Wien

Gluthitze, 8 Kilo weg – Wienerin bleibt im Hungerstreik 

Die Wissenschaftlerin hat inzwischen 8 Kilo verloren und ist untergewichtig. Ihr Protest richtet sich gegen den Lobautunnel und Bürgermeister Ludwig.

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Martha Krumpeck (29) hat seit 23 Tagen nichts gegessen. Mit ihrem Hungerstreik will sie auf Umweltzerstörungen aufmerksam machen und den sofortigen Stopp des Lobautunnels erreichen.
Martha Krumpeck (29) hat seit 23 Tagen nichts gegessen. Mit ihrem Hungerstreik will sie auf Umweltzerstörungen aufmerksam machen und den sofortigen Stopp des Lobautunnels erreichen.
Denise Auer

Martha Krumpeck (29) befindet sich seit 31. Mai im Hungerstreik, wir berichteten. Die Molekularbiologin und Aktivistin von "Extinction Rebellion" protestiert so gegen die globale Umweltzerstörung und konkret gegen den Bau des Lobautunnels. Von ihrem Platz auf der Wiese am Heldenplatz ist sie wegen der großen Hitze zum rechten Flügel des Äußeren Burgtors gewandert, dort sitzt sie jeden Tag. An Tag 23 ohne Essen trat Krumpeck im Café Prückel (City) vor die Presse und sprach über ihren Gesundheitszustand: "Ich bin verzweifelt, ein Hungerstreik ist das allerletzte Mittel. Ich hoffe, dass zumindest auf eine meiner Forderungen eingegangen wird und mache so lange weiter, wie meine Ärzte es erlauben. Inzwischen habe ich 8 Kilo abgenommen und bin deutlich untergewichtig", erklärte Krumpeck. Im Gespräch mit "Heute" (Video unten) wirkte sie entschlossen, längeres Stehen schien ihr aber eine große Anstrengung und sie musste sich setzen.

Aktivistin und Molekularbiologin Martha Krumpeck (links), Hungerstreik-Unterstützer Josef Etzelsdorfer (Mitte) und Verkehrsforscher an der TU Ulrich Leth (rechts).
Aktivistin und Molekularbiologin Martha Krumpeck (links), Hungerstreik-Unterstützer Josef Etzelsdorfer (Mitte) und Verkehrsforscher an der TU Ulrich Leth (rechts).
Denise Auer

"Es ist Zeit, zivilen Ungehorsam zu leisten"

Die aktuelle Hitzewelle erträgt Krumpeck durch vieles Trinken und möglichst wenig Bewegung. Blutdruck und Gewicht checkt sie täglich und wie bei Personen, die lange fasten üblich, verspürt sie kein Hungergefühl. "Angenehm ist so was nicht. Mir geht es so weit gut, bin aber deutlich abgemagert", erzählte Krumpeck. Um bei Kräften zu bleiben, nimmt sie Vitamine und laut Arzt bestünde noch keine akute Gefahr für ihre Gesundheit, aber: "Durch die Baupläne der Regierung ist meine Gesundheit so oder so gefährdet, auch ohne Hungerstreik". Einer Besetzung der Lobau, wie vom Jugendrat angedroht, will man sich laut Krumpeck bei "Extinction Rebellion" anschließen: "Eine Besetzung ist Hauptthema bei uns. Das ist unser Hainburg, der Kampf unserer Generation. Wo der Rechtsweg versagt, ist es Zeit, zivilen Ungehorsam zu leisten. Wir lassen dieses Projekt nicht zu", bekräftigte Krumpeck.

Verkehrsforscher: "Mehr Straßen bedeuten mehr Verkehr"

Eine direkte Botschaft hat Krumpeck für Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): "Hören Sie auf die Wiener Bevölkerung zu belügen und sagen Sie endlich die Wahrheit! Die wissenschaftlichen Fakten sind eindeutig: S1 und Lobautunnel werden keine Verkehrsentlastung bringen". Untermauert wurde das vom Universitätsassistenten für Verkehrswissenschaft Ulrich Leth, der seit 10 Jahren an der TU forscht: "Der Lobautunnel und damit verbundene Pläne (Stadtstraße Aspern und Spange Seestadt Aspern) sind fossile Großprojekte, die einem Denken des letzten Jahrtausends entsprechen. Es ist längst nachgewiesen, dass mehr Straßen statt einer Entlastung sogenannten induzierten Verkehr erzeugen: Durch mehr Straßen kommt es zu noch mehr Verkehr", schilderte Leth. Gleichzeitig würden Rad- und Fußverkehr geschwächt.

Ebenso hätten sich Prognosen und Ergebnisse einer Umweltprüfung aus dem Jahr 2000 inzwischen als falsch erwiesen. Laut aktuellen Prognosen soll der Verkehr auf der A23 – der ja entlastet werden sollte – gleich hoch bleiben. "Eine Umfahrung wird nicht helfen. Die Leute wollen nach Wien rein oder raus. Heißt: Es gibt keine Entlastung", betont Leth. Die Frage sei jetzt, welche Verträge man brechen will: "Das Bundesstraßengesetz, in dem der Lobautunnel steht, oder die Klimaverträge. Beides gleichzeitig wird sich nicht ausgehen", sagte Leth.

Zweite Person schließt sich Hungerstreik an

Dem Hungerstreik von Krumpeck hat sich inzwischen eine zweite Person angeschlossen: Josef Etzelsdorfer ist einer der Gründer von Robin Foods und hat seit 15. Juni nichts mehr gegessen. "In zehn Tagen habe ich sieben Kilo verloren. Wir stehen vor einer blühenden, schönen Zukunft, wenn wir sie nicht wegschmeißen. Seine Meinung zum Lobautunnel: "Das Projekt hat keine Chance. Das ist der Anfang vom Ende aller fossilen Großprojekte und ich freue mich schon auf die Besetzung".