Politik

Experte sagt, ob wir alle 6 Monate zur Impfung müssen

Der Virologe und Impfstoffexperte Florian Krammer äußerte sich am Mittwoch in der "Zeit im Bild 2" zu den steigenden Corona-Zahlen.

André Wilding
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Virologe Florian Krammer in der ZIB2.
Virologe Florian Krammer in der ZIB2.
Screenshot/ ORF

Die Corona-Lage in Österreich ist mehr als ernst! Die Neuinfektionen haben innerhalb von 24 Stunden ein neues Allzeithoch erreich. 11.398 neue Corona-Fälle wurde am Mittwoch im Land registriert, das sind um gleich 1.455 Fälle mehr als der bisherige Rekordwert von 9.943 vergangenen Samstag.

Die meisten Neuinfektionen gab es dabei einmal mehr in Oberösterreich mit gleich 3.424 Fällen. Aufgrund der stark steigenden Zahlen in Oberösterreich, aber auch in Salzburg, hat Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein die beiden Landeschefs zu einem Corona-Gipfel zitiert – dieser brachte aber vorerst noch kein Ergebnis.

OÖ und Salzburg gegen Lockdown

Salzburgs Landeschef Wilfried Haslauer erklärte nach der Video-Sitzung, dass Mückstein einen Lockdown für Ungeimpfte vorschlägt, was aber abgelehnt wurde. Am Donnerstag soll dann mit Experten diskutiert werden, ob regionale Lockdowns überhaupt sinnvoll sein. Die Gespräche zwischen Bund und Ländern werden dann am Freitag forgesetzt.

Die Landeshauptleute von Oberösterreich und Salzburg sprechen sich also klar gegen regionale Lockdowns aus. Virologe Florian Krammer von der Icahn School of Medicine New York sprach am Mittwochabend in der "Zeit im Bild 2" mit Armin Wolf über die aktuelle Corona-Lage im Land und die Impfungen.

Knapp zwei Drittel der Österreicher seien mittlerweile geimpft, dennoch seien die Infektionszahlen höher als vor einem Jahr, als es noch gar keinen Impfstoff gab. Hat der Impfstoffexperte das erwartet? "Wenn Sie mich im Frühjahr gefragt hätten Nein! Nach der Erfahrung, die wir in Israel mit der Delta-Variante gemacht haben, dann kommt es nicht sehr überraschend."

Aber warum wurden eigentlich RNA-Impfstoffe nicht dann an neue Virus-Varianten angepasst? Dafür gebe es laut dem Experten zwei Gründe. "Erstens: Die Variante ist infektiöser. Das heißt, wenn man einen angepassten Impfstoff hätte, würde dieser gar nicht so viel besser sein. Die Delta-Variante ist auch nicht so eine starke Fluchtvariante, was die Neutralisierung mit Antikörpern betrifft. Daher wurde das noch nicht angepasst."

Darum landen immer mehr Geimpfte im Spital

"Der andere Grund ist: der Impfstoff funktioniert nach wie vor sehr gut. Auch nach zweimaliger Impfung hat man einen guten Schutz gegen Erkrankung und einen sehr, sehr guten Schutz gegen schwere Erkrankungen. Wir sehen eine Reduktion des Schutzes bei einer Erkrankung von 95 runter auf bis 70/80 Prozent. Das heißt aber nicht, dass man keinen Schutz gegen das Virus hätte", versichert der Experte.

Florian Krammer erklärte in der ZIB2 auch, warum auch immer mehr Geimpfte in Krankenhäusern landen. "Es gibt viele Personen, die geimpft sind, diese können sich aber nach wie vor infizieren. Nicht jeder, der geimpft wurde, hat einen optimalen Impfschutz. Menschen mit Immunschwächen haben oft nicht den selben Schutz. Die Impfung ist kein absoluter Schutz."

Impfstoffexperte Florian Krammer in der ZIB2
Impfstoffexperte Florian Krammer in der ZIB2
Screenshot/ ORF

Bei so vielen Neuinfektionen und einer so hohen Inzidenz, wie sie aktuell in Österreich herrscht, würden sich eben aber auch leider immer mehr Personen infizieren, die bereits gegen das Virus geimpft sind.

Auf die Frage, ob eine Erstimpfung wichtiger als eine Auffrischungsimpfung sei, antwortete Krammer: "Ja, das sehe ich so. Es ist aber sehr schwer Leute, die bis jetzt nicht geimpft sind, davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen. Eine dritte Impfung bietet aber natürlich einen weiteren Schutz. Wichtig wäre es aber alle zu immunisieren, die keinen Schutz haben."

"Alle sechs Monate impfen?"

Aber wie schnell sollte man sich eine Auffrischung holen? "Sechs Monate sind ein gutes Intervall, wenn man ein gesunder Erwachsener ist. Wenn man das Intervall zu kurz wählt, kann es sein, dass die Booster-Dosis nicht so gut wirkt", erklärt der Impfstoffexperte im Gespräch mit Armin Wolf.

"Müssen wir uns künftig alle sechs Monate gegen Corona impfen oder zumindest einmal im Jahr gegen die Grippe?", wollte Armin Wolf von Krammer wissen. "Wir müssen beobachten, wie es nach der Booster-Impfung aussieht und ob die Immunantwort runtergeht oder ob sie hoch bleibt", erklärt der Experte.

Und weiter: "Wenn sie wieder runtergeht, dann kann man sich vorstellen, dass das eher so werden wird, wie bei einer Tetanus- oder Zecken-Impfung. Wie bei der Grippe-Impfung kann ich es mir nicht vorstellen. Es kann aber auch sein, dass die Immunantwort hoch bleibt", so Krammer in der ZIB2. Das werde sich aber rausstellen, es werde hierzu bald Daten geben. 

Auch Genesene sollten sich dabei gegen das Coronavirus impfen lassen, so der Virologe. Denn: "Als Genesener hat man zwar einen Schutz. Das Problem ist aber, dass die Immunantwort sehr heterogen ist. Wenn man die Impfung bekommt, dann bekommt man sehr hohe Antikörper. Genesene haben dann eine Super-Immunität. Eine Impfung ist also sehr zu empfehlen."

Experte für Impfpflicht

In den USA werden bereits Kinder ab 5 Jahren geimpft. Ist der Impfstoffexperte für eine Impfung ab diesem Alter? "Ich würde eine Impfung für alle Kinder ab 5 Jahren empfehlen, sobald ein Impfstoff zugelassen ist." Eine Impfung baue eine gute Schutzwirkung auf und es gebe auch keine schweren Nebenwirkungen.

Auf die Frage, ob Krammer für eine Impfpflicht sei, antwortete der Experte: "Das ist eine schwierige Frage. In gewissen Sektoren aber auf jeden Fall." Etwa im Gesundheitswesen würde dies durchaus Sinn machen. "In anderen Fällen macht es weniger Sinn. Für die breite Bevölkerung würde ich es nicht in Betracht ziehen." In gewissen Branchen sei eine Impfpflicht aber durchaus gerechtfertigt.

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    21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist. Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, die aus Saudi-Arabien flüchteten.
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