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Er warnt vor Corona-Spritze – nun packen Insider aus

Für seine Schlüsse zur Wirkung der Covid-Impfung auf das angeborene Immunsystem hat der Infektiologe Pietro Vernazza Kritik einstecken müssen.

20 Minuten
Pietro Vernazzas Blog-Beitrag über die angeblich zunehmende "Evidenz zur Hemmung des Immunsystems durch mRNA", in dem er sich auf drei Studien stützt, wurde mittlerweile auch in Australien gelesen.
Pietro Vernazzas Blog-Beitrag über die angeblich zunehmende "Evidenz zur Hemmung des Immunsystems durch mRNA", in dem er sich auf drei Studien stützt, wurde mittlerweile auch in Australien gelesen.
Screenshot SRF

Der Blog-Beitrag "Mehr Evidenz zur Hemmung des Immunsystems durch mRNA-Impfung" von Pietro Vernazza ist schon einige Tage alt und sorgt weiterhin für Wirbel. Darin zitierte er drei Studien, die ihm zufolge alle zeigen, "dass die Reaktion der Zellen auf externe Erreger nach der Impfung verändert ist". Was man "mit immer größerer Sicherheit als Fakt annehmen" müsse, sei die "zunehmend dokumentierte Tatsache, dass eine mRNA-Impfung (wie auch andere Totimpfstoffe) einen negativen Effekt auf unser angeborenes Immunsystem haben" könne, heißt es in dem Artikel, der auch von Insideparadeplatz.ch und Infosperber.ch übernommen wurde.

Während einige Impfgegnerinnen und Impfgegner den Blog-Beitrag als Bestätigung dafür werten, dass die Covid-19-Impfungen von Biontech/Pfizer und Moderna das angeborene Immunsystem der Geimpften schwächten, attestieren die von "20 Minuten" befragten Fachleute dem ehemaligen Chefarzt Infektiologie vom Kantonsspital St. Gallen, darin unzulässige Schlüsse gezogen zu haben. Zudem gebe es derzeit "keine epidemiologischen Daten, die auf klinische Effekte der Covid-19-Impfungen in direktem Zusammenhang mit der angeborenen Immunantwort hinweisen würden".

Damit konfrontiert, machte Vernazza selbst schließlich deutlich, dass es sich bei seinen Schlussfolgerungen "nur um eine Hypothese" handele, der man nachgehen müsse.

Studienautorinnen und -autoren reagieren auf Vernazzas Auslegung

Im Zuge der Recherche hat "20 Minuten" auch Andres Noé vom Murdoch Children’s Research Institute (MCRI) im australischen Victoria kontaktiert und mit dem Blog-Artikel des St. Galler Infektiologen konfrontiert. Noé ist Hauptautor der neusten von Vernazza zitierten Studie und sollte somit ganz genau sagen können, wie die Erkenntnisse zu deuten sind. Reagiert hat er nicht allein. Gemeinsam mit zwei seiner Co-Autorinnen und -Autoren vom MCRI – Nigel Curtis, Professor für pädiatrische Infektionskrankheiten, und Nicole L. Messina, Teamleiterin Infektionskrankheiten – hat Noé ein deutliches Statement verfasst.

Das steht im Statement drin

Schon der erste Satz macht klar, was die Forschenden von Interpretationen ihrer Arbeit halten: "Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, dass unsere kürzlich veröffentlichte Studie fehlinterpretiert und missbraucht wird, um zu behaupten, dass Covid-19-Impfstoffe gefährlich sind." Ihre Forschung liefere keine Beweise dafür, dass Covid-19-Impfstoffe für das Immunsystem von Kindern oder Erwachsenen schädlich seien, so das Trio. "Insbesondere ist es falsch zu behaupten, dass unsere Studienergebnisse zeigen, dass Covid-19-Impfstoffe das Immunsystem unterdrücken."

Sie erläutern auch, was sie wirklich herausgefunden haben – und was man daraus schließen kann: "In Laborexperimenten haben wir einen und sechs Monate nach der Impfung im Blut von Kindern Veränderungen in der Zytokinproduktion von Immunzellen als Reaktion auf eine Herausforderung mit verschiedenen Krankheitserregern beobachtet." Diese Reaktionen seien aber "nur eine Facette der kombinierten Immunantwort des Körpers und wir wissen nicht, wie lange sie anhalten", so die Wissenschaftler und die Wissenschaftlerin. Sie hätten die klinischen Folgen dieser Veränderungen nicht untersucht, "die ebenso gut positiv – zum Beispiel durch Verringerung schädlicher Entzündungen – wie unerwünscht sein könnten".

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    Größtenteils ähnelt die Symptomatik bei "Eris"-Erkrankungen denen, von anderen Omikron-Ablegern, mit einem Unterschied: Bei EG.5.1 können auch <strong>Geschmacks- und Geruchssinn</strong> beeinflusst werden. Ein Phänomen, das vor allem zu Beginn der Pandemie weit verbreitet war.
    Größtenteils ähnelt die Symptomatik bei "Eris"-Erkrankungen denen, von anderen Omikron-Ablegern, mit einem Unterschied: Bei EG.5.1 können auch Geschmacks- und Geruchssinn beeinflusst werden. Ein Phänomen, das vor allem zu Beginn der Pandemie weit verbreitet war.
    Getty Images

    Schließlich hätten sie in der Immunantwort nach der BCG-Impfung gegen Tuberkulose ähnliche Veränderungen beobachtet, "bei denen die BCG-Impfung in Hochrisikoumgebungen mit einem allgemeinen Schutz vor Infektionskrankheiten und Ekzemen verbunden ist".

    Klare Worte am Schluss

    Das Statement der MCRI-Forschenden lässt keine Zweifel offen, was sie von allzu freien Interpretationen ihrer Studienergebnisse halten: "Jede Andeutung, dass unsere explorative Studie impliziert, dass Covid-19-Impfstoffe eine schädliche Unterdrückung des kindlichen Immunsystems verursachen, ist eine naive und törichte Vereinfachung unserer Ergebnisse und ignoriert andere Studien, die dieses Konzept nicht unterstützen."

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