Vorausblick

Heftige Grippewelle in Australien – "Das kommt zu uns"

In Australien grassiert die Grippe. Das Krankheitsgeschehen dort könnte eine Vorschau auf unseren Winter sein. Umso wichtiger ist die Grippeimpfung.

Heftige Grippewelle in Australien – "Das kommt zu uns"
Unter den Hospitalisierten sind sowohl ältere Personen als auch junge.
Unsplash

Im australischen Bundesstaat Queensland explodieren derzeit die Grippefälle. Mehr als 42.000 Fälle hat die aktuelle Grippewelle dem Bundesstaat bereits beschert. Allein in der letzten Woche wurde bei 5674 Menschen Influenza diagnostiziert. "Jeder vierte Grippetest ist positiv", zitiert die Dailymail die leitende Amtsärztin Catherine McDougall. Das sei ein Zeichen dafür, dass das Virus in der Bevölkerung stark verbreitet sei. Die meisten Influenzaviren in Australien seien aktuell Typ A.

Die Welle ist auch in den Spitälern spürbar: Mehr als 4000 Menschen mussten bereits wegen Grippe ins Spital. Damit übersteigt die Zahl der Spitaleinweisungen bereits jetzt die des gesamten Jahres 2019 um rund 1000 Fälle. Die schlimmste Grippewelle grassierte 2017 in Queensland. Damals waren 6079 Personen hospitalisiert worden. Dies könnte in diesem Jahr übertroffen werden. "Queensland ist auf dem Weg zur schlimmsten Grippesaison seit sieben Jahren", schreibt das Nachrichtenportal News.com.au.

Grippe, Covid-19 und RSV werden parallel kursieren.
Andreas Widmer
Infektiologe, Schweiz

Ältere und Kleinkinder im Spital

Besonders ist in diesem Jahr: Nicht nur ältere Personen erwischt es schwer, sondern auch junge. Die Zahl der Kleinkinder, die wegen einer Grippe ins Spital eingeliefert werden, hat sich in der vergangenen Woche mehr als verdoppelt.

Laut dem Schweizer Infektiologen Andreas Widmer bedeutet das Geschehen in Australien nichts Gutes für den Winter: "Das kommt zu uns, Australien ist unser Indikator." Er sieht zudem nicht nur eine Grippewelle auf uns zurollen. "Grippe, Covid-19 und RSV werden parallel kursieren."

Überwachung hochfahren, Tests bereithaben, impfen

Umso wichtiger sei die Vorbereitung, so Widmer. "Eine Welle kommt ja nicht von jetzt auf gleich, sondern baut sich langsam auf." Spitälern und Arztpraxen empfiehlt er, einen sogenannten Triple-Test – Schnelltests, die gleichzeitig auf Covid-19, Grippe und RSV testen – parat zu halten, um bei schweren Atemwegsinfektionen schnell und richtig therapieren zu können. Das helfe, das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu bewahren. Risikopatienten rät er indes zur Impfung – sowohl gegen Covid-19 als auch gegen Grippe und – sobald verfügbar – gegen RSV. Diese reduzierten das Risiko schwererer Verläufe.

"Die Saison ist noch nicht vorbei"

Walter Zingg, leitender Arzt an der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Unispitals Zürich, findet es dagegen "schwierig, bereits jetzt Prognosen für die Grippesaison bei uns zu machen". Er hält es auch für "zu früh, von einer 'starken Welle' in ganz Australien zu sprechen". Anhand der Kurve in Australien "lässt sich noch nicht abschätzen, wie heftig die Grippewelle dort wirklich ist – und es gibt zwischen den Territorien große Unterschiede. In einigen nimmt die Zahl der neuen Fälle ab, in anderen wie Queensland nimmt die Zahl recht eindrücklich zu." Es gelte abzuwarten. "Die Saison ist noch nicht vorbei."

Impfung wird empfohlen

In einem Punkt stimmt Zingg mit Widmer überein – die Grippeimpfung.  "Auf jeden Fall sollen die vulnerablen Gruppen, also die Über-60-Jährigen und Menschen mit einer Immunschwäche geimpft werden." Empfohlen wird die Grippeimpfung zudem auch chronisch Erkrankten, Schwangeren sowie Kinder ab dem vollendeten 6. Lebensmonat und allen Personen, "die regelmäßig Kontakt zu den erwähnten Risikogruppen haben, zum Beispiel Personen, die in Heimen oder im Gesundheitswesen arbeiten".

Kleine Impfrate, große Welle

Infektiologe Zingg vermutet die niedrige Impfrate in Australien als Grund für die dortige Influenzawelle. Die Daten aus Queensland zeigten, dass "weniger als 15 Prozent der mit Grippe ins Spital eingelieferten Kinder geimpft waren". Die Hospitalisationen beträfen vor allem die Über-65-Jährigen, "die eben auch eine niedrigere Impfrate als in früheren Jahre aufweisen".

Gratis-Impfung

Um die Situation zu entschärfen, bietet Queensland seinen Bewohnern die Impfung nun gratis an. "Es ist absolut wichtig, dass sich jeder, der kann, gegen Grippe impfen lässt, um die am stärksten gefährdeten Menschen in unserer Gemeinschaft zu schützen", sagte Premierminister von Queensland, Steven Miles. "Aus diesem Grund bieten wir die Grippeimpfung kostenlos an, damit die Kosten kein Hindernis für Ihre Sicherheit und Gesundheit darstellen." Queensland ist der einzige Bundesstaat Australiens, der seinen Einwohnern kostenlose Grippeimpfungen anbietet.

Auf den Punkt gebracht

  • In Australien breitet sich eine heftige Grippe aus, die als Vorschau auf den bevorstehenden Winter in anderen Ländern betrachtet werden kann
  • Die Grippeimpfung wird als besonders wichtig erachtet, da die Anzahl der Grippefälle in Australien stark ansteigt und auch junge Menschen betroffen sind
  • Experten empfehlen, sich auf eine mögliche Welle von Grippe, Covid-19 und RSV vorzubereiten und entsprechende Tests und Impfungen bereitzuhalten
  • Die niedrige Impfrate in Australien wird als möglicher Grund für die starke Grippeepidemie angesehen, und Queensland bietet seinen Bewohnern nun kostenlose Grippeimpfungen an, um die Ausbreitung einzudämmen
red, 20 Minuten
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