Österreich

"Eklatante Defizite" beim Krankenhaus Nord

Heute Redaktion
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Er habe sich von Anfang an um "Schadensbegrenzung" bemüht, erklärte Ex-KAV-Direktor Udo Janßen am Dienstag vor der Untersuchungskommission.

Das Projekt Krankenhaus Nord beschäftigt aktuell die Untersuchungskommission der Stadt Wien. Bei der 9. Sitzung am Dienstag im Rathaus sagte der ehemalige Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) Udo Janßen als Zeuge aus.

"Schadensbegrenzung"

Janßen, der zwischen 2014 und 2017 an der Spitze des KAV saß, habe sich laut eigener Aussage von Anfang an um "Schadensbegrenzung" bemüht. Er zeichnete bei seiner Befragung ein düsteres Bild der damaligen Situation. Bereits zu seinem Amtsantritt habe es "eklatante Defizite" bei dem Projekt gegeben. Kurz nach der Übernahme wurde in einem Bericht der begleitenden Kontrolle eine Kostenexplosion auf bis zu einer Milliarde Euro dokumentiert und eine "Bauzeitverlängerung" von neun Monaten veranschlagt.

"Das Projekt hat sich eigentlich schon in einer kritischen Phase befunden", beteuert Janßen. Die Verzögerungen durch den plötzlichen Konkurs der Fassaden-Firma war da noch gar nicht einberechnet. Er und sein Stellvertreter, der KH-Nord-Projektleiter Thomas Balazs, hätten "raschest" alle Maßnahmen gesetzt, damit das "kriselnde Projekt" nicht weiter eskaliere. Das meldet die APA am Nachmittag nach der Sitzung.

"Schon fünf nach zwölf"

Für Janßen sei klar, das Projekt war von Anfang an ein Chaos. Da derlei Kostenexplosionen selten in der finalen Bauphase entstehen würden, müssten diese bereits am Anfang verursacht worden sein, so der Ex-KAV-Direktor.

Der KAV hatte im Jahr 2010 auf Empfehlung des Stadtrechnungshofs entschieden, selbst die Funktion des Bauherrn beim KH Nord zu übernehmen. Janßen musste einräumen, dass es sich um ein "sehr komplexes Bauprogramm" gehandelt habe. Es sei generell die Frage zu stellen, ob es sinnvoll sei, ein solches Projekt eigenständig durchzuführen. Grundsätzlich sei die Entscheidung zum Bau einer zentralen Klinik die richtige gewesen: "Es war schon fünf nach zwölf für die Entscheidung, ein modernes Krankenhaus zu bauen, wenn man die beste medizinische Versorgung sicherstellen will."

Opfer oder "Mitgestalter"

Zur Frage nach den Hauptgründen für die Probleme meinte Janßen, die Insolvenz der Fassadenfirma und mangelhafte Planungen der Statik wären zentrale Punkte für die folgenden Probleme gewesen. Zusätzlich hätte es kein ausreichendes Controlling sowie Probleme mit dem Architekten Albert Wimmer gegeben. Dieser hätte sich mit dem ausführenden Fassaden-Unternehmen zerstritten.

Wimmer selbst hatte vor der Untersuchungskommission ausgesagt, dass es unter Janßen nur mangelnde Baufortschritte gegeben habe. "Es ging darum, Schadensbegrenzung durchzuführen" und nicht um die "Begehrlichkeiten" des Architekten, kontert Janßen und geht in die Offensive: Wimmer habe seine "Hausaufgaben sicherlich nicht gemacht" gehabt und sei "nicht an der Stelle eines Opfers". Vielmehr sei er einer der "Mitgestalter" der Situation. (red)