Ukraine
Heeres-Oberst deckt vernichtende Ukraine-Wahrheit auf
Oberst Markus Reisner donnert gegen die Waffen-Strategie des Westens im Ukraine-Krieg. Gleichzeitig deckt er eine unangenehme Wahrheit auf.
Seit mehr als einem Jahr führt Wladimir Putin nun schon seine mörderische Invasion der Ukraine. Der versuchte Enthauptungsschlag in Kiew der russischen Armee ist missglückt. Nach einigen Gegen-/Offensiven sind die Fronten beinahe einzementiert, die "Spezialoperation" ist zu einem blutigen Stellungskrieg geworden, der auf beiden Seiten zu horrenden Verlusten geführt hat.
In der ostukrainische Stadt Bachmut zeichnet sich nun nach monatelanger Belagerung durch die russische Armee die nächste richtungsweisende Entscheidung ab. Hier ist es den Söldnern der Gruppe Wagnern durch das in Kauf nehmen von zehntausenden Todesopfern in den eigenen Reihen gelungen, den Ostteil der Stadt einzunehmen. Jewgeni Prigoschin veröffentlichte am 8. März 2023 ein Video, das ihn vor einem dort lokalisierten Denkmal zeigt, als Beweis.
Die Stadt ist mittlerweile von drei Seiten durch die russische Armee eingekesselt, die letzte ukrainische Versorgungs- und potenzielle Fluchtroute befindet sich bereits in Reichweite der feindlichen Geschütze. "Wir können nicht ausschließen, dass Bachmut in den nächsten Tagen fällt", sagte auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch am Rande von Beratungen mit den EU-Verteidigungsministern in Stockholm.
Bachmut wird zum Symbol
Dennoch will Ukraines Präsident Wolodimir Selenski Bachmut so lange wie möglich halten – darüber bestehe Einigkeit in der militärischen Führung in Kiew. Die Stadt habe "erste Priorität". Der Fall Bachmuts würde Russland den Weg in andere Landesteile bahnen, warnte Selenski. "Deswegen stehen unsere Jungs dort."
Es steckt aber auch viel politische und vor allem symbolische Motivation dahinter. Die Ukraine will sich und dem Westen beweisen, dass den Invasoren keinen Meter Boden kampflos überlassen wird. Die eigenen Verluste wie auch die der Russen sind enorm hoch.
"Die Stadt zu kontrollieren, erlaubt der russischen Armee, wichtige Verteidigungslinien der Ukraine zu durchbrechen", erklärte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu das Festhalten an der "Fleischwolf"-Offensive kürzlich im russischen Fernsehen. Ein Durchbruch würde zwar auch eine strategischen Vorteil bringen, kriegsentscheidend wäre er laut Expertenmeinungen aber nicht, da bereits im Hinterland durch die Ukrainer weitere Verteidigungslinien errichtet wurden. Auch für den Kreml geht es wohl hier vorrangig um die Symbolkraft eines solch dringend benötigten Sieges.
"Zu viel, um zu sterben. Zu wenig, um zu leben"
Auch wenn die Augen der Welt nun vorrangig auf Bachmut gerichtet sind, werden viel grundlegendere Dinge am Ende über Sieg oder Niederlage in diesem Krieg entscheiden. Markus Reisner, Oberst der Garde des Österreichischen Bundesheeres, glaubt nicht an eine schnelle endgültige Entscheidung auf dem Schlachtfeld.
"Das Problem ist, dass Abnützungskriege leider die Herausforderung haben, dass sie geführt werden, bis einer Seite die Ressourcen ausgehen oder die Bevölkerung nicht mehr bereit ist, das Leid des Krieges mitzutragen", schilderte der Bundesheer-Offizier im Podcast "Erklär mir die Welt" die prekäre Situation.
Die Ukraine in ihrer gesamten Verteidigungsstrategie von den Waffenlieferungen des Westens abhängig. Aber: "Was der Westen der Ukraine liefert, ist zu viel, um zu sterben, und zu wenig, um zu leben."
Angst vor Atomschlag
Das stößt Reisner sichtlich sauer auf. Der Westen, die NATO, liefere immer nur gerade so viele Waffen, um einen Ausgleich auf dem Gefechtsfeld erzielen zu können. Jedes Mal, wenn aus der symmetrischen Situation eine asymmetrische zugunsten Wladimir Putins Truppe wird, versuche man mit neuen Waffen gegenzusteuern. Dabei überlässt man den Ukrainern aber nie so viel, dass sie selbst damit einen überragenden Vorteil gegen die Russen erlangen.
Reisner kennt den Grund für diese nach außen hin oftmals irrational erscheinende Zurückhaltung bei der militärischen Unterstützung der Ukraine: "Furcht". Die westlichen Entscheidungsträger hätten Angst vor einer möglichen irrationalen Handlung des Kreml-Despoten, sollte seine Armee in die Enge getrieben werden. Der Garde-Oberst benennt klar, was damit gemeint ist: "Möglicherweise einen Einsatz von Atomwaffen."
"Frosch" Putin wird "gekocht"
Die Strategie auf Seiten der NATO sei es deshalb, dafür zu sorgen, "dass die Ukraine nicht kollabiert oder untergeht", sagt Reisner weiter: "Man hofft, dass die Russen von selbst draufkommen, dass es keinen Sinn mehr macht, hier weiterzukämpfen, und aufgeben", oder die Bevölkerung an der Heimatfront dagegen aufbegehrt.
Im Militärjargon nenne man das "boiling the frog": "Man kocht den Frosch und hofft, dass der bewusstlos wird und stirbt und nicht vorher aus dem Häferl heraushüpft. Damit nimmt er Bezug auf den Mythos, wonach ein Frosch sich langsam erhitzendes Wasser erst bemerkt, wenn es für ihn längst zu spät ist.
Vernichtende Wahrheit aufgedeckt
Das westliche Spiel mit der Waffen-Parität ist also kaum ein Ausweg für die Ukraine: "Das Fatale daran ist, dass das heißt, dass sich der Krieg in die Länge zieht." Das Sterben werde weitergehen und sowohl Ukrainer und Russen gezwungen sein, immer mehr Menschen in die Schützengräben zu schicken.
Gleichzeitig deckt Reisner auch eine vernichtende Wahrheit auf, die viele Ukraine-Sympathisanten ausblenden oder vielleicht gar nicht wahrhaben wollen: Die Ukraine ist – abzüglich der Flüchtlinge im Ausland – ein Land mit 35 Millionen Einwohnern. Ihr gegenüber stehen aber 143,4 Millionen Russen.
Selbst wenn die NATO in der Waffenproduktion mit Russland mithalten kann und die modernsten Waffen liefert, all das bringt am Ende aber nichts, wenn keine Verteidiger mehr übrig sind, die den Abzug betätigen können.
Keiner will Friedensverhandlungen
Doch warum gibt es nicht schon längst Friedensverhandlungen? Die Antwort ist so einfach wie für viele Außenstehende wohl unverständlich: weil noch niemand Frieden will.
Weder in Moskau, noch in Kiew bestehen derzeit Interessen an einer diplomatischen Lösung, da beide Seiten weiter an ihren Maximalzielen festhalten. Beide Kriegsparteien sind laut Reisners Einschätzung weiterhin überzeugt, noch auf dem Schlachtfeld siegen und damit einen Vorteil für etwaige spätere Verhandlungen rausschlagen zu können. Solange das so bleibt, heißt es weiterhin Njet zur Diplomatie.
Das Dilemma für die Ukraine: Sollte Selenski jetzt nachgeben, würden die Russen niemals eine Notwendigkeit für richtige Verhandlungen sehen. Friert der Konflikt etwa bei einem Waffenstillstand ein, hätte die Ukraine riesige Teile ihres Territoriums auf Dauer verloren – eine Lose-Lose-Situation.
So wird der Krieg enden
Auch Putin hat bisher weder den Donbass "befreit", was sein Minimalziel wäre, noch die anderen beiden Oblasten, die er illegal annektiert hat, bisher vollständig erobern können. Er braucht erst noch einen Erfolg, den er seinen Bürgern als solchen auch verkaufen kann, ehe er diesen Krieg ohne Schaden für sein eigenes Image und damit seinen Machtanspruch beenden kann.
Am Ende des Tages werde es aber eine Lösung auf dem Verhandlungstisch geben, das sei laut Reisner in der Kriegsgeschichte immer der Fall gewesen – "unabhängig davon, ob jetzt die eine Seite komplett zusammengebrochen ist und kapituliert hat, oder es eine Art Waffenstillstand gab".
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