Asylwerber üben Kritik

"Gibt kein Geld" – Syrer ärgern sich über Bezahlkarte

Asylwerber sprechen über ihre Erfahrungen mit der Sachleistungskarte in Niederösterreich – und sparen dabei nicht mit Kritik.

"Gibt kein Geld" – Syrer ärgern sich über Bezahlkarte
In Niederösterreich wurde ein Bezahlkartensystem umgesetzt – die Kritik daran ist groß.
iStock / Symbolbild

Unter dem Titel "Wenn Härte das neue 'Normal' ist. Wohin führt die NÖ Integrationspolitik?" hat die Plattform #zusammenHaltNÖ am Dienstag zu einer Pressekonferenz eingeladen, in der Experten die Ursachen, Hintergründe und Auswirkungen der Asyl- und Integrationspolitik darstellten.

Im Vorfeld der Pressekonferenz hatten Mitglieder der Initiative Gespräche mit Betroffenen zur NÖ-Bezahlkarte geführt – je nach Deutschkenntnissen der Gesprächspartner wurden die Gespräche dann mit einer Übersetzungssoftware über E-Mail oder direkt geführt.

In mehreren Gesprächen erzählten Asylwerber dabei über ihre Erfahrungen mit der Sachleistungskarte – und sparten dabei nicht mit Kritik. Das Geld, das man auf die Karte bekomme, "reiche für einen Tag nicht aus", ärgert sich ein Betroffener.

"Kein Geld für persönliche Angelegenheiten"

Herr B., Syrien, 25 Jahre alt, sagt: "In der Stadt gibt es viele günstigere Geschäfte für Kleidung, Schuhe, Haushaltsgegenstände oder Halal-Lebensmittel in arabischen Geschäften, bei denen wir nun nicht mehr einkaufen können."

Herr S. erzählt: "Das Geld, das täglich auf die Karte gebucht wird, reicht für einen Tag nicht aus. Wir können nicht in allen Geschäften einkaufen. Wir müssen uns hier, wo ich derzeit wohne, auf Geschäfte wie Spar, Billa und Penny beschränken. Wir wissen, dass es günstigere Geschäfte gibt. Es gibt kein Geld für persönliche Angelegenheiten, wie z.B. Friseur. Darüber hinaus ist es ein großes Problem, von dem Ort, in dem wir leben, nach St. Pölten zu fahren. Einige Freunde wohnen dort und wir haben Erledigungen dort, wie auch das Besuchen eines Deutschkurses. Wir haben Termine in St. Pölten oder Wien, die wir für unser Asylverfahren brauchen. Doch leider können wir kein Ticket kaufen."

"Manchmal Angst, krank im Kopf zu werden"

Herr E. aus Afghanistan, 28 Jahre, sagt: "Bis die Taliban gekommen sind, habe ich am Bau gearbeitet. Mein Bruder ist neben mir getötet worden. Danke an Österreich. Ich bin hier sicher. Jetzt lerne ich intensiv Deutsch. Ich möchte einen Beruf erlernen, vielleicht bei einer Baufirma. Ich hoffe, in Österreich bleiben zu können. Seit der Bezahlkarte ist alles schwieriger. Ich kann nicht mehr zug- und busfahren, mir nicht die Haare schneiden lassen. Der Deutschkurs in St. Pölten war schwierig, weil ich keine Fahrkarte kaufen konnte. Der Hilfsverein hat mir Geld gegeben und jetzt bezahlt die Schule (BhW – ein überparteilicher Verein für Erwachsenenbildung) die Fahrkarte. Ich kann nichts tun, nicht arbeiten, keine Freunde besuchen, weil ich keine Fahrkarte habe. Manchmal habe ich Angst, krank im Kopf zu werden."

Frau F. aus dem Iran ist 30 Jahre, war in ihrer Heimat Friseurin und möchte ihren Beruf in Österreich gerne wieder ausüben. Jedoch sie ist gesundheitlich eingeschränkt: "Ich habe Darmprobleme und muss Medikamente in der Apotheke kaufen und das ist jetzt schwierig. Ich habe durch den Druck des iranischen Regimes alles verloren. Ich hoffe, in diesem Land akzeptiert zu werden und ein nützlicher Mensch zu sein."

Kein Geld für Fahrradkauf

Drei junge kurdische Männer aus der Türkei im Alter von 23, 25 und 26 Jahren wollten sparen, um sich gemeinsam ein Fahrrad kaufen zu können. Sie sind jetzt enttäuscht darüber, dass ihnen dieser Wunsch durch die Bezahlkarte verwehrt werde.

"Die Probleme mit dieser Karte sind vielfältig. Oftmals kommt das Geld zu spät und dann sind die Geschäfte schon geschlossen", erklärt wiederum Herr K. aus Kolumbien, er ist 26 Jahre alt.

Pressegespräch der Plattform #zusammenHaltNÖ.
Pressegespräch der Plattform #zusammenHaltNÖ.
#zusammenHaltNÖ

"Strengsten Regeln für Asylwerber"

Trotz der scharfen Kritik verteidigt die FPÖ die Bezahlkarte in Niederösterreich. "Wir Freiheitliche haben dafür gesorgt, dass in NÖ die strengsten Regeln für Asylwerber herrschen", so nö. Landesparteiobmann LH-Stellvertreter Udo Landbauer. Mit dem Erfolgsmodell der mit Anfang November auf ganz NÖ ausgerollten Sachleistungskarte gebe es für Asylwerber nur noch Sachleistungen statt Bargeld, Überweisungen ins Ausland und der Kauf von Alkohol und Tabak werde unterbunden. "Wir setzen damit ein klares Signal, dass unser Sozialsystem nicht für jene gedacht ist, die es sich in der sozialen Hängematte gemütlich machen wollen", so Landbauer.

Sollte das Land NÖ beim eigenen Model bleiben, hat #zusammenHaltNÖ folgende Empfehlungen: Die Karte sollte für den gesamten Lebensmittelhandel, Drogeriemärkte, einschließlich kleiner Geschäfte, Sozialmärkte und Secondhand-Läden funktionieren. Sie sollte unbedingt in Apotheken und zum Ankauf von Tickets des öffentlichen Verkehrs benützt werden können. Zudem wäre eine Bankomat-Funktion für günstige Online-Käufe, wie z.B. auf willhaben, hilfreich.

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    <strong>15.01.2025: Syrer zu Bezahlkarte: "Das Geld reicht nicht aus".</strong> In mehreren Gesprächen erzählen Asylwerber über ihre Erfahrungen mit der Sachleistungskarte in NÖ – <a data-li-document-ref="120083468" href="https://www.heute.at/s/syrer-zu-bezahlkarte-das-geld-reicht-nicht-aus-120083468">die Kritik ist groß &gt;&gt;&gt;</a>
    15.01.2025: Syrer zu Bezahlkarte: "Das Geld reicht nicht aus". In mehreren Gesprächen erzählen Asylwerber über ihre Erfahrungen mit der Sachleistungskarte in NÖ – die Kritik ist groß >>>
    Sven Hoppe / dpa / picturedesk.com

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    Auf den Punkt gebracht

    • Asylwerber in Niederösterreich äußern scharfe Kritik an der Sachleistungskarte, da das darauf gebuchte Geld nicht ausreiche und sie in ihrer Wahl der Geschäfte stark einschränke.
    • Betroffene berichten von Schwierigkeiten, alltägliche Bedürfnisse wie Fahrkarten, Friseurbesuche oder Medikamente zu finanzieren, was ihre Integration und Lebensqualität erheblich beeinträchtigt.
    wes, wil
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