Wirtschaft

Handel schlägt Alarm – 6.000 Betrieben droht Schließung

Nicht nur Private leiden unter den massiven Teuerungen. Auch der Handel hat mit der Rekordinflation zu kämpfen. 6.000 Betrieben droht die Schließung.

Michael Rauhofer-Redl
Die Mariahilfer Straße - beliebte Einkaufsmeile in Wien.
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Clemens Fabry / Die Presse / picturedesk.com

Der österreichische Handel musste im zweiten Quartal 2022 laut Statistik Austria einen inflationsbereinigten Umsatzrückgang von -3,3% verkraften, das berichtet der Handelsverband (HV) am Montag in einer Aussendung. Im Lebensmitteleinzelhandel liegt das Minus  sogar bei -5,1%. Dramatisch ist die Situation im KfZ-Handel: Hier beträgt das Minus nämlich 17,3%. Der preisbereinigte Halbjahresvergleich 2022 (vs. 1. HJ 2021) zeigt für den gesamten Handel keine Umsatzveränderung. Allerdings hatten die heimischen (Non-Food-)Handelsbetriebe im ersten Halbjahr 2021 bis zu acht Lockdown-Wochen geschlossen. Daher wird hier tatsächlich ein dickes Minus verzeichnet.

Situation im KfZ-Handel dramatisch

"Der Handel verzeichnete heuer im zweiten Quartal in fast allen Warengruppen deutliche Verluste aufgrund der multiplen Krisen, die einen massiven Kaufkraftrückgang ausgelöst haben. Das dickste Minus hat der Autohandel, bei dem die Umsätze in Q2 im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel eingebrochen sind. Für die Branche ist das ein Kahlschlag sondergleichen. Im Lebensmitteleinzelhandel zeigt das Minus von 5,1 Prozent deutlich, dass sich drei Viertel aller Menschen inflationsbedingt auf den Kauf günstiger Lebensmittel beschränken müssen", bilanziert Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

"Die neuesten Zahlen der Statistik Austria und das jüngste Konsumbarometer des Handelsverbandes bestätigen die dramatische Lage im Handel, auf die wir seit Monaten hinweisen. 83 Prozent der Bevölkerung bereitet die Teuerung große Sorgen. Bereits ein Viertel der Menschen hat Konsumschulden, ein Fünftel muss sich auf den Kauf lebensnotwendiger Güter beschränken. Die Verdoppelung der Insolvenzen ist ein erstes Resultat dieser Effekte. Wenn die Politik nicht rasch gegensteuert, droht 6.000 Handelsbetrieben bis Jahresende die Schließung", so der Sprecher des österreichischen Handels.

Investitionsstopp bei 60% der KMU Händler

Bereits jetzt sei klar, dass viele Geschäfte des nicht-lebensnotwendigen österreichischen Handels im dritten und vierten Quartal 2022 einen Überlebenskampf führen würden, befürchtet der Handelsverband. Der Flächenschwund im Non-Food-Handel – minus 500.000 Quadratmeter in 2021 – werde sich heuer zudem wegen der Energiekrise und der Teuerungswelle eklatant beschleunigen.

Laut einer bundesweiten Befragung des Handelsverbandes werden im Gesamtjahr 2022 42% der österreichischen Händler aufgrund der explodierenden Kosten für Strom und Gas einen Verlust erwirtschaften, wobei insbesondere KMU-Betriebe (Klein und mittlere Unternehmen) betroffen sind. 60% der kleinen und mittelgroßen Handelsbetriebe haben bereits mit einem Investitionsstopp reagiert.

Boom beim Onlinehandel vorbei

Hinzu kommt laut HV: "Selbst der Onlinehandel, unser Wachstumskaiser in der letzten Dekade und gallisches Dorf während des ersten Coronapandemie-Jahres, kommt inflationsbedingt ins Straucheln. Im zweiten Quartal 2022 sind die Umsätze hierzulande um 4,8 Prozent eingebrochen. Der eCommerce-Boom ist bis auf weiteres vorbei", sagt Will.

HV fordert Unterstützung der Politik

Die Gründe liegen für den HV auf der Hand: Die Energie-Krise, der Ukraine-Krieg, die höchste Inflationsrate seit 1975, der schwache Euro und die pandemiebedingten Kapazitätseinschränkungen in Asien stellen für den österreichischen Handel, der in Österreich 600.000 Mitarbeiter beschäftigt, eine existenzielle Bedrohung dar. Die Herausforderungen werden sich 2023 noch verstärken, wenn die Energiepreiserhöhungen bei den Konsument und Unternehmer voll schlagend werden und die verfügbare Kaufkraft weiter sinkt. 6.000 Händler geben an bis Jahresende zu schließen, daher braucht es eine zeitnahe politische Reaktion auf diese Ausnahmesituation, auch um Stadt- und Ortskerne zu erhalten.

► Energiekostenzuschuss für alle Handelsbetriebe
► Umfassende Arbeitsmarktreform, um dem Personalmangel entgegenzuwirken
► Durchgängige Abgaben- und Gebührenreform (u.a. Abschaffung der Mietvertragsgebühr)
► Weitere substanzielle Senkung der Lohnnebenkosten zur Entlastung der österreichischen Unternehmen

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