Politik
Ermittler enthüllen Motiv des Wien-Terroristen
Am Mittwoch gaben die Behörden ein Update zum Ermittlungsstand rund um den Terroranschlag in Wien – und sprechen über sein mögliches Motiv.
Kaum ein Österreicher rechnete damit, dass es auch hier zu einem waschechten Terroranschlag kommen könnte. Schlussendlich wurden am 2. November 2020 vier Menschen getötet, 38 weitere verletzt. Rasch verdichteten sich die Hinweise, dass im Vorfeld vonseiten der Behörden nicht alles reibungslos lief. Offenbar rechneten auch diese nicht mit solch einer Tat.
Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung erfuhrt etwa nur zufällig von der vorzeitigen Entlassung des wegen terroristischer Vereinigung Einsitzenden. Im Juli 2020 kam es zum internationalen Terroristen-Treffen in Österreichs, tags darauf fuhr er in die Slowakei um Munition zu kaufen. Lange passierte nichts, die Behörden sollen nur unzureichend kommuniziert haben. Eine eigene Kommission soll das mutmaßliche "Behördenversagen" untersuchen.
Großes Gezerre gab es auch um die Entschädigung der Opfer. Eine Einigung erzielte man erst Ende September, zuvor hätten sie sich mit den geringen Entschädigungen des Verbrechenopfergesetzes abfinden müssen. Die Behörden ermitteln seitdem nach möglichen Komplizen, den letzten Ermittlungserfolg gab es hier ebenfalls Ende September.
Einzeltäter
Nun gaben die Erste Staatsanwältin Mag. Nina Bussek und der Leiter der Ermittlungsgruppe "2. November", Oberstleutnant Michael Lohnegger, ein Update über den aktuellen Ermittlungsstand rund um den Terroranschlag.
Bussek resümiert einleitend: 20 Festnahmen, 30 Hausdurchsuchungen, 150 Telefonüberwachungen und dutzende Einvernahmen gab es seit dem 2. November. Zu keinem Zeitpunkt seien die Ermittlungen stillgestanden. Die bisher ausgeforschten Beschuldigten stehen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Anschlag, bekennten sich jedoch dem IS zugehörig.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Attentäter wurde bereits im Februar eingestellt, weil er tot ist. Die Einzeltätertheorie bestätigte sich bisher, in der Nacht selbst soll es keine Komplizen gegeben haben. Allerdings kann es im Vorfeld zu Tatbeiträgen gekommen sein. Aktuell wartet man noch ein Sachverständigengutachten eines Beschuldigten sowie die Auswertung von Datenträgern ab.
1.900 Stunden Terror-Videos
Lohnegger gab anschließend einen Überblick über die polizeilichen Ermittlungen. Von Seiten der Bevölkerung gab es über 1.000 Hinweise zur Terrornacht und zu Verdächtigen. Alleine daraus wurde man auf 50 weitere Delikte aufmerksam. Auf einer entsprechenden Videoplattform wurden rund 1.900 Stunden (oder 78 Tage) an Videomaterial hochgeladen.
Am Tag des Terroranschlags selbst handelte es sich dabei um den flächenmäßig größten Tatort, den es jemals in der Bundeshauptstadt gab. Der Attentäter soll alleine zu Fuß von seiner sieben Kilometer entfernten Wohnung in den Innenstadtbereich gegangen sein. Diensthundeführer und Personenspürhunde konnten den Weg rekonstruieren. Vier Personen sollen den Terroristen beim Waffenkauf unterstützt haben, zwei davon sitzen aktuell in U-Haft.
Motiv und Ziel?
Fragen zu den Vorwürfen gegen die Ermittlungsbehörden werden nicht beantwortet, man sei heute rein dazu hier, um die Ermittlungsergebnisse zu präsentieren. Über ein konkretes Ziel des Attentäters gibt es keine Informationen. Ihm sei es wohl nur darum gegangen, dem IS größtmögliche Aufmerksamkeit zu generieren, vermutet Oberstleutnant Lohnegger.
"Unsere Vermutung ist, dass es einfach darum gegangen ist, einen größtmöglichen Schaden in der Bevölkerung zu erzielen, damit eben der IS eine entsprechende Aufmerksamkeit bekommt."