Nach Rekord-Regen

Hätte Wien-Flut verhindert werden können?

Am Samstag wurde Döbling durch eine Regenflut überschwemmt. Für die FPÖ ist die Kanalisation die Ursache. Verantwortliche und Experten kontern.

Roman Palman
Hätte Wien-Flut verhindert werden können?
Die Unterführungen am Bahnhof Heiligenstadt und der Gunoldstraße wurden bei dem Unwetter am 17. August geflutet. Für Klemens Resch (FP) ist mangelhafter Ausbau der Kanalisation die Ursache.
Screenshot Instagram/Klemens Resch

"Die Überschwemmungen in Döbling hätten eingedämmt oder sogar ganz verhindert werden können", behauptet FPÖ-Bezirksparteiobmann Klemens Resch am Tag nach dem Mega-Gewitter, das mit Rekord-Regen Teile des 19. Wiener Gemeindebezirks geflutet hatte.

"Etwa jeden dritten Sommer steht Heiligenstadt unter Wasser und die Stadtregierung tut so als wäre das Problem zu lösen, indem man mit dem Fahrrad statt mit dem Auto auf Urlaub fährt. Nicht der 'menschengemachte' Klimawandel, sondern das menschengemachte Kanalnetz verursachen diese Überschwemmungen", meint der Bezirksblaue.

Das sei eine "einfache Wahrheit". Einfach vielleicht, allerdings beißt sie sich mit der Realität:

Wien Kanal reagiert auf Kritik

Das Wiener Kanalnetz mit 2.500 Kilometern Länge sei in einem "einwandfreien, funktionsfähigen Zustand", erklärt Josef Gottschall, Unternehmenssprecher der zuständigen Wien Kanal (WKN), gegenüber "Heute". Es habe während des Unwetters weder Gebrechen noch Störungen gegeben. Er stellt klar: "Ein Unwetter wie am 17. August hat nichts mit dem Zustand eines Abwasserkanals zu tun!"

BILDERSTRECKE: Döbling unter Wasser! Autos stehen nach Flut still

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    Ein kurzes, aber kräftiges Unwetter hat in Wien heftige Überflutungen hinterlassen.
    Ein kurzes, aber kräftiges Unwetter hat in Wien heftige Überflutungen hinterlassen.
    Leserreporter

    Döbling wurde von dem Mega-Gewitter direkt getroffen. Binnen einer Stunde fielen 94,1 Liter pro Quadratmeter – das ist mehr als durchschnittlich im gesamten August (etwa 70 l/m²) bzw. fast die Hälfte des gesamten Sommerniederschlags (etwa 210 l/m²). Und das alles eben in kürzester Zeit.

    Die zuvor wochenlange Trockenheit und die zunehmende Versiegelung beeinträchtigen freilich die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden zusätzlich. Dadurch wird immer mehr Regen in die Kanalisation abgeleitet, statt zu versickern.

    "Dazu wurde Kanalisation nicht errichtet"

    Die WKN-Analyse der Regenintensität aus Radarbildern zeichnet jedenfalls ein beklemmendes Bild: "Daraus hat sich für die ca. 70 Minuten Regendauer eine Gesamtmenge von rund einer Milliarde Liter Regenwasser (!!!) für den gesamten Bezirk ergeben", rechnet Gottschall vor.

    Das Döblinger Kanalnetz sei 120 Kilometer lang. Um den Regen vom 17. August unterzubringen, müssten es etwa elf Mal so groß gebaut werden.

    "Um das vollständig zu speichern, benötigt man ein Becken mit 100 Meter Breite, 10 Meter Tiefe und 1 Kilometer Länge." Und: Um diese Wassermassen auch abzuführen, "müssten wir die gesamten Straßen mit Gitterrosten abdecken."

    Der Wien-Kanal-Sprecher spült damit die Polit-Kritik weg: "Kein Kanalsystem der Welt kann derartig große Regenmengen aufnehmen und die Stadt vor Überflutungen schützen. Dazu wurde die Kanalisation nicht errichtet."

    Meteorologen: "Wenig passiert"

    Unabhängig von den Wiener Kanalwächtern bestätigen Meteorologen und Klimaforscher im "Heute"-Gespräch deren Angaben. UBIMET-Wetterexperte Steffen Dietz etwa zeigte sich am Sonntag "überrascht, dass nicht mehr passiert ist". Er führte dies unter anderem auf das gut ausgebaute Kanalnetz der Stadt zurück.

    Überflutete Straßen und Häuser – Unwetter-Chaos in Wien

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      Es schüttete am 17. August 2024 in Wien in Strömen und dauerte nur Minuten, doch ...
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      Leserreporter

      Es sei ein "außergewöhnliches Ereignis" für Wien gewesen, sagt GeoSphere-Klimatologe Alexander Orlik im Gespräch mit "Heute". In diesem Ausmaß komme das seltener als einmal alle 50 Jahre vor.

      Mehr Starkregen durch Klimawandel

      Ein durchschnittliches Gewitter bringt es eigentlich nur auf etwa 10 bis 20 Liter pro Quadratmeter Niederschlag, ein statistischer Ausreißer im Sommer in der Regel nur bis zu 40 Liter – also weit weniger als das, was da am Samstag vom Himmel kam. Geflutete Keller und Straßen seien da zu erwarten gewesen, doch trotzdem sei in Döbling "für diese Regenmengen relativ wenig passiert", so Orlik.

      Er hebelt die zweite FPÖ-Aussage aus: Der Klimawandel hat sehr wohl damit zu tun. Durch die Erderhitzung haben sich die Wahrscheinlichkeiten hin zu längeren Trockenperioden und einer Zunahme von Starkregen-Ereignissen verschoben.

      Dafür werden laue Sommerregen, wie wir sie früher kannten immer weniger, so dass die Niederschlagssumme in den Sommermonaten etwa gleich bleibt. Das zeigen zum einen die Messdaten der vergangenen Jahre – und laut den Klimaprognosemodellen wird sich dies noch verschärfen.

      Die Bilder des Tages

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        privat, iStock

        Auf den Punkt gebracht

        • Die FPÖ behauptet, dass die Überschwemmungen in Döbling durch eine gut ausgebaute Kanalisation verhindert hätten werden können, was jedoch von Wien Kanal und Meteorologen widerlegt wird
        • Die extremen Regenmengen, die zu den Überschwemmungen geführt haben, hätten von keinem Kanalsystem aufgenommen werden können, und Experten bestätigen, dass der Klimawandel zu einer Zunahme von Starkregen-Ereignissen führt
        rcp
        Akt.