"So viel Geld, so viel Macht"
Gewessler war "größter Fehler" – ÖVP mit Knaller-Urteil
In fast genau einem Monat ist die Türkis-Grüne-Koalition Geschichte. Für ÖVP-Urgestein Franz Hörl ist nun Zeit für Abrechnung und Frontalangriffe.
Zum ersten Mal seit Faymann I (2008-2013) hat es eine Regierung geschafft, eine gesamte Legislaturperiode durchzuarbeiten. Dieser Erfolg geht aufs Konto von ÖVP und Grüne.
Trotzdem waren die fast fünf Jahre von vielen internen und externen Krisen geprägt – das spiegelt sich auch in Umfragen wider. Kamen beide Parteien 2019 noch auf über 50 Prozent aller Stimmen, steht man aktuell bei knapp über 30 Prozent. Am 29. September wird erneut gewählt, nun ist Zeit für Abrechnung.
"Habe nichts erwartet"
In der Diskussionssendung "Beide Seiten Live" auf PULS24 sprachen ÖVP-Nationalratsabgeordneter und Seilbahn-Chef Franz Hörl und Grünen-Abgeordneter Michel Reimon über die letzten fünf Jahre. Hörl betonte, dass er sich von dieser Koalition "nichts" erwartet habe, am Ende aber "sehr überrascht" sei, was zustande gekommen ist. Die Bewältigung der Corona-Pandemie sei "eine ganz große Leistung" gewesen, so Hörl. "Es war auch manchmal mühsam", betonte er.
"Damit war zu rechnen"
Reimon sagte, dass den Grünen schon bei Koalitionsverhandlungen bewusst gewesen sei, dass sie im Falle einer Regierungsbeteiligung an Zustimmung verlieren würden. "Damit war zu rechnen. Als kleiner Koalitionspartner verlierst du", so der Grüne. "Wir haben uns etwas Schweres ausgesucht und tragen das jetzt durch", betonte er. Die fünf Jahre seien u.a. wegen Corona eine schwierige Phase gewesen.
Causa Gewessler spaltet Regierung
Neben der Absetzung von Sebastian Kurz im Oktober 2021 – für Reimon "einer der langfristigen Schritte" – sprachen die Politiker über Klimaministerin Leonore Gewessler, die mit ihrem Solo-Vorstoß beim EU-Renaturierungsgesetz für die größte interne Regierungskrise gesorgt hat.
"Das war einer der größten Fehler überhaupt, der Frau Gewessler so viel Geld, so viel Macht in die Hand zu geben", preschte der ÖVP-Mann vor. "Eigentlich hätte sie als Grüne den Anstand haben müssen und sagen: 'Nein, so viel Macht will ich nicht, ich will weniger haben'", bemängelte er. Es sei "unglaublich, was man da in dieses Ministerium an Geld und Verantwortung übertragen hat", sagte der Seilbahn-Chef. Er wolle sich aber nicht an Gewessler "abarbeiten", fügte er hinzu.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Türkis-Grüne-Koalition steht kurz vor dem Ende, und ÖVP-Urgestein Franz Hörl zieht Bilanz, wobei er die Bewältigung der Corona-Pandemie als große Leistung hervorhebt, jedoch auch interne Krisen und einen dramatischen Rückgang der Wählerstimmen anmerkt
- Besonders kritisiert wird Klimaministerin Leonore Gewessler, deren Macht und Einfluss als "größter Fehler" der Regierung bezeichnet werden, was zu Spannungen innerhalb der Koalition geführt hat