Lorenz-Böhler sperrt zu
Feuerschutz fehlt seit 30 Jahren – nun spricht Experte
Am Dienstag äußerte sich jener Mann, der mit seinem Gutachten dafür gesorgt hat, dass das Lorenz-Böhler-Krankenhaus vorübergehend geschlossen wird.
Das Traumazentrum Wien in der Brigittenau, besser bekannt als Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus, ist zurzeit in aller Munde. Das Spital verfügt über 120 Betten. Bis zuletzt wurden hier rund 65.000 Patientinnen und Patienten jährlich nach Unfällen behandelt. Doch nun muss das Krankenhaus, praktisch von einem Tag auf den anderen, wegen grober Mängel im Brandschutzbereich vorübergehend geschlossen und saniert werden.
Am Dienstag war dazu Erich Kern, gerichtlich beeideter Sachverständiger zu Gast im Ö1-Morgenjournal. Kern hat das Brandschutzgutachten, das nun zur Sanierung des Gebäudes führt, für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) erstellt.
Mangel erst seit wenigen Wochen bekannt...
Der Experte erklärt, dass der Mangel, der nun zur vorübergehenden Schließung des Spitals führt, seit der ersten Februarwoche bekannt ist. "Und seit einer Woche wissen wir, dass wir diesen Mangel nicht kompensieren können". Dieser brandschutztechnische Mangel sei bis dahin nicht erkannt worden, könne aber bei laufendem Betrieb nicht saniert werden. Den Auftrag für das Gutachten habe er Ende Dezember bekommen.
Dennoch gebe es eine längere Vorgeschichte. Im vergangenen Sommer seien umfangreiche Sanierungen im Lorenz-Böhler-Spital geplant worden. Damals sei festgestellt worden, dass der bestehende Feuerwiderstand der Stahlkonstruktion 30 Minuten betragen solle. Laut Behörde müsse dieser Wert bei 90 Minuten liegen. Seit Sommer sei diese Diskrepanz bekannt. Die Frage, ob die Behörde das Spital schon damals hätte schließen müssen, verneint der Experte. Der AUVA sei damals allerdings aufgetragen worden, ein Sicherheitskonzept vorzulegen.
Dieses solle die Diskrepanz zwischen "Soll und Ist" kompensieren. Ein solches sei auch vorgelegt worden. Im Zuge dieses Sicherheitskonzepts sei auch der Nachweis einer funktionierenden Evakuierung verlangt worden. Kern erhielt im Dezember dann den Auftrag, zu ermitteln, ob das Konzept statisch und brandschutztechnisch tragfähig sei.
... aber seit 30 Jahren vorhanden
Bei der Analyse kam das Team rund um Kern darauf, dass die Brandschutzbeschichtung der Stahlkonstruktion nicht ausreichend ist. Konkret heißt das: Es gibt nicht einmal einen Brandschutz von 30 Minuten. Das habe man der AUVA Ende Jänner, Anfang Februar mitgeteilt. In den kommenden Tagen habe man versucht, diesen Mangel mit entsprechenden Maßnahmen zu kompensieren. Das sei aber nicht gelungen.
Im Video: Debatte um Lorenz-Böhler-Schließung
Das heißt aber auch, dass in der Brigittenau ein Krankenhaus stand, dass seit rund 30 Jahren nicht den Brandschutzbestimmungen entsprach. Nun wurde in Abstimmung mit der Behörde eine Schonfrist von einem Monat veranschlagt, um das Spital "abzusiedeln". Es sei verständlich, dass das nicht an einem Tag gehe, so Kern. Bis zur kompletten Absiedelung stellt die Stadt Wien die Berufsfeuerwehr zur Verfügung, um im Ernstfall sekundenschnell eingreifen zu können.
Das passiert mit Patienten
"Um sicherzustellen, dass unsere Patienten auch weiterhin Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung haben, verbleibt am Standort Brigittenau eine Erstuntersuchungsambulanz, die zur Versorgung selbstkommender Patienten beiträgt", heißt es in einer Aussendung.
Konkret werden in einem ersten Schritt werden bis Jahresende die stationären Leistungen am Standort Meidling des Traumazentrums Wien und in Kooperation mit dem Wiener Gesundheitsverbund am Standort des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien (AKH) erbracht. Mittelfristig wird im Zeitraum der Planung und Bauarbeiten des Forschungs-, Wirtschafts- und Gesundheitscampus eine entsprechende Übergangslösung in der Brigittenau errichtet. Die Nutzung dieser temporären Einrichtung soll Anfang 2025 starten.