Klimaschutz
Gletscherschwund schreitet unaufhaltsam voran
Das "ewige Eis" wird nicht mehr lange halten, warnt der aktuelle Gletscherbericht. Der Alpenverein mahnt ernsthafte Klimapolitik ein.
Der Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) verheißt erneut nichts Gutes. Obwohl es in der Messperiode 2020/21 einen vergleichsweise geringeren durchschnittlichen Rückzug der Gletscher mit elf Metern gegeben hat, im Vorjahr waren es immerhin 15 Meter, zeichneten die Verantwortlichen am Freitag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck dennoch ein düsteres Bild.
Lesen Sie auch Tiwag-Pläne bedrohen einzigartiges Naturjuwel in Tirol >>>
Der aktuelle Gletscherschwund bedeute nur eine kleine Schwankung innerhalb eines langfristigen Trends. Der ÖAV sprach sich daher für eine aktivere Klimapolitik aus.
Dass der Gletscherschwund nicht so stark ausgefallen ist wie in den Vorjahren, hänge mit den Witterungsbedingungen zusammen, sagten die Leiter des ÖAV-Gletschermessdienstes, Gerhard Lieb und Andreas Kellerer-Pirklbauer.
Lesen Sie auch Alpengletscher – eisfrei in nur zehn Jahren? >>>
Der Hochsommer verlief, betreffend der Temperaturen, annähernd normal. "Der Mai hat als Wintermonat noch viel Schnee auf die Gletscher gebracht. Es gab mehrere Wetterstürze auf dem Niveau von 3.000 Metern Seehöhe", berichtete Lieb. "Die Schneebedeckung hat die Gletscher relativ lange geschützt", führte er aus.
Lesen Sie auch Erderhitzung lässt Gletscher schmelzen >>>
Lesen Sie auch 1,8 Billionen Dollar für umweltschädliche Subventionen >>>
"Den Gletschern geht es nicht gut"
Dass dem "Ewigen Eis" zuletzt stark zugesetzt worden war, zeigen die Messwerte schwarz auf weiß. In der Venedigergruppe wurden mit einem durchschnittlichen Minus von 22,7 Metern die stärksten Rückgänge registriert, gefolgt von den Gletschern im Zillertal mit minus 15,5 Metern.
Lesen Sie auch Risse im Eis – Arktis droht der Gletscher-Kollaps >>>
Der Schlatenkees in der Venedigergruppe verzeichnete eine Abnahme der Eismassen um 54,5 Meter, die Pasterze (Glocknergruppe) zog sich um 42,7 Meter zurück.
In Salzburg war der Untersulzbachkees mit 35,5 Metern am stärksten betroffen, in Oberösterreich war es der Große Gosaugletscher mit minus 11,5 Meter. In Vorarlberg wurden 20,2 Meter Rückgang gemessen.
Lesen Sie auch "Klimaschutz wird oft mit Verzicht gleichgesetzt" >>>
Das Bild der vergangenen fünf Jahre setze sich damit fort. "Es ist ganz klar, dass der Negativtrend anhält. Den Gletschern geht es nicht gut", sagte Gletscherexperte Andreas Kellerer-Pirklbauer.
Lesen Sie auch Forscher warnen vor Anstieg der Gletscherseen in Asien >>>
Klimaschutz zu halbherzig
Daher appellierte der Alpenverein an Menschen und Politik, das eigene Verhalten zu verändern bzw. Maßnahmen gegen den Klimawandel zu setzen.
"Gletscher sind das sichtbare Zeichen der Klimaveränderung", argumentierte ÖAV-Vizepräsidentin Ingrid Hayek. Man sehe nun im Zuge der Ukraine-Krise: "Wenn der Hut brennt, dann geschieht ja doch etwas. Andererseits finde ich die Taten derzeit noch etwas halbherzig". Sie habe den Eindruck, dass man es sich "mit niemandem verscherzen" wolle.
Lesen Sie auch Österreich zahlte 2021 für Öl und Erdgas 11,5 Mrd. Euro >>>
Sie zeigte sich überzeugt, dass die "Mehrheit der Bevölkerung bereit ist, etwas zu verändern". Für Hayek zählt das Motto: "Nur nicht verbrauchte Energie ist gute Energie." Das Problem sei, dass die Menschen ihren Lebensstil "ganz gleich beibehalten" wollen und nur "vom Dieselauto auf E-Auto umsteigen" möchten.
Lesen Sie auch Eisberg von der Größe Roms in Antarktis abgebrochen >>>