Schrie vor Schmerzen

Frau stirbt nach Watschen-Therapie beim Wunderheiler

Eine an Diabetes erkrankte Frau starb, nachdem sie während eines Workshops ihre lebenswichtige Insulintherapie abgesetzt hatte.

Heute Life
Frau stirbt nach Watschen-Therapie beim Wunderheiler
Die Paida-Lajin-Therapie soll durch das Schlagen von Menschen in verschiedenen Positionen Krankheiten und Beschwerden heilen, indem es den Körper entgiftet. (Symbolbild)
Getty Images/iStockphoto

Die 71-jährige Danielle Carr-Gomm aus Sussex (Großbritannien) "bewunderte" den ganzheitlichen Therapeuten Hongchi Xiao, der sich nun vor Gericht für seine dubiosen Methoden verantworten muss. Er wird des Totschlags beschuldigt, er habe die Frau 2016 wissentlich an einem Insulinmangel sterben lassen.

"Paida-Lajin" – gesund durch Ohrfeigen

Die Pensionistin suchte nach einer alternativen Therapie, um ihren Typ-1-Diabetes zu behandeln, da sie Vegetarierin war und Angst vor Nadeln hatte. Sie stieß auf den ganzheitlichen Therapeuten Hongchi Xiao und seine Paida-Lajin-Therapie, bei der Patienten wiederholt geschlagen werden oder sich selbst ohrfeigen. Zusätzlich wurde gefastet und nur chinesischer Tee getrunken. "Paida-Lajin" bedeutet auf Chinesisch "schlagen und dehnen" und soll Krankheiten und Beschwerden heilen, indem es den Körper entgiftet.

Diabetes mellitus ist eine Erkrankung, bei welcher der Körper nicht genügend Insulin produziert oder nicht in der Lage ist, auf das gebildete Insulin richtig zu reagieren. In der Folge ist der Blutzuckerspiegel (Glukose) ungewöhnlich hoch. Blutzucker wird im Rahmen einer Urinuntersuchung ermittelt.
Es gibt zwei Typen von Diabetes:
Diabetes-Typ-1: Patienten mit Typ-1-Diabetes benötigen eine lebenslange Insulintherapie. Sie ist lebensnotwendig, da die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder gar kein Insulin produziert.
Diabetes-Typ-2: Dieser Diabetes-Typ lässt sich manchmal mit einer Korrektur des Lebensstils und/oder Medikamenten senken. Hilft das nicht mehr, muss auch hier Insulin gespritzt werden.
Wichtig: Ohne entsprechende Behandlung können schwere Komplikationen und Folgeerkrankungen auftreten: Schäden an den Blutgefäßen und den Nerven, Erkrankungen der Augen, der Nieren, des Herzens oder der Füße auftreten. Das Risiko für Folgeerkrankungen ist umso höher, je länger der Blutzuckerspiegel erhöht ist.
Diabetes ist heimtückisch. Befindet er sich noch im frühen Stadium, bemerkt man ihn nicht. Schäden machen sich erst viel später bemerkbar. Daher ist die frühzeitige Therapie essenziell.

Insulin abgesetzt

Bereits bei ihrem ersten Workshop bei Xiao im Juli 2016, setzte sie ihr Insulin ab. Weil es ihr daraufhin jedoch so schlecht ging, nahm sie es wieder – bis sie im Oktober 2016 wieder für einen Workshop zum Wunderheiler reiste. Sie war eine von 30 Personen. Dort setzte die Rentnerin ihr Insulin wieder ab. In den darauffolgenden Tagen ging es ihr schlechter, man hörte sie vor Schmerzen weinen und schreien. Dann fand man sie "allein im Bett, blass, verschwitzt, mit Sabber im Mund und unfähig zu sprechen".

Xiao erklärte den Teilnehmern des Workshops, dass der Heilungsprozess im Paida Lajin in drei Phasen ablaufe und dass eine Krankheit wie die von Frau Carr-Gomm "die Dunkelheit vor dem Morgengrauen" sei. So könne es den Anschein haben, dass eine Krankheit als Folge von Paida Lajin aufgetreten ist, aber in Wirklichkeit sei sie das Ergebnis des Austritts der Giftstoffe aus dem Körper. Obwohl noch die Sanitäter gerufen wurden, starb die Frau drei Tage später.

Anklage wegen Totschlags

Jetzt steht der 61-Jährige wegen Totschlags vor Gericht. So soll er der Zuckerkranken dazu gratuliert haben, als sie ihr Insulin absetzte. "Während sie bei Bewusstsein war, hätte sie medizinisch versorgt werden können, darunter durch die Verabreichung von Insulin, und das hätte sie retten können", sagte Staatsanwalt Duncan Atkinson. "Niemand war besser in der Lage, dafür zu sorgen, dass dies geschah, als der Angeklagte." Und weiter: "Xiao war sich seines Einflusses auf sie bewusst, er kannte die Folgen, wenn sie ihr Insulin nicht nahm, und er hatte sie zumindest in ihrer Entscheidung beeinflusst und ermutigt, den möglicherweise tödlichen Schritt zu wagen und die Insulinbehandlung einzustellen."

Der Angeklagte wiederum behauptet, die Teilnehmer hätten eine Verzichtserklärung unterzeichnet, in der sie erklärten, dass die Praxis "nicht für die medizinische Behandlung gedacht" sei. Der Prozess wird fortgesetzt.

red
Akt.
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