Welt
"El Chapo" verlor 60.000 Kilo Kokain im Meer
Willkürliche Hinrichtungen, Millionen an Schmiergeldern: Beim Prozess gegen "El Chapo" Guzmán geben Zeugen erschütternde Einblicke in den Alltag des Drogenbarons.
In New York findet derzeit der Prozess gegen den mexikanischen Drogenboss Joaquín Guzmán alias "El Chapo" statt. Der 61-Jährige muss sich unter anderem wegen Drogenschmuggels, Waffenhandels und Geldwäscherei vor Gericht verantworten.
Am Montag sagte zum zweiten Mal der Kolumbianer Juan Carlos Ramírez alias "Chupeta" aus, wie die "New York Post" berichtet. Der ehemalige Boss des Kartells Norte del Valle erzählte, wie einmal 20.000 Kilo Kokain im Meer landeten. "Der Kapitän des Schiffes hatte begonnen, die Ware zu testen. Plötzlich fing er an, Gespenster und Küstenwache-Patrouillen zu sehen, also versenkte er sein Schiff." Taucher fanden die Drogen ein Jahr später.
Das war laut "Chupeta" nicht das einzige Mal, dass eine Ladung Schmuggelware im Ozean landete. Einmal sei ein Schiff in einen Hurrikan geraten. Dabei wurden 40.000 Kilo Kokain im Wert von 42 Millionen Dollar versenkt. "Alles war weg, die Drogen, das Schiff, die gesamte Crew."
In seiner ersten Aussage letzten Donnerstag hatte "Chupeta" geschildert, wie "El Chapo" die Behörden in Mexiko und den USA schmierte, "damit sie nicht ihre Arbeit machten". Zwischen 1990 und 2007 soll "Chupeta" über 400 Tonnen der Droge mit "Chapos" Hilfe nach Mexiko geschmuggelt haben. Dabei hätten von Guzmán bestochene Polizisten den kolumbianischen Drogenschmugglern sogar geholfen, die Ware aus den Fliegern zu laden.
Ein ähnliches Bild von Korruption hatte vor rund zwei Wochen Jesús Zambada García, ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter von Guzmán, gegeben. Das Sinaloa-Kartell habe pro Monat zehn bis zwölf Millionen Dollar an Bestechungsgeldern für Polizisten, Politiker, Bankiers und Geschäftsleuten ausbezahlt, sagte Zambada vor Gericht.
"El Chapo" habe immer wieder Menschen wegen Nichtigkeiten töten lassen, sagten mehrere Zeugen aus. Zambada schilderte, wie "El Chapo" einen früheren Geschäftspartner erschießen ließ, weil er ihm nicht die Hand reichen wollte.
Insgesamt soll der Drogenbaron für bis zu 3.000 Morde verantwortlich sein. Hin und wieder habe der kleinwüchsige Mexikaner auch selber seine diamantenbesetzte Pistole mit den Initialen "JGL" in die Hand genommen, um Feinde zu töten, so Kronzeuge Zambada.
Das Sinaloa-Kartell schmuggelte Kokain nicht nur per Luft- oder Seefracht in die USA: Ein ehemaliger Kartellmitarbeiter sagte vor Gericht aus, er habe in einem Warenhaus in Mexiko Kokain in gefälschte Jalapeño-Dosen einpacken lassen. LKWs hätten dann bis zu 3000 Dosen pro Fahrt nach Los Angeles gebracht.
Seinen Schätzungen zufolge kamen pro Jahr ungefähr 25 bis 30 Tonnen Kokain im Wert von bis zu 500 Millionen Dollar über die Grenze.
Laut dem Kartellmitarbeiter ließ "El Chapo" den Ertrag aus dem Drogenverkauf mit drei seiner Privatjets einmal im Monat in Tijuana abholen. In jedem Flugzeug seien zehn Millionen Dollar nach Sinaloa transportiert worden.
Sein Chef habe das Geld teilweise in Lagerhäusern aufbewahrt, "weil er nicht wusste, was er mit so viel Barem anfangen sollte", so der Zeuge. Manchmal sei "El Chapo" ins Casino nach Macao geflogen, ab und zu reiste er in die Schweiz, um sich in einer Klinik Verjüngungszellen spritzen zu lassen.
Bis zu einem Urteil kann es noch mehrere Monate dauern. Bei einer Verurteilung droht "El Chapo" eine lebenslange Haftstrafe. (kle/20 Minuten)