Klimaschutz

Droht das große Scheitern der Weltklimakonferenz?

Ministerin Gewessler sieht "noch kein akzeptables Ergebnis" bei der COP27. Manchen Ländern gehe es mehr ums Geld, als darum, die Klimakrise zu lösen.

Lydia Matzka-Saboi
Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler verhandelt für die EU bei der Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh.
Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler verhandelt für die EU bei der Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh.
BMK / Cajetan Perwein

Die Chancen, dass die Klimakonferenz in Ägypten am heutigen Freitag planmäßig zu Ende gehen wird, stehen quasi bei Null. Die ägyptische COP-Präsidentschaft hat einen sehr vagen ersten Entwurf für ein mögliches Schlussdokument herumgereicht, der von Umweltschützern als "absolut unzureichend" kritisiert wird.

"Der Entwurf stellt keinen Fortschritt zu den auf der letzten Klimakonferenz in Glasgow beschlossenen Maßnahmen dar", sagt Greenpeace-Sprecherin Jasmin Duregger. "Mit diesem Ergebnisstand kann die Weltgemeinschaft Ägypten nicht verlassen. Das wäre ein Verrat an unseren Mitmenschen in Afrika und anderswo", so Susann Scherbarth vom Bund Naturschutz in Deutschland (BUND).

Der für das Erreichen der Klimaziele notwendige Ausstieg aus fossilen Brennstoffen kommt darin ebenso wenig vor, wie ein konsensfähiger Vorschlag, wie die Staaten die Kosten der Klimafinanzierung aufteilen könnten.

In der dürren Auflistung fanden sich zudem Punkte, die vielleicht Lobbyisten am Rande der Gespräche gefordert hatten, im Verhandlungssaal aber nicht einmal erwähnt wurden, wundern sich Beobachter.

Mehr Rückschritte denn Fortschritte

Wenig begeistert zeigte sich auch Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), die gemeinsam mit ihrer schwedischen Amtskollegin für die Europäische Union den Bereich der Anpassung an den Klimawandel (Adaptation) verhandelt.

"Diese 20 Seiten, die am Tisch liegen, machen in vielen Bereichen mehr Kontroversen auf, als sie Gräben zuschütten. Wir könnten bei dieser Klimakonferenz in eine Welt vor der Pariser Vereinbarung zurückfallen", kritisiert Gewessler. "So wie das jetzt dasteht, kann das kein akzeptables Ergebnis sein." Zur selben Zeit vor einem Jahr bei der 26. Weltklimakonferenz in Glasgow sei dies schon völlig anders gewesen.

Die aktuellen Entwürfe würden den - von der Wissenschaft dringend eingeforderten - Pfad einer maximalen Erderhitzung von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit nicht unterstützen, sagte Gewessler.

Die Wissenschaft warnt vor gravierenden Folgen für Menschen, Natur und Tiere, wenn sich die Welt noch stärker erhitzt. "So wie der Text jetzt da steht, ist es sicher kein akzeptables Ergebnis."

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    Wie kann die menschengemachte Erderhitzung unter Kontrolle gebracht werden? Darüber wird noch bis Ende der Woche beim Weltklimagipfel COP27 im ägyptischen Sharm el-Sheikh verhandelt.
    Wie kann die menschengemachte Erderhitzung unter Kontrolle gebracht werden? Darüber wird noch bis Ende der Woche beim Weltklimagipfel COP27 im ägyptischen Sharm el-Sheikh verhandelt.
    Sui Xiankai Xinhua / Eyevine / picturedesk.com

    Gewessler sieht "noch kein akzeptables Ergebnis"

    Die zweiwöchigen Verhandlungen im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh seien bereits im Vorfeld stark durch die Diskussion um einen Geldtopf für die durch die Klimakrise entstandene Schäden ("Loss and Damage") aufgeladen gewesen. "Die ägyptische Präsidentschaft hat momentan keine spürbare Führungsrolle, wie man hier zu einem Konsens kommen kann", so Gewessler.

    Länder des Globalen Süden, die kaum für die klimaschädlichen Treibhausgase verantwortlich sind, leiden am meisten unter den bereits jetzt spürbaren Auswirkungen der Klimakrise. Diese Länder fordern nun verstärkt finanzielle Entschädigung der reicheren Industriestaaten des Globalen Norden. Österreich stellt in den nächsten vier Jahren 50 Millionen Euro dafür zur Verfügung.

    Die Verhandlungen würden sich durch die Diskussionen in die Länge ziehen: "Es ist kein Geheimnis, dass die Verhandlungen wohl nicht am Freitag zu Ende gehen", so Gewessler. "Im Vergleich zum letzten Jahr habe ich das Gefühl, es seien noch mehr Bälle in der Luft als damals."