Während die Wiener gegen die aktuelle Kälte ankämpfen, geht ein Spezialist freiwillig ins eiskalte Wasser. In voller Tauchausrüstung steigt er in den Donaukanal – bei Wassertemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt. Doch sein Einsatz ist unverzichtbar: Er stellt sicher, dass die Fernkälteanlagen der Stadt auch in den heißen Monaten zuverlässig arbeiten.
Denn Wien Energie nutzt das Donaukanalwasser zur Kühlung von Gebäuden wie dem Parlament, dem AKH oder dem Naturhistorischen Museum. Nach dem Herbst-Hochwasser sind jedoch die Wasser-Entnahmestellen verstopft – und genau hier kommt der Taucher ins Spiel.
Die Einlaufbauwerke der Fernkältezentralen am Schottenring, Stubenring und in der Spittelau entnehmen Flusswasser zur Kühlung. Doch durch das Hochwasser wurden sie mit Schlamm, Sedimenten und anderem Material zugesetzt. Ohne Reinigung drohen Verstopfungen, die das gesamte System beeinträchtigen könnten.
Bevor die Säuberung beginnen kann, müssen die Bauwerke trocken gelegt werden. Dazu werden sie mit massiven Metallplatten vom Donaukanal abgetrennt – und hier ist absolute Präzision gefragt. Der Taucher überprüft unter Wasser, ob die Platten dicht abschließen, damit das Wasser ausgepumpt werden kann.
Dieser Einsatz ist nichts für schwache Nerven. Die Sicht im trüben Wasser ist extrem schlecht, die Temperaturen liegen bei nur wenigen Grad. Zudem muss der Taucher millimetergenau arbeiten, denn kleinste Fehler könnten die Reinigungsarbeiten verzögern oder gar gefährden.
Trotz modernster Technik gibt es hier keinen Spielraum für Fehler. Nur wenn die Barrieren perfekt sitzen, können die Einlaufbauwerke trockengelegt und von Schlamm befreit werden. Ein eisiger, aber entscheidender Job für eine funktionierende Fernkälte im Sommer.
Wien Energie setzt auf Fernkälte als umweltfreundliche Kühlung. Statt unzählige einzelne Klimaanlagen zu betreiben, wird kaltes Wasser über ein 30 Kilometer langes Netz an Gebäude verteilt. Nach der Kühlung fließt das erwärmte Wasser zurück in die Zentrale, wo es erneut abgekühlt wird.
Im Winter übernimmt oft das eiskalte Donaukanalwasser die Rückkühlung – ein natürlicher und energieeffizienter Prozess. Im Sommer kommen zusätzlich Kältemaschinen zum Einsatz, darunter auch Modelle, die mit Abwärme aus der Müllverbrennung betrieben werden.
Rund 200 Gebäude in der Stadt sind bereits an das Fernkältenetz angeschlossen. 2024 wurde zudem der Kühlring um die Innenstadt geschlossen, was die Effizienz weiter steigert. Sollte eine Zentrale wegen Wartungsarbeiten ausfallen, können andere Standorte einspringen.
Mit bis zu 50 % weniger CO₂-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Klimaanlagen ist die Fernkälte eine nachhaltige Lösung für die steigenden Temperaturen in Wien. Und dank des frostigen Taucheinsatzes im Winter bleibt das System für den Sommer in Topform.
Während die meisten Menschen die Kälte meiden, ist sie für ihn Teil des Jobs. Ein eiskalter Einsatz mit heißer Mission – damit Wien cool bleibt!