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Durchbruch bei der umstrittenen Asylreform der EU
Zähes Ringen bis zum späten Abend, doch am Donnerstag einigten sich die Innenminister der EU-Staaten in Luxemburg auf neue Asyl-Regeln.
Noch am späten Donnerstagabend teilte der EU-Ratsvorsitz mit, dass sich eine ausreichend große Mehrheit der 27 EU-Innenministerinnen und Innenminister in Luxemburg "auf eine Position"beim Ringen um neue Asyl-Regeln der EU einigen konnten. Zuvor war ein erster Anlauf für Vorprüfungen von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen für Menschen mit geringen Chancen auf eine Aufnahme noch gescheitert. Nun gibt es nach zähen Verhandlungen doch einen Durchbruch.
Bei dem Innenministertreffen wurde ein neuer Versuch unternommen, eine Reform des europäischen Asylsystems auf den Weg zu bringen. Auf dem Tisch lagen Entwürfe für Gesetzestexte, die die derzeitige schwedische EU-Ratspräsidentschaft auf Basis von Vorschlägen der EU-Kommission erarbeitet hatte. Sie sehen insbesondere einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor.
Solidarität soll verpflichtend werden
Unter anderem soll die Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein. Länder, die wie Ungarn keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden. Der derzeitige Vorschlag für die neuen Grenzverfahren sieht vor, dass ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen.
Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, würde er umgehend zurückgeschickt werden. Die deutsche Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte im Vorfeld vor einem Scheitern des EU-Treffens zur großen Reform des europäischen Asylsystems gewarnt. "Es ist wichtig, dass wir jetzt zu Ergebnissen kommen. Anderenfalls ist mit mehr nationalstaatlicher Abschottung zu rechnen", sagte die SPD-Politikerin vor dem Treffen in Luxemburg dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag).
Schengen-System in Gefahr
Es gehe darum, das Europa der offenen Grenzen zu retten. Wenn die EU-Außengrenzen nicht verlässlich kontrolliert würden, gerate das Schengen-System in Gefahr, erklärte Faeser. Dieses wurde geschaffen, um innerhalb Europas grenzkontrollfreies Reisen zu ermöglichen. Die Linken-Europaabgeordnete Cornelia Ernst bezeichnete die Reformpläne als "ein Plädoyer für ein Europa der Zäune und Mauern", bei dem es darum gehe, das Recht auf Asyl in Europa de facto abzuschaffen.
Nun braucht es auch noch Verhandlungen mit dem Europaparlament über das Vorhaben. Diese könnten Monate dauern – die Zeit läuft, um das Projekt vor der Europawahl im Juni 2024 abzuschließen.