Wien

"GUFO-Alarm" in Meidling: So baut Wien Fernwärme aus

Die hohen Preise für Gas lassen immer mehr Wiener nach Heiz-Alternativen suchen. Eine Antwort kann Fernwärme sein, das Netz wird laufend ausgebaut.

Louis Kraft
Teilen
1/4
Gehe zur Galerie
    Immer mehr Wiener suchen einen Weg "Raus aus Gas". Eine Alternative kann Fernwärme sein.
    Immer mehr Wiener suchen einen Weg "Raus aus Gas". Eine Alternative kann Fernwärme sein.
    Sabine Hertel

    Der Ukraine-Krieg treibt die Gaspreise in schwindelnde Höhen. Als ob die jetzt schon hohen Preise für Gas und Treibstoffe nicht genug wären, warnen Experten nun auch vor einer Verdopplung der Kosten im kommenden Winter, wir haben berichtet. Rund 420.000 Haushalte, als über die Hälfte aller Haushalte Wien kochen und heizen derzeit mit Erdgas. Und immer mehr suchen Alternativen. 

    Weiter warten auf Entscheidung über Preiserhöhung, ÖVP lässt auf Monopol prüfen

    Bei Wien Energie glühen derzeit die Leitungen heiß. Ein Hauptthema sind dabei die Versorgungssicherheit und der Umstieg auf alternative Wärmequellen wie Fernwärme oder Wärmepumpen. Für Fragen sorgt wohl auch die Ankündigung von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), eine Preiserhöhung der Fernwärme prüfen zu lassen. Eine Entscheidung dazu steht aber noch aus. 

    Rasch entschieden war hingegen die ÖVP Wien bei der Anrufung der Bundeswettbewerbsbehörde. Stadtrat Karl Mahrer und Klubchef Markus Wölbitsch warnen vor einer Monopolstellung von Wien Energie. "Während es bei Strom und Gas die Möglichkeit gibt, zu alternativen Anbietern zu wechseln, bleibt diese Möglichkeit den Kunden der Fernwärme in Wien verwehrt". 

    650 neue Fernwärmeleitungen in Meidling

    Währenddessen baut die Stadt das Wiener Fernwärmenetz laufend aus. Denn längst sind noch nicht alle Grätzl in Wien angeschlossen, ob Deines dabei ist, kannst Du hier online checken. Jüngstes Beispiel für die Erweiterung der Fernwärme ist die neue Anlage im Stadttteil Wolfganggasse in Meidling. Rund 850 Wohnungen werden hier angeschlossen. Dafür verlegt Wien Energie gut 650 Meter an neuen Fernwärme-Leitungen im Grätzl. Über dieses lokale Leitungsnetz fließt die Wärme dann in die Wohnungen.

    "GUFO" gelandet: Von der Hauptleitung ins Grätzl

    Bis die Wärme in den Wohnzimmern ankommt, legt sie einen langen Weg zurück. Über ein 1.300 Kilometer langes Leitungsnetz fließt die Fernwärme in Form von heißem Wasser durch Wien. Im Primärnetz – also den Hauptleitungen der Fernwärme – hat das Wasser eine Temperatur von bis zu 145 Grad Celsius. So eine hohe Temperatur ist möglich, weil der Druck in den Leitungen entsprechend hoch ist. Von diesem zentralen Netz wird die Wärme über sogenannte "Gebietsumformer", von Technikern oft liebevoll auch "GUFO" genannt, in die lokalen Leitungen in den Wiener Grätzln geleitet.

    In diesen Umformer-Stationen stehen Wärmetauscher, die dem zentralen Netz die Wärme entziehen und diese an das lokale Netz abgeben. Im lokalen Netz hat das Wasser dann – je nach Außentemperatur – eine Temperatur zwischen 63 und 90 Grad Celsius. Das ist mehr als genug, um Wohnungen auf angenehme Temperaturen zu heizen. Die GUFOs sind also so etwas wie Autobahn-Abfahrten für die Fernwärmeversorgung, bei denen die hohe Temperatur auf eine niedrigere gedrosselt wird.

    Fernwärmenetz wächst pro Jahr bis zu 20 Kilometer

    Mittlerweile betreibt Wien Energie rund 570 solcher Gebietsumformer-Stationen in der ganzen Stadt. Zu sehen bekommt man diese normalerweise nicht, sie befinden sich gut versteckt unter der Erde oder in Kellern. Der "GUFO" Wolfganggasse etwa liegt fünf Meter unter Straßenniveau. Von dort aus, versorgen sie Wohnhäuser, aber auch Hotels, Spitäler und Büros mit Fernwärme.

    Jedes Jahr schließt Wien Energie zigtausende neue Wohnungen an die Fernwärme an. Das Fernwärmenetz wächst jährlich ungefähr zehn bis 20 Kilometer. Für die Erzeugung der Fernwärme werden Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Müllverbrennung und Abwärme genützt, für immerhin Zweidrittel wird aber auch Gas gebraucht. Bis 2040 will Wien Energie die Fernwärme dann komplett aus erneuerbaren Quellen erzeugen.