Warnung von Experten
Green Deal könnte durch Verbrenner in Rauch aufgehen
Der Deal ist die Erneuerung der EU mit Ziel Klimaneutralität bis 2050. Ein Verbrenner-Aus ist Teil des Plans, könnte ihn aber zum Scheitern bringen.
Die Entscheidung über das Verbot von Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor ab 2035 könnte nach den bevorstehenden EU-Wahlen abgeschwächt werden. Expertinnen und Experten sehen in diesem Fall Auswirkungen auf das Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor.
Stärker ins Gespräch kommen synthetische Kraftstoffe, wie E-Fuels, die trotz ihres geringen Wirkungsgrades etwa als Übergangstechnologie oder Nischenfüller dienen könnten. Das ist im Pkw-Bereich aber stark umstritten.
Die kritischen Stimmen aus der Politik gegenüber eines solchen Verbots sind in den vergangenen Monaten lauter geworden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat schon mal vorsorglich betont, dass die EU-Entscheidung im Jahr 2026 überprüft wird. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hält das sogenannte Verbrenner-Aus für "den falschen Weg". Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr, bezweifelt, dass das Verbot in der jetzigen Form hält. Er verweist auf EU-weit zu knappe Fristen, etwa mit Blick "gen Osten".
Verbrenner-Aus entscheidend für Klimaziele
"Knapp 40 Prozent des CO2-Einsparpotenzials im Verkehrsbereich entfallen auf die Elektrifizierung von Pkws. Wenn man die Pläne für das Verbrenner-Aus zurücknimmt oder zeitlich nach hinten verschiebt, wird es für Österreich auf jeden Fall schwieriger, die klimapolitischen Zielsetzungen bis 2040 zu erreichen", erklärte Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften der Technischen Universität (TU) Wien im Gespräch mit der APA.
In Österreich würden rund 24 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Verkehrssektor pro Jahr anfallen. Alleine neun Millionen Tonnen könnten durch die Elektrifizierung des Pkw-Bestandes bis 2040 eingespart werden, verweist der Mobilitätsforscher auf Berechnungen, die aus dem Bericht des Umweltbundesamtes "Transition Mobility 2040" hervorgehen.
Darin heißt es auch, dass der technologische Wechsel von Verbrennungskraftmaschinen auf lokal emissionsfreie Antriebe ein "zentraler Baustein für die sektorenübergreifende Klimaneutralität im Jahr 2040" sei.
Elektrifizierung bringt riesiges CO2-Einsparpotenzial
Änderungen beim Verbrenner-Aus würden auch die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen oder Bussen beeinflussen, bei denen weitere fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente bis 2040 eingespart werden könnten.
"Insgesamt geht es um 14 Millionen Tonnen, also rund 60 Prozent der Emissionen im Verkehrsbereich, die relativ einfach vermeidbar wären. Viel schwieriger umzusetzen als die technologische Komponente sind die anderen Maßnahmen, die zum Erreichen der Klimaziele notwendig sind, wie beispielsweise Änderungen bei gebauten Strukturen - Stichwort Zersiedelung - oder Verhaltensänderungen", so Frey.
E-Fuels oder synthetische Kraftstoffe könnten in Bereichen eingesetzt werden, wo der Elektromotor noch nicht ausgereift genug sei oder es darum gehe, größere Massen zu transportieren. "Beim Pkw ist der Elektromotor aber viel effizienter. Hier kann man vier- bis fünfmal so viele Fahrzeuge mit derselben Energieeinheit betreiben wie mit E-Fuels, weil hier ein Umwandlungsprozess gemacht werden muss."
Mit einer Windkraftanlage mit drei Megawatt könnten 1.600 E-Fahrzeuge 20.000 Kilometer pro Jahr betrieben werden, aber nur 250 Fahrzeuge mit E-Fuels. "Das ist ein wirklich eklatantes Verhältnis", sagte Frey gegenüber der APA.
E-Fuels wegen geringem Wirkungsgrad in der Kritik
E-Fuels sind Treibstoffe wie Benzin, Diesel oder Kerosin, die jedoch nicht aus fossilem Erdöl, sondern aus Strom gewonnen werden. Bei der Verbrennung von synthetischen Kraftstoffen wird zwar CO2 ausgestoßen, da dies beim Herstellungsprozess der E-Fuels gebunden wird, gelten sie dennoch als deutlich klimafreundlicher als fossile Brennstoffe - abhängig davon, woher der Strom stammt.