Klimaschutz
Europas Permafrost-Moorgebiete vor kritischem Punkt
Durch steigende Temperaturen infolge der Klimakrise tauen immer mehr Permafrost-Moore auf – und setzen Kohlendioxid und Methan frei.
In Mooren sind gewaltige Mengen an Kohlenstoff gebunden. Viele dieser Gebiete befinden sich in Permafrost-Gebieten. Durch steigende Temperaturen infolge der Klimakrise tauen immer mehr und tiefere Schichten dieser Böden auf – und setzen Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) frei. Im Fachblatt "Nature Climate Change" warnen Forschende nun davor, dass vor allem Europas Permafrost-Moorgebiete bald einen Kipppunkt erreichen könnten.
Lesen Sie auch Zunahme von klimaschädlichen Methan-Emissionen >>>
Die Veränderung dieser Böden sei in Klimamodellen bisher unterrepräsentiert, schreibt das Team um Richard Fewster von der britischen University of Leeds, dem auch Christopher Smith vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien angehört, im Fachblatt "Nature Climate Change".
Bei einer Klimaerwärmung von zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Durchschnittswert könnten rund 700.000 Quadratkilometer an Permafrost-Mooren auftauen – eine Fläche mehr als acht Mal so groß wie Österreich.
Permafrost-Moorgebiete könnten verschwinden
Das würde aus den bisher als Kohlenstoffsenken fungierenden nördlichen Feuchtgebieten massive Kohlenstoffquellen machen. Wissenschaftler sprechen in solchen Fällen vom Erreichen eines "Kipppunktes". Wann genau das aber passiert, ist schwer vorherzusagen.
Lesen Sie auch IPCC eindringliche Warnung vor "Folgen der Untätigkeit" >>>
Die neuen Modellierungen würden zeigen, dass die nördlichen Moorgebiete in Europa und Westsibirien offenbar schon recht knapp vor einem Umschlagpunkt stehen, schreiben die Forschenden.
In Norwegen, Schweden, Finnland und dem äußersten Nordwesten Russlands (Fennoskandinavien) prognostizieren sie einen weitreichenden Verlust des klimatischen Raums für Permafrostmoore noch im kommenden Jahrzehnt.
Lesen Sie auch Ab wann kippt das Klima? >>>
Demnach würden unter verschiedensten Klimaannahmen in den 2030er Jahren nur noch 8.000 bis 16.000 Quadratkilometer die Voraussetzungen für solche Bodenformen bieten. Diese Gebiete wären dann 89 bis 94 Prozent kleiner als im Vergleichszeitraum von 1961 bis 1990.
Knapp vor Kipppunkt
Die gesamten Gebiete, die wegfielen, wenn sich die Erde um mindestens zwei Grad Celsius erwärmt, enthalten geschätzte 37 bis 39,5 Gigatonnen Kohlenstoff. Das ist laut den Forschern rund das doppelte an Kohlenstoff, der zur Zeit in Europas Wäldern eingelagert ist.
Lesen Sie auch "Wir haben eine Vielzahl an Optionen für Klimaschutz" >>>
Würden jedoch rigorosere Maßnahmen zur Emissionsreduktion umgesetzt, könnten in den 2090er Jahren Bedingungen herrschen, die in Westsibirien Permafrost-Moore erlauben, die fast 14 Gigatonnen Kohlenstoff binden. Das zeige, wie stark die Klimapolitik noch mitgestalten könne, wie sich diese Gebiete verändern werden, betonte das Forschungsteam.