Ukraine
Gebrauchte Kondome: Die Spuren der russischen Besatzer
Die Rückkehr in die Gebiete der einst besetzten Region Cherson bedeutet für viele die Konfrontation mit den Spuren der russischen Besatzung.
Nach etlichen Monaten auf der Flucht bedeutet die Heimkehr für viele Bewohner der befreiten Region Cherson kein Aufatmen. Zerstörung, wo man auch hinsieht, kaum ein Haus blieb unversehrt. In Olexandriwka, einem Dorf direkt am Fluss Dnipro, sind die Folgen des Krieges deutlich zu sehen, ausgebrannte Truppentransporter stehen auf den Feldern und viele Gebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht.
Nur mehr 16 Bewohner
Im März 2022 fiel Olexandriwka, von den einst 2.500 Einwohnern blieben nur 16, wie die "Neue Zürcher Zeitung" berichtet. Der Rest sei geflohen oder wurde getötet. Laut einem Augenzeugen zogen in die verlassenen Häuser 400 russische Soldaten ein. Ende des vergangenen Jahres wurden sie von der ukrainischen Armee verdrängt, doch sie hinterließen ihre Spuren.
Larisa Hasan befand sich zehn Monate auf der Flucht, nun kehrte sie in ihre Heimat nach Olexandriwka zurück. Mühselig versucht die Frau ihr Zuhause wieder bewohnbar zu machen, doch in dem Dorf am Dnipro gibt es weder Trinkwasser noch Gas zum Kochen oder Heizen. Die 54-Jährige ahnt, dass ihr Geburtshaus nicht mehr zu retten ist. In der Fassade klafft ein großes Loch, dass vermutlich von einer Panzergranate verursacht wurde. "Seit ich hier bin, senkt sich die Decke immer weiter ab", erzählt sie der Schweizer Tageszeitung "NZZ".
Überall benutzte Kondome
Die Russen, die in Hasans Haus gewohnt haben, hinterließen das reinste Chaos. Überall im Haus und im Hof lag Abfall und ihr Schrank war voller Einschusslöcher: "Da haben sie einfach reingeschossen - zum Spaß!" Was die Russen mit den gebrauchten Kondomen, die überall herumlagen, anstellten, will sich die 54-Jährige nicht vorstellen. Von Vergehen an Ukrainerinnen, über Geschlechtsverkehr miteinander oder Sexarbeiterinnen wäre alles möglich. Viele leere Flaschen mit selbst gebranntem Schnaps fand die Frau zusätzlich in ihrem Haus.
Oberleutnant
Wer die Männer waren, die sich in ihrem Haus eingenistet haben, will Larisa Hasan nicht wissen. Lediglich einzelne persönliche Gegenstände behielt die 54-Jährige auf, wie etwa verdreckte Epauletten einer Uniform mit drei Sternen, die wohl einem Oberleutnant gehörten. "Andere Sachen habe ich verbrannt", erklärte Hasan der "NZZ" und zeigte auf ein Feuer, das in einem alten Metallkorb brannte.
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Danach öffnet sie ein Tor, das in ein Feld hinter dem Haus führt. Das Gewand von Männern lag dort auf einem großen Haufen. Die Frau stocherte mit einem Rechen darin herum und zwei mit Blut verschmierte Uniformen kamen zum Vorschein. "Keine Ahnung, was mit denen passiert ist, das haben sie alles hastig zurückgelassen", so Larisa Hasan zu "NZZ".