Wirtschaft

Energie-Experte schockt mit "Schreckensszenario" im ORF

Zur Causa Wien Energie in der ZIB2 zu Gast war E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch – ORF-Star Martin Thür hätte lieber wen anderen empfangen.

Roman Palman
Teilen
Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Screenshot ORF

Die Wien Energie ist Ende der Vorwoche in Schieflage geraten. "Wir wurden von einem Tsunami überrollt", resümierte Wien Energie-Geschäftsführer Michael Strebl in einer ersten Stellungnahme am Donnerstag. Sein Unternehmen sprach von einem "Black Friday", weil der Strompreis innerhalb eines Tages durch alle Decken knallte – und die eigene Bank zu sprengen drohte.

Die Stadt Wien musste als Eigentümerin daraufhin beim Bund vorstellig werden, der einen Kreditrahmen von 2 Milliarden Euro gewährt. Um etwas Licht in die verworrene Causa zu bringen, war Donnerstagnacht der Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 zu Gast.

"Traurig bin ich"

Der Chef der Aufsichtsbehörde war aber offenbar nicht einmal die zweite Wahl, wie Moderator Martin Thür im Vorfeld auf Twitter durchblicken ließ: "Bürgermeister Michael Ludwig hat heute unsere Einladung leider abgelehnt. Für Interviews in zwei Privatsendern war allerdings Zeit", monierte der ORF-Star und fügte hinzu: "Traurig bin ich. Ich gebs zu. Hätte viele Fragen gehabt." Auch einen Vertreter der Wien Energie und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) hätte man für das Interview angefragt, doch auch diese sagten ab.

Martin Thür in der ZIB2 am 1. September 2022.
Martin Thür in der ZIB2 am 1. September 2022.
Screenshot ORF

Übrig blieb Wolfgang Urbantschitsch, der mit der Wien Energie im TV-Studio hart ins Gericht ging: "Offensicht war es überraschend, dass von Freitag auf Montag noch entsprechende Nachdotierungen in diesem Ausmaß notwendig waren."

Dass die Wiener über die vergangenen Monate, wo man bereits der Teuerung zusehen konnte, ihr Expositionsrisiko an der Strombörse nicht reduziert hatten, stößt dem Regulator sauer auf.

"Es wäre doch zu erwarten, dass man seine Geschäfte entsprechend anpasst." Andere Marktteilnehmer hätten die Risikominimierung u.a. durch einen teilweisen Rückzug von der Strombörse auch geschafft.

Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Screenshot ORF

Was der Wien Energie am Freitag das Genick zu brechen drohte, war nicht alleine der massive Preissprung an der Strombörse, sondern, dass sich dieser auch vom Gaspreis entkoppelte. "Die Wien Energie hat den Strom verkauft und das ist das Problem, dass sie aus diesem Titel heraus die Geschäfte absichern musste."

"Schreckensszenario"

Hätte es zu einem Insolvenzfall der Wien Energie und damit schon jetzt zu dem vielfach beschworenen Blackout kommen können, wenn der Bund nicht umgehend mit einem Milliarden-Kredit eingesprungen wäre?

Wenn die Sicherheitsleistungen nicht erbracht werden hätten können, dann wäre Wien Energie von der Börse geflogen, erklärt der E-Control-Chef. "Das hätte dann dazu geführt, dass es wirklich zu Problemen mit der Versorgung kommt. Und die Insolvenz wäre nicht auszuschließen gewesen." In einer Über-Nacht-Aktion hätte man dann versuchen müssen, eine neue Gesellschaft aus dem Boden zu stampfen, oder die Wiener Kunden anderen Energieversorgern umzuhängen. Urbantschitschs dramatische Einschätzung: "Fakt ist, dass das ein Schreckensszenario gewesen wäre, wo wir alle froh sind, dass es dazu nicht kommen musste".

Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Screenshot ORF

"Haben keine Informationen zur Liquidität"

Doch selbst die E-Control wusste bis zum Wochenende nichts davon. Warum? "Unsere Aufgabe als Regulierungsbehörde ist, dass die Großhandelsbörsen gut funktionieren, dass keine Marktmanipulation stattfindet. Was wir nicht haben, ist Informationen zur Liquidität der Unternehmen", erklärt der Vorstand. Eine solche Ausweitung der Kompetenzen bei der E-Control, oder einer anderen Stelle, sei zumindest diskutabel.

Jetzt brauche es aber vor allem eine völlige Aufarbeitung, wie es überhaupt bei der Wien Energie so weit kommen konnte. Danach seien Stresstests angebracht, um herauszufinden, ob noch andere Versorger ins Wanken kommen könnten.

Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, in der ZIB2 mit Martin Thür am 1. September 2022.
Screenshot ORF

"An der Zeit, Strommarktmodell zu verändern"

Die Lage auf dem Strommarkt sei immer noch volatil. Dieser sei zwar wieder stark gefallen, aber nur im Vergleich zu dem exorbitanten Hoch von vor einer knappen Woche. "Es ist aber möglich, dass er wieder steigt," warnt Urbantschitsch.

"Ich meine, dass es wirklich an der Zeit ist, die Preisbildung am Strommarktmodell zu verändern", sagte er mit Blick auf den Energieministerrat am 9. September. Er sei zuversichtlich, dass es hier zu einer preisdämpfenden Lösung kommen werde und stehe in beratender Funktion der Regierung zur Seite.

1/50
Gehe zur Galerie
    <strong>21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert</strong>. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. <a data-li-document-ref="120073491" href="https://www.heute.at/s/fuer-490-euro-voellig-ungeniessbares-schulessen-serviert-120073491">"Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.</a>
    21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. "Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.
    privat, iStock