Gespräche mit ÖVP
Ex-SPÖ-Grande: Babler-Irrweg taugt nicht für Koalition
Die SPÖ strebt eine Regierung mit der ÖVP an – auch, um die FPÖ zu verhindern. Josef Kalina kritisiert Bablers Versteifung auf neue Steuern scharf.
Die SPÖ will eine Regierung von und mit Herbert Kickls FPÖ verhindern. Blauer Königsmacher könnte aber nur die ÖVP sein. Karl Nehammer hatte im Wahlkampf die Tür in diese Richtung nie ganz zugeschlagen. Zwar schloss er eine Koalition mit "Verschwörungstheoretiker Kickl" dezidiert aus, mit "vernünftigen Kräften" in der Freiheitlichen Partei an sich aber nicht.
Dass die Blauen von ihrem Frontmann, der ihnen diesen Erdrutschsieg beschert hat, abrücken, ist aber in höchstem Maße unwahrscheinlich. Damit bleibt nur die Option: Türkis-Rot. Gemeinsam hätten sie mit 93 Mandaten eine hauchdünne Mehrheit im Nationalrat. Will man diese bequem absichern, wird es zwangsläufig bunt. Die pinken NEOS oder die Grünen könnten als Junior-Junior-Partner noch 17 bzw. 15 Sitze beisteuern.
SPÖ braucht neue Positionierung
Die SPÖ wird sich also trotz ihrem historisch schlechtesten Ergebnis bereits in Stellung für eine Koalitionsbeteiligung bringen. Damit rechnet auch der ehemalige rote Bundesgeschäftsführer (2007-2008) und PR-Berater Josef Kalina im "Ö1 Mittagsjournal."
Eine Mehrheit der Sozialdemokraten wolle wieder Verantwortung übernehmen und mit der ÖVP verhandeln. "Dafür ist es notwendig, ist es klug, eine Personaldebatte kurzfristig zu vermeiden und Positionen neu zu beziehen". Die Art der Positionierung und der von Babler angeschlagene Ton habe die Leute verschreckt, das sei am Ergebnis evident geworden.
"Es muss jeder sich einen Ruck geben"
Für kommende Gespräche sei es jedenfalls sinnvoll, auf verbindende Themen (Wirtschaft, Gesundheit) und nicht auf Trennendes (Erbschaftssteuer) zu setzen. Da seien natürlich auch die anderen gefordert, in der Bildungspolitik sei beispielsweis über Jahrzehnte die ÖVP der Bremser gewesen.
"Es muss jeder sich einen Ruck geben, dass die Dinge, die von den Menschen ohnehin als Problem angesehen werden – Gesundheitsreform, Bildungsreform, wo sparen wir –, dass es da eine gemeinsame Linie der zwei oder drei Regierungspartner gibt." Wiens Bürgermeister Michael Ludwig habe da bereits einen guten Rahmen abgesteckt, "damit man g'scheit und ergebnisoffen in solche Gespräche geht".
Babler auf völlig falschem Dampfer
Bablers Versteifung auf die Erbschafts- und Vermögenssteuer bis hin zur persönlichen Koalitionsbedingung habe er, Kalina, "immer schon seltsam gefunden". "Ich habe in meinem Leben schon viele Kampagnen machen und begleiten dürfen. Es ist auf der ganzen Welt mit der zentralen Forderung nach zwei neuen Steuern noch keine Wahl gewonnen worden. Wir wissen, dass die Leute das nicht wollen – auch in Österreich nicht."
Der Traiskirchener Bürgermeister und Neo-Parteichef habe "das Pferd vom Schwanz aufgezäumt". Der Polit-Stratege weiß: "Ich muss den Leuten sagen, was möchte ich bewegen und dann nachher kann ich darüber reden, wie finanziere ich das Ding. Die starke Fokussierung der Debatte auf Erbschafts- und Vermögenssteuer, wo man durchgespürt hat, dass es hier eine Aversion gegen wohlhabende Menschen gibt... das war nicht sehr sympathisch. Und so braucht man in Verhandlungen mit ÖVP und auch NEOS logischerweise nicht gehen."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die SPÖ plant, eine Koalition mit der FPÖ unter Herbert Kickl zu verhindern und strebt dafür eine Zusammenarbeit mit der ÖVP an, trotz ihres schlechten Wahlergebnisses
- Josef Kalina betont, dass die SPÖ sich neu positionieren und verbindende Themen wie Wirtschaft und Gesundheit in den Vordergrund stellen müsse
- Bablers starken Fokus auf Erbschafts- und Vermögenssteuer kritisiert er als unklug