Umstrittener Handy-Blitzer

Gerichts-Entscheid könnte Flut an Radarstrafen bringen

Das neue Handy-Radar ist höchst umstritten. Juristen bezweifeln, dass die Strafen rechtmäßig sind. Erste Gerichtsbeschlüsse zeigen aber anderes.

Oberösterreich Heute
Gerichts-Entscheid könnte Flut an Radarstrafen bringen
Über einen Bildschirm kann ein speziell geschulter Beamter das Handy-Radar beobachten.
Screenshot Youtube/SWR

Moderne Radargerät können immer mehr Vorgaben und Verbote genauestens kontrollieren. Neben Geschwindigkeit und Abstand gibt es nun Geräte, die Handy-Sünder automatisch erkennen und strafen.

Das scheint auch dringend notwendig: Ablenkung (meist durch Mobiltelefone) ist mittlerweile die häufigste Ursache für tödliche Unfälle in Österreich. Mit 25,6 Prozent liegt dieser Grund sogar noch vor dem Rasen (22,7 Prozent).

Die Behörden wollen dieser Entwicklung nun mit Hightech begegnen - wir haben berichtet. Spezielle Systeme werden mit abertausenden Bildern von Handy-Nutzern gefüttert, erkennen dann auf den Bildern automatisch, wenn jemand mit dem Mobiltelefon hantiert. Auch Tablet-Nutzer oder Lenker, die gerade am Navi herumhantieren, werden erwischt.

In den Niederlanden wurde das neuartige System entwickelt. Es arbeitet mit einer sogenannten "Monocam", die mobil aufgestellt werden kann. Meistens werden dafür Autobahnbrücken verwendet. Der "Blitzer" arbeitet dann rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag. Wie bei einem Livestream werden ununterbrochen Videoaufnahmen gemacht.

Die KI erkennt, wenn ein Autofahrer ein Mobiltelefon, ein Tablet oder ein Navi in der Hand hat. Dann wird automatisch ein Foto gemacht. Dieses Foto geht dann automatisch weiter an einen geschulten Beamten. Dieser überprüft dann, ob es sich tatsächlich um eine Ordnungswidrigkeit handelt.

In Deutschland wurden die Anlagen in Trier im Bundesland Rheinland-Pfalz getestet. Nach der Pilotphase zog die Politik voriges Jahr Bilanz.

Innenminister Michael Ebling zeigte sich angetan von der Technologie. "Wir haben herausgefunden, dass durch unseren neuen Ansatz die Anzahl der Ablenkungsverstöße in den Testphasen in Trier und Mainz mindestens halbiert wurde. In vielen Fällen geht die präventive Wirkung sogar noch darüber hinaus."

Er kündigte damals an: "Deshalb werden wir mit der nächsten Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes einen Vorschlag für eine Rechtsgrundlage erarbeiten, die den dauerhaften Einsatz der Monocam ermöglicht. Dabei werden wir natürlich auch die datenschutzrechtlichen Belange berücksichtigen", so der Minister.

In Deutschland ist das Handy-Radar bereits im Einsatz. Rheinland-Pfalz will das System dauerhaft installieren. Im Foto Innenminister Michael Ebling mit der Monocam.
In Deutschland ist das Handy-Radar bereits im Einsatz. Rheinland-Pfalz will das System dauerhaft installieren. Im Foto Innenminister Michael Ebling mit der Monocam.
Ministerium des Inneren, RLP

Denn einige Autofahrer, die bei der Testphase erwischt wurden, legten Beschwerden gegen die Strafen ein. Doch die ersten Bußgeldbescheide wurden vom Amtsgericht Trier nach Einspruch der betroffenen Autofahrer für rechtmäßig befunden. Das könnte Auswirkungen auf eine mögliche Nutzung in Österreich haben. Denn auch hier gibt es grobe Bedenken.

Die erste Erprobungsphase fand laut deutschen Behörden auf der Autobahn 602 zwischen den Anschlussstellen Kenn und Trier-Ehrang von Juni bis August 2022 statt. An insgesamt 46 Kontrolltagen wurden 327 Verstöße festgestellt. Die zweite Erprobungsphase erstreckte sich auf der Autobahn 60 vor der Anschlussstelle Mainz-Finthen von September bis November 2022. An 42 Kontrolltagen registrierte die Polizei 941 Ablenkungsverstöße. Insgesamt gab es also laut deutschen Behörden 1.268 Verstöße. (Quelle: Innenministerium Rheinland-Pfalz)

ÖAMTC-Juristin Silvia Winklhamer sagte dazu zu "Heute": "Seit der 28. StVO-Novelle ist die Verwendung von Fotos aus Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen für einzelne Fälle, wie z. B. das Telefonieren am Steuer ohne Freisprecheinrichtung, erlaubt. Demnach kann dies im Zuge einer solchen Überwachung gestraft werden."

Heißt: Wenn Autofahrer von einem Radar wegen zu hoher Geschwindigkeit oder wegen zu geringem Abstand geblitzt werden, könnte es passieren, dass man zusätzlich Probleme bekommt, wenn man in dem Moment auch noch telefoniert hat. Die Überwachung aller Autofahrer aufs Telefonieren alleine sei aber juristisch nicht ganz wasserfest, so die Experten.

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