PVA lehnte Antrag ab

Frau kann nur noch mit Rollator gehen – kein Pflegegeld

Vor 15 Jahren wurde bei Sabine M. Multiple Sklerose diagnostiziert. Sie kann nur noch mit einem Rollator gehen, dennoch erhält sie kein Pflegegeld.
Niederösterreich Heute
09.03.2025, 20:19

Bereits vor über 15 Jahren begann die Leidensgeschichte von Sabine M. (Name geändert): Im September 2009 wurde bei der Niederösterreicherin Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert. Bereits rund zwei Jahre davor hatte die heute 49-Jährige eine schwere Zeit.

"Im November 2007 erlitt ich einen schweren Schicksalsschlag. Mein jüngerer Sohn – er war damals drei Jahre alt – hatte einen schweren Brandunfall. Er lag sechs Wochen auf der Intensivstation im Wiener AKH. Danach war er noch bis Februar 2008 in stationärer Behandlung", erinnert sich die Niederösterreicherin.

Probleme beim Gehen als Symptom

Noch heute verfolgt die 49-Jährige dieses schwere Trauma – bei Sabine M. wurden eine Posttraumatische Belastungsstörung und Panikattacken diagnostiziert, sie befindet sich in psychotherapeutischer Behandlung: "Ich habe die Zeit, als mein Jüngster im Sterben lag, noch nicht verkraftet. Damals sind viele Kinder auf der Intensivstation gestorben, ich habe Eltern zusammenbrechen sehen."

Hinzu kamen damals körperliche Beschwerden: "Ich hatte öfter Probleme beim Gehen. Es war, als ob der Boden Wellen schlagen würde. Im Laufe der Zeit wurden die Symptome häufiger. Ich schenkte dem jedoch nicht viel Beachtung, da ich als Alleinerzieherin voll berufstätig war, Therapien mit den Kids hatte und nebenbei mit meiner Mutter meine krebskranke Tante pflegte", berichtet Sabine M.

„Ich gehe seit vier Jahren mit dem Rollator – ohne Hilfe schaffe ich keine zwei Meter alleine“
Sabine M.hat Multiple Sklerose

Eines Tages wurde der Schwindel immer stärker, eine MR-Untersuchung brachte schließlich Gewissheit: "Es wurde festgestellt, dass ich Läsionen (Gewebeschädigungen, Anm.) im Gehirn und der Halswirbelsäule habe. Weiters war das Gehirnwasser bereits grau. Obwohl ich Probleme beim Gehen und Greifen sowie starke Schmerzen hatte, ging ich weiter arbeiten", so die zweifache Mutter.

Über die Jahre verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Niederösterreicherin: "Ich gehe seit vier Jahren mit dem Rollator – ohne Hilfe schaffe ich keine zwei Meter alleine – und sitze zwischendurch auch im Rollstuhl. Zudem brauche ich Hilfe im Haushalt, beim Einkaufen und bei der Körperpflege", erklärt die 49-Jährige.

PV lehnte Pflegegeld und Invaliditätspension ab

Bereits 2021 stellte Sabine M. daher bei der Pensionsversicherung (PV) einen Antrag auf Invaliditätspension und Pflegegeld: "Frau M. wurde am 3. Mai 2021 zur Untersuchung in die Landesstelle Niederösterreich vorgeladen, der Termin wurde am 30. April telefonisch storniert, ebenso wie zwei weitere Vorladungstermine. Am 27. September fand die Begutachtung statt, am 7. Oktober wurde entschieden, dass keine Invalidität und auch kein Mindestpflegebedarf von 65 Stunden vorliegt", erklärt eine Sprecherin der PV.

Sabine M. brachte daher im Jänner 2022 Klage beim Landesgericht Wiener Neustadt ein, zog jene bezüglich des Pflegegeldes allerdings am 22. Juni 2022, jene für die Invaliditätspension im März 2023 wieder zurück, heißt es seitens der PV.

Nur 40 Stunden Pflegebedarf pro Monat

Im vergangenen Jahr startete die 49-Jährige einen neuen Versuch und beantragte Pflegegeld: "Die Begutachtung fand am 26. Juni 2024 statt. Diese ergab einen Pflegebedarf von 40 Stunden im Monat. Die notwendige monatliche Stundenanzahl von 65 wurde nicht erreicht, daher wurde der Pflegegeldantrag mit Bescheid vom 10. Juli abgelehnt", meint die PV-Sprecherin.

Der Antrag auf Pflegegeld wurde abgelehnt.
zVg

Die Niederösterreicherin aus Wiener Neustadt wandte sich daraufhin an die Volksanwaltschaft, es erfolgte eine Überprüfung des Sachverhaltes durch den Chefärztlichen Dienst der PV. Demnach sind "keine neurologischen Ausfälle objektivierbar", psychiatrisch liegt nur eine "leichtgradige depressive Stimmungslage sowie eine leichte Antriebsstörung" vor. Zudem würden keine medizinischen Dokumentationen (Atteste, Befunde) vorliegen, welche diesem Gutachten widersprechen: "Es besteht somit keine sachlich fundierte Grundlage für eine Abänderung der Entscheidung", heißt es seitens der PV.

„Obwohl meine AMS-Berater wissen, wie es mir geht, bekomme ich Stellenangebote, die ich nicht annehmen kann“
Sabine M.kann nicht als Kassakraft arbeiten

Die beim AMS arbeitslos gemeldete Sabine M. ist verzweifelt: "Obwohl meine AMS-Berater wissen, wie es mir geht und auch die aktuellen Befunde vorliegen, bekomme ich lauter Stellenangebote, die ich nicht annehmen kann – etwa als Kassakraft in Mürzzuschlag mit 6 Uhr Dienstbeginn oder als Servicekraft in Sollenau. Ich habe aber weder Auto noch Führerschein. Zusätzlich muss ich immer am Ende des Monats Eigenbewerbungen abgeben", ärgert sie sich.

Trotz der Beeinträchtigungen will Sabine M. aber wieder arbeiten: "Ich suche eine Stelle als Angestellte im Homeoffice. Als Kassakraft muss man schnell greifen können und die Ware über die Kassa ziehen. Das geht nicht mehr. Ich bin ratlos, niemand glaubt mir. Man wird nur unter Druck gesetzt."

{title && {title} } red, {title && {title} } 09.03.2025, 20:19
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