Eine Woche nach Bekanntwerden des Wiener Döner-Skandals gibt es noch immer keine Antworten auf die drängendste Frage: In welchen Lokalen wurde das fragwürdige Fleisch serviert? Während die Behörden ermitteln, bleibt die Öffentlichkeit ahnungslos. Verbraucher sind verunsichert, Gastronomen verärgert – und die Behörden schweigen.
Das Fleisch wurde in einer illegalen Produktionsstätte in Wien-Favoriten unter skandalösen Bedingungen verarbeitet: ungeschützt gelagert, auf dem Boden aufgetaut, mit Heizkanonen bearbeitet. Proben aus mehreren Lokalen wurden bereits entnommen, doch die Ergebnisse und vor allem die Namen der betroffenen Betriebe werden nicht veröffentlicht.
Warum bleibt diese Information geheim? Und schützt man hier die Konsumenten – oder die Verantwortlichen?
Laut der Gruppe Sofortmaßnahmen sei eine Veröffentlichung der betroffenen Lokale aus "datenschutzrechtlichen Gründen" nicht möglich. "Die Gesundheit der Konsumenten hat oberste Priorität", so ein Sprecher. Doch genau diese Konsumenten fühlen sich im Stich gelassen.
Andere Länder gehen mit Lebensmittelskandalen transparenter um. In Deutschland beispielsweise werden Verstöße direkt öffentlich gemacht, um Verbraucher zu schützen.
Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass Behörden dort anders handeln. Jüngstes Beispiel: "Haus des Döners" – eine bekannte Kette, bei der Behörden in Düsseldorf und Duisburg Hygienemängel sowie falsch deklariertes Fleisch entdeckten. Schimmel, unsachgemäße Lagerung und Sojaeiweiß statt reinem Dönerfleisch. Die Behörden informierten umgehend die Öffentlichkeit, während das Unternehmen Konsequenzen ankündigte.
Die heimischen Behörden schweigen, doch die Döner-Szene ist sich einig: Die Namen der betroffenen Betriebe sind längst bekannt – zumindest intern. Beim "Döner-Gipfel" am Viktor-Adler-Markt versammelten sich diese Woche führende Gastronomen der Branche, um über den Skandal zu sprechen.
"Jeder in der Szene weiß, welche Betriebe betroffen sind", sagt Ferhat Yildirim, ein namhafter Döner-Gastronom. "Die Kunden müssen sich keine Sorgen machen – aber die schwarzen Schafe gehören aus dem Verkehr gezogen!" Tatsächlich befürchten viele Betreiber Umsatzeinbußen. "Wir haben in Österreich hohe Qualitätsstandards. Doch solche Skandale schaden allen. Wenn es keine Transparenz gibt, leiden am Ende auch die Betriebe, die sauber arbeiten."
"Heute"-Recherchen ergaben eindeutig, dass eines der betroffenen Lokale ein Gourmet-Döner-Restaurant ist. Eine offizielle Bestätigung der zuständigen Stellen steht jedoch weiterhin aus. Ohne diese können wir den Namen nicht nennen – doch die Frage bleibt: Warum wird dieser Skandal nicht vollständig aufgeklärt?
Die Frage, ob das verarbeitete Fleisch gesundheitsgefährdend war, bleibt offen. In Kärnten starb letztes Jahr ein Mann, nachdem er einen verunreinigten Döner gegessen hatte. Auch in Wien wächst die Unsicherheit.
Ayse (55), Mutter aus Wien, ist besorgt: "Meine Kinder essen regelmäßig Döner. Jetzt frage ich mich: War das Fleisch aus dieser Produktion? Warum wird das nicht offengelegt?" Ihre Forderung ist klar: "Strengere Kontrollen, härtere Strafen und vor allem Transparenz."
Das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) verpflichtet Behörden, bei Gesundheitsgefahr die Öffentlichkeit zu informieren. Doch ob betroffene Betriebe namentlich genannt werden, bleibt Ermessenssache. Nur wenn eine unmittelbare Gefahr festgestellt wird, erfolgen öffentliche Warnungen.
Im Fall des Döner-Skandals bleibt jedoch eine zentrale Frage offen: Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit Transparenz für Konsumenten Vorrang hat?