"Grobe Mängel"
Experten zerlegen eiskalt Gewesslers Auto-Pläne
Ab März 2024 ist die Beschlagnahme von Fahrzeugen nach einer Raserei möglich. Der ÖAMTC übt scharfe Kritik und sieht das Gesetz bald kippen.
Zuletzt sorgte Leonore Gewesslers Ministerialentwurf der 35. Novelle der Straßenverkehrsordnung StVO wegen den darin beinhalteten Ampeln ohne Grünblinkphasen für Aufsehen. "Heute" berichtete ausführlich:
Wie das mit fortlaufender Nummerierung aber so ist, kommt davor noch die 34. StVO-Novelle. Diese ist kein Entwurf mehr, sondern fix fertig und tritt am 1. März 2024 in Kraft. Auch sie beinhaltet mit ihren Raser-Paragrafen ordentlich Sprengkraft: bei massiver Geschwindigkeitsübertretungen sollen künftig die Tat-Vehikel beschlagnahmt werden.
"Grobe Mängel", "verfassungswidrig"
Der ÖAMTC übt scharfe Kritik an Verkehrsministerin Gewessler, zerpflückt ihre Gesetzesnovelle in einer Pressemitteilung: "Es gibt einerseits keine Studien, die besagen, dass härtere Strafen mehr abschrecken als niedrigere", kontert ÖAMTC-Jurist Matthias Wolf. "Derart drastische Eingriffe in das Eigentum" seien zudem Sache von Strafgerichten und nicht von Verwaltungsbehörden.
Wolf und mehrere Berufskollegen attestieren der 34. StVO-Novelle "grobe Mängel und sogar Verfassungswidrigkeit" – die Juristen im Verkehrsministerium sehen das naturgemäß anders.
"Für die Verkehrssicherheit wäre es schade, wenn das Gesetz schon beim ersten relevanten Anwendungsfall durch Anrufung der Höchstgerichte oder des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wieder gekippt wird", so der ÖAMTC-Experte. Stattdessen schlägt der Mobilitätsclub eine Aufstockung von zielgerichteten Kontrollen vor, "um die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, zu erhöhen".
Worum es beim Raser-Paragrafen geht
Mit der 34. StVO-Novelle kann ab 1. März 2024 bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 80 km/h im Ortsgebiet und 90 km/h außerorts das Auto beschlagnahmt und in weiterer Folge auch versteigert werden.
Hat der oder die Fahrer/in eine einschlägige Vorstrafe, beispielsweise durch die Teilnahme an illegalen Autorennen, sind Beschlagnahme und Verfall schon bei einer Überschreitung von mehr als 60 km/h innerorts und 70 km/h außerorts möglich.
Gehört das Auto nicht dem oder der Raser/in haben Exekutivorgane zukünftig die Möglichkeit, Fahrzeuge an Ort und Stelle für maximal 14 Tage vorläufig zu beschlagnahmen. Diese können aber nicht für verfallen erklärt und versteigert werden.
Das gilt auch für Leasing- oder Mietautos. In solchen Fällen wird im Führerschein bzw. im Führerscheinregister ein lebenslanges Lenkverbot für das Fahrzeug, mit dem die drastische Übertretung begangen wurde, eingetragen werden.