"Für uns alle ein Vorbild" – VdB trauert um Bierlein

Am 3. Juni 2019 hatte Präsident Alexander Van der Bellen die Top-Juristin Brigitte Bierlein als erste Kanzlerin angelobt. Auf den Tag genau fünf Jahre später, ist sie im Alter von 74 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Die Bestürzung im Land war riesig, auch das Staatsoberhaupt tief betroffen.

"Ich habe Brigitte Bierlein als mutige, disziplinierte Frau kennengelernt, die Verantwortung übernommen hat, als ihr Land sie gebraucht hat. Sie wird für viele Mädchen und Frauen, für uns alle, auch in Zukunft als Vorbild wirken", schrieb Van der Bellen unmittelbar nach Bekanntwerden auf X. Am Abend veröffentlichte er zusätzlich eine Videobotschaft.

Darin erinnert er an ihre Stärke: "Sie war eine mutige Frau. Sie war eine treue Dienerin der Republik Österreich." Sie habe das Land in einer Krise übernommen und wieder beruhigen können. Dafür sei er ihr auch persönlich dankbar.

"Was sie tat, sie tat es mit Hirn und mit Herz", so Van der Bellen weiter. Dabei habe sie "niemals ein Geheimnis daraus gemacht, dass nicht immer alles wie geschmiert läuft". Die Juristin sei auch keine gewesen, die alles schönreden musste: "Sie wurde einmal gefragt, was man denn aus ihrer Biographie lernen könne. Ihre Antwort: 'Chancen zu ergreifen! Nicht Nein sagen!'"

Ihre Arbeit und ihr Wirken werde eine deutliche Wirkung auf junge Generationen haben. "Ich hoffe, dass ihr bewusst war, wie sehr sie andere inspiriert hat. Man spricht oft vom 'Werk und Wirken' einer Person – aber selten entwickelt das Werk eine solche Wirkung wie im Fall von Brigitte Bierlein. Sie wird Österreich fehlen! Sie wird mir fehlen."

Bierlein werde nicht nur für viele Frauen und Mädchen, sondern "für uns alle, immer ein Vorbild sein".

Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die hier leben! Auf den Tag genau vor fünf Jahren stand hier – in diesem Raum – Brigitte Bierlein bei ihrer Angelobung.

Und ich bin traurig, dass sie nun nicht mehr hier ist. Sie war die erste Bundeskanzlerin der Republik Österreich. Sie war eine mutige Frau. Sie war eine treue Dienerin der Republik Österreich.

Als ich Brigitte Bierlein damals fragte, ob sie das Amt der Kanzlerin übernehmen würde, erbat Sie sich eine kurze Bedenkzeit. Doch bald danach hat sie öffentlich erklärt: "Ich sehe es als meine staatspolitische Verantwortung, meinen Teil beizutragen und diese hohe Verantwortung zu übernehmen."

Dieser Satz, so empfinde ich es, zeigt, wer sie war! Mutig. Weitsichtig. Interessiert. Und in höchstem Maße kompetent.

Die innenpolitische Situation war damals aufgeheizt. Sie hat sich nach der Angelobung von Brigitte Bierlein binnen kurzem beruhigt, ganz sicher auch wegen ihres umsichtigen Handelns in dieser sensiblen Zeit.

Brigitte Bierlein hat unserer Heimat damit in einer sehr schwierigen Situation einen sehr großen Dienst erwiesen. Dafür bin ich ihr als Bundespräsident und auch ganz persönlich sehr dankbar.

Was sie tat, sie tat es mit Hirn und mit Herz. Mit Sachkenntnis – und Empathie. Mit Stärke – und Gelassenheit. Mit Selbstvertrauen – und Selbstkritik. Dabei hat sie niemals ein Geheimnis daraus gemacht, dass nicht immer alles wie geschmiert läuft, und dass man oft eine gehörige Portion Mut braucht, dass es eben nicht immer leicht ist.

Brigitte Bierlein war eben keine, die alles schönredet. Sie wurde einmal gefragt, was man denn aus ihrer Biographie lernen könne. Ihre Antwort: "Chancen zu ergreifen! Nicht Nein sagen!"

Welch eine Bedeutung so eine Lebenseinstellung für eine junge Frau oder für ein kleines Mädchen haben muss! Ich denke, die wenigsten von uns beschäftigen sich damit, welche Rolle wir im Leben anderer spielen. Wie wir andere Menschen mit unserem Tun motivieren und wie wir ihr Leben dadurch positiv verändern können.

Ich hoffe, dass ihr bewusst war, wie sehr sie andere inspiriert hat. Man spricht oft vom "Werk und Wirken" einer Person – aber selten entwickelt das Werk eine solche Wirkung wie im Fall von Brigitte Bierlein. Sie wird Österreich fehlen! Sie wird mir fehlen.

Aber: Sie wird für viele Frauen und Mädchen, nein, für uns alle, immer ein Vorbild sein.