"Soko Parallelgesellschaften"

Deutsch verlernt – Eltern-Protest gegen "Türkenschule"

Nur sechs von 25 Kinder sprechen Deutsch, Kinder verlernen die Sprache wieder. Nun fordert der Elternverein, dass die Bildungsdirektion eingreift!
Niki Glattauer
14.04.2025, 05:30

Zuletzt habe ich hier eine "Soko Parallelgesellschaften" gefordert. Daraufhin wurde ich zigfach gefragt, was die denn tun solle.

Zwei Schulen, zwei Welten - 240 m auseinander

Hier ein Beispiel: "Zwei Volksschulen im Bezirk Leopoldstadt trennen nur 240 Meter – und doch stehen sie für verschiedene Welten: An die eine zieht es den Nachwuchs des Bildungsbürgertums, in der anderen ballen sich die Migrantenkids mit schwierigen Voraussetzungen." So begann im "Standard" jüngst eine Reportage zu dem Thema. Ich hätte wohl von der "Türken-Schule" geschrieben versus der, wo sich’s Eltern haben richten können.

Was ich sagen will: Dass das Land in Parallelgesellschaften zerfällt, liegt auch daran, dass wir als Mehrheitsgesellschaft systemisch trennen, statt zu verbinden. Vor allem in der Schule: Da die für die Kinder der "Besseren", 240 Meter weiter die für Ali, Ayse & Co. "Gerade einmal sechs der 25 Buben und Mädchen meiner Klasse haben Deutsch als Erstsprache", klagt eine frustrierte Lehrerin, die in der "Türkenschule" unterrichtet.

Eltern protestieren gegen "Türkenschule"

Nun fordert der Elternverein der "Türkenschule" (die übrigens immer mehr zur "Araber-Schule" wird) in einem Schreiben an Wiens neue Bildungsdirektorin, dass die Schulbehörde "nach sozioökonomischen Kriterien lenkend eingreift". Auch Lehrer haben sich dem Protest angeschlossen. Entwaffnend die Aussage der albanischen Mutter eines 9-Jährigen. Im Kindergarten, sagt sie, habe der Bub fehlerfreies und flüssiges Deutsch gesprochen, besser als jetzt in der 3. Klasse Volksschule. Ich nenne das einen Skandal.

Denn damit bestätigt sie, was ich hier vor kurzem in Analyse einer österreichweiten Kindergartenstudie beklagt habe: Statt es zu lernen, verlernen Kinder in Hunderten Schulen ihr Deutsch, besonders in den Städten des Landes. Das ist nicht nur ein Verrat an den Kindern von Zuwanderern, die redlich versuchen sich zu integrieren und Deutsch zu lernen, weil sie in Österreich ihre neue Heimat gefunden haben. Sondern auch ein Verrrat an den zig autochthon österreichischen Kindern in diesen Klassen.

"Heute"-Bildungsexperte Niki Glattauer vergibt wieder einmal Noten.
Sabine Hertel

Wiener Grüne wollen Schulen durchmischen!

Was mit "lenkendem Eingreifen" gemeint ist? Nun, man könnte benachteiligte Schulen per Sozialindex so auffetten (mehr Personal und Ressourcen, höhere Löhne), dass sie auch für Anna-Lenas und Paul-Valentins Eltern attraktiv werden. Oder man mischt gezielt bei der Schulplatzzuweisung. Die Wiener Grünen zum Beispiel schlagen vor, dass Eltern fünf Wahlschulen nennen; das Kind kriegt den Schulplatz dann dort, wo es von der Zusammensetzung her am besten hinpasst.

Unser neuer Bildungsminister hält, sagt er, davon nichts, und zwar mit der Ausrede, behördliches Zuweisen würde zur Flucht in die Privatschulen führen. Da sage ich: Papperlapapp, denn das Privatschulangebot kann man deckeln. Ich bin für beides: Schulen unterschiedlich finanzieren, Kinder aufteilen, und ja, wenn’s sein muss, per Schulbus. Geht auf der ganzen Welt.

Situation: Unbefriedigend

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten. Mail bitte an: n.glattauer@heute.at

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