftsführer des Trägers ist roter Gemeinderat in Ebenfurth.
Zwei Betreuer und drei Ex-Heimkinder hatten sich an die Öffentlichkeit gewandt, über Missstände in zwei Heimen im Bezirk Krems und im Bezirk Wr. Neustadt gesprochen ("Heute" berichtete. )
Neue Vorwürfe
Helga Krismer (Grüne) brachte eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft ein, nannte darin 15 konkrete Vorwürfe, wie beispielsweise gewaltsames Haareschneiden, im Stehen essen, Grashalme zählen. Der zuständige SP-Landesrat Franz Schnabl kündigte sofort eine Sonderkommission und lückenlose Aufklärung an ("Heute" berichtete ebenfalls). Laut "Profil" gab es auch Sexualdelikte, Suizidversuche, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen - alleine im Jahr 2016 musste die Polizei 33 Mal ins Heim in Jaidhof (Bezirk Krems-Land) anrücken.
Die Betreuer, zum Teil ohne pädagogische Ausbildung, waren nicht nur unterbesetzt, sondern auch schlecht bezahlt. Und: Oft mussten die Mitarbeiter lange für die Gehälter warten. Immerhin flossen aber vom Land NÖ 2,6 Millionen Euro im Vorjahr. Und: Die Kontrollen wurden lange vorher angekündigt - mit einer genauen Auflistung, was wo gecheckt wird.
Grüne fordern Untersuchungsausschuss
Der Geschäftsführer des Trägers, Hermann Radler, ist selbst roter Gemeinderat in Ebenfurth (Bezirk Wr. Neustadt). Eine Tatsache, die Helga Krismer nicht kalt lässt: "Es sind die Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen zu schützen und nicht der Geschäftsführer des Trägervereins, der zufällig auch SPÖ-Gemeinderat ist. Ich will die lückenlose Aufklärung durch Landesregierung, Verwaltungs- und Justizbehörden der grauslichen Verdachtsmomente und der Geldflüsse. Die Sonderkommission der SPÖ hat für mich angesichts der neuen Erkenntnisse eher den Anschein, als handle es sich um eine Vertuschungskommission. Sie kann also kaum das geeignete Mittel zur Untersuchung der Causa sein. Ich will einen U-Ausschuss – geleitet von den Grünen. Kontrollarbeit macht offensichtlich sonst niemand in diesem Land."
Zwischenbericht nächste Woche
Franz Schnabl (SP) dazu: "Die Sonderkommission hat ihre Arbeit aufgenommen und wird nun akribisch die Unterlagen sichten, um noch vor Weihnachten einen ersten Zwischenbericht vorlegen zu können. Die Sonderkommission geht völlig weisungsfrei allen Hinweisen nach und wird alles aufarbeiten. Verfehlungen und Straftaten werden aufgeklärt – seien sie systemimmanent oder durch Einzeltäter verursacht. Wenn die Ergebnisse vorliegen, wird es Konsequenzen geben, egal in welche Richtung – vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich." Der erste Zwischenbericht wird übrigens mit 18. Dezember erwartet.
(Lie)