Luftraum ungeschützt

Heeres-Blamage folgt Schlammschlacht der Ministerien

Wegen Personalmangels und Überstundenabbau der Heeres-Fluglotsen war Österreichs Luftraum völlig ungeschützt. Die Blamage hat nun heftige Folgen.

Newsdesk Heute
Heeres-Blamage folgt Schlammschlacht der Ministerien
Flügellahm durch Personalmangel in Zeltweg: Eurofighter des Bundesheeres mussten am Wochenende am Boden bleiben.
HARALD SCHNEIDER / APA / picturedesk.com

Österreichs Luftraum war am Wochenende völlig ungeschützt, unsere Eurofighter flügellahm an den Boden gefesselt. Sie hätten weder eindringende unbekannte Flieger noch fehlgeleitete Kampfdrohnen abfangen können.

Es ist eine Blamage sondergleichen für das Bundesheer und die österreichische Landesverteidigung. Die Enthüllung – "Heute" berichtete – sorgt nun für hohe Wellen und eine politische Schlammschlacht zwischen den zuständigen Ministerien. Ja, Plural.

Der Grund war dieses Mal nicht etwa ein technisches Problem an den millionenschweren Kampfjets, sondern der akute Personalmangel am Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg. Besonders Fluglotsen wollen immer seltener die olivgrüne Uniform überstreifen, die wenigen, die dem Heer noch geblieben sind, mussten Überstunden abbauen. Aber auch weitere Teile der Belegschaft seien von dem Missstand betroffen gewesen.

"Diese Maßnahme war, dass keine weiteren Überstunden, bevor das gesamte System implodiert", konstatiert der Kommandant der Luftstreitkräfte, Brigadier Gerfried Promberger, Montag im Ö1-Mittagsjournal. Wer in Zeltweg an und im Flugbetrieb arbeite, schiebe im Schnitt zwischen 50 und 77 Überstunden im Monat. Er habe auch eine Fürsorgepflicht gegenüber der Belegschaft, so der Offizier.

"Tragweite der Problematik nicht erkannt"

Im Ö1-Journal ist von bürokratischen Hürden und Machtkämpfen zwischen dem grünen Beamten- und Verteidigungsministerium von Klaudia Tanner (ÖVP) die Rede. Es tobt inzwischen öffentlich eine Schlammschlacht.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (m.) sah das Heeres-Versagen mit Anlauf nicht kommen.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (m.) sah das Heeres-Versagen mit Anlauf nicht kommen.
HBF/ Carina Karlovits / OTS

Generalstabschef Rudolf Striedinger hing am Wochenende die Verantwortlichkeit Werner Kogler um. Der Grünen-Chef ist nämlich auch Bundesminister für öffentlichen Dienst (BMKÖS) und somit für die Beamten-Besoldung zuständig. Diese ist nicht attraktiv genug, die gefragten Spezialisten bekommen in der zivilen Luftfahrt ein deutlich höheres Salär bei gleicher Arbeit. Kaum einer ist deshalb noch bereit, zum Militär zu gehen.

Das Problem sei lange bekannt, man arbeite "seit Jahren" an der Lösung, schoss Striedinger: "Dazu gab es unzählige Gespräche mit dem BMKÖS, das jedoch die Tragweite der Problematik nicht erkannt hat oder nicht erkennen wollte."

BMKÖS: Wir wissen von nichts

Im Beamtenministerium reagierte man mit Befremdung auf die Aussagen der Uniformträger:  "Das Bundesministerium für öffentlichen Dienst weist jegliche Verantwortlichkeit in dieser Frage zurück. In den vergangenen Jahren wurde die Drastik dieser Situation in keinem Gespräch seitens des BMLV aufgebracht", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Man stehe aber zur "Lösung der Problematik" bereit.

Das ist Mumpitz, sagt Promberger sinngemäß: "Es hat mehrere Gespräche gegeben. Es hat auch Arbeitsplatzbesichtigungen gegeben. Beispielsweise letztes Jahr im Oktober, wo wir Vertreter des BMKÖS sehr wohl eingeladen haben, um ihnen die Thematik und Problematik darzulegen. Zu sagen, wir hätten das nie erwähnt, ist... das kann ich nicht bestätigen."

Das ist der Eurofighter Typhoon

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    Seit 2007 ersetzt der Eurofighter Typhoon in Österreich den Saab J35Ö Draken, der seit den 1980ern im Einsatz war.
    Seit 2007 ersetzt der Eurofighter Typhoon in Österreich den Saab J35Ö Draken, der seit den 1980ern im Einsatz war.
    BMLV

    Ein Vierteljahrhundert Streit

    Es krankt allerdings überall beim Personal, nicht nur bei den Fluglotsen: "Das gleiche gilt für die Flugtechniker und in anderen Bereichen wo es um Experten geht, wo es um eine wirkliche Konkurrenz zum zivilen Arbeitsmarkt geht", beklagt der frühere Logistikchef des Bundesheeres, Andreas Pernsteiner, in Ö1. Bei den Piloten habe man den Sold mittels Sonderverträgen auf das zivile Gehaltsniveau anheben können, anderswo gibt es diese noch nicht.

    Auch Pernsteiner sieht dysfunktionales Zusammenspiel mit dem Beamten-Ressort ursächlich: Tanner habe als Verteidigungsministerin zwar die Organisationsgewalt, andererseits habe das BMKÖS mit der Arbeitsplatzbewertung einen Hebel in der Hand, der gerade auf das Bundesheer oft negative Auswirkungen habe. "Eingebürgert hat es sich über die letzten 25 Jahre – so lange geht das schon –, dass de facto das Beamtenministerium die Organisationsgewalt ausübt und sagt, diesen Arbeitsplatz braucht das Militär nicht".

    Es gehe auch um Zulagen für militärische Beamte, die ein ziviler Beamter nicht bekomme. Das spiele bei Entscheidungen des BMKÖS eine Rolle – mit schadhaftem Resultat für die Landesverteidigung, so Pernsteiner.

    Lage "bleibt weiter prekär"

    Die Einsatzbereitschaft der Eurofighter ist unsicher. Die Lage "bleibt weiter prekär", so das Verteidigungsministerium. Tanner, die selbst erst bei Akutwerdung von der Heeres-Blamage erfahren haben will, hat den Generalstab mit der Suche nach Alternativlösungen beauftragt.

    Die Verteidigungsministerin fordert deshalb auch eine Personalhoheit für das Bundesheer. Das dürfte wohl auch Thema bei den kommenden Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS werden.

    Die Austro-Ampel beginnt mit Regierungsgesprächen

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      Am Montag beschlossen ÖVP, SPÖ und NEOS in die Regierungsverhandlungen überzugehen.
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      Helmut Graf
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        Fotos: iStock; Sabine Hertel

        Auf den Punkt gebracht

        • Österreich kann seinen Luftraum derzeit nicht verteidigen, da die Eurofighter aufgrund von Personalmangel bei Fluglotsen und Feuerwehr nicht abheben können, obwohl die Jets einsatzbereit sind
        • Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hat schnelle Lösungen versprochen, während Generalstabschef Rudolf Striedinger die Schuld beim Grünen Vizekanzler Werner Kogler sieht, dessen Ministerium für die Besoldung zuständig ist
        red
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